Arnsberg. Das Wasserstoffprojekt HydroNet in Arnsberg könnte Modellcharakter haben – avanciert nun aber zum Politikum. Die IHK äußert sich enttäuscht.
Das in Arnsberg entwickelte Wasserstoff-Projekt HydroNet hat das Zeug zur Blaupause für die ganze Republik, wenn es um den zügigen Ausbau der Wasserstoffwirtschaft auch im ländlichen Raum geht. Davon jedenfalls sind Experten überzeugt. Das Leuchtturmprojekt avanciert nun zum Politikum.
Knapp 96 Millionen Euro hatte das NRW-Wirtschaftsministerium im Haushalt 2023 vorgesehen, um Wasserstoffprojekte zu fördern. Allerdings hat die Landesregierung nun bekanntermaßen erhebliche Schwierigkeiten, einen genehmigungsfähigen Haushalt zu präsentieren. Dies scheint die grüne Wirtschafts- und Klimaministerin Mona Neubaur ausgerechnet bei der Energiewendepolitik hart auszubremsen – und damit Wasserstoff-Projekte wie HydroNet in Arnsberg vorerst wohl auch. „Wir sind enttäuscht von der Absage des Ministeriums“, erklärt Andreas Rother, Präsident der Industrie- und Handelskammer Arnsberg im Gespräch mit dieser Zeitung.
Im Sommer 2021 wurde HydroNet vom damaligen Ministerpräsidenten Armin Laschet noch hoch gelobt und als Startschuss für die Klima-Modellregion Sauerland vom NRW-Chef beworben. Wirtschaft, Wissenschaft und Kommunen wollten gemeinsam die Wasserstoffwirtschaft im Raum Arnsberg vorantreiben – und investierten in das Projekt. Die Planer um das Unternehmen Westnetz hatten mit einer mittleren zweistelligen Millionenförderung über das Land gerechnet, um das ambitionierte Vorhaben anzuschieben, das erstmals im größeren Stil eine regionale Wasserstoffwirtschaft im ländlichen Raum in Gang bringen und Nukleus der Klimaschutz-Modellregion Sauerland werden sollte.
Herzstück des Projekts ist eine elf Kilometer lange Erdgasleitung von Arnsberg bis Balve-Eisborn, die für den Transport und die Speicherung von bis zu 150 Megawattstunden Wasserstoff umfunktioniert werden soll. Dazu käme eine dezentrale Erzeugung von grünem Wasserstoff über Erneuerbare Energien vor Ort. Die Versorgung mit grünem Wasserstoff ist für die mittelständische Wirtschaft in Südwestfalen auf dem Weg zur Klimaneutralität nach Ansicht der IHK unverzichtbar.
SPD sieht Förder-Fallstricke statt Vollgas bei Klimawende in NRW
Eine dezidierte und im Austausch mit dem NRW-Wirtschaftsministerium ausgearbeitete Projektskizze liegt vor. Was zum grünen Wasserstoff aus der Region Südwestfalen noch fehlt, ist das grüne Licht für die erwartete Projektförderung über das NRW-Wirtschaftsministerium in zweistelliger Millionenhöhe. Im Land aber stehen die Zeichen derzeit auf rot: Statt des erwarteten Starts von HydroNet im ersten Quartal des kommenden Jahres, gab es für die Projektentwickler der Westenergietochter „Westnetz“, wie wir exklusiv berichteten, erst einmal eine Förderabsage vom Land.
„Alle Stakeholder wollen dieses Projekt. Es könnte eine Blaupause sein, nicht nur für Nordrhein-Westfalen, sondern für ganz Deutschland. Wir befinden uns hier nicht in irgendeiner Projektfindungsphase, sondern stehen in den Startlöchern“, empört sich Rother über das enttäuschende Signal aus dem Rheinland ins Sauerland.
Die SPD-Opposition im NRW- Landtag greift die Enttäuschung auf und kritisiert die Landesregierung. Wichtige Schritte auf dem Weg zu einer sozial-ökologischen Transformation würden verpasst. Mit Blick auf Arnsberg und die bislang magere Bilanz beim Ausbau der Erneuerbaren Energien sprechen die Genossen gar von „Verhinderungspolitik“ der Landesregierung. Es gebe mehr Förder-Fallstricke als Vollgas für die Energiewende, heißt es in einem Antrag der Fraktion weiter. „Die Landesregierung muss dafür sorgen, das auch ländliche Regionen wie Südwestfalen Zugang zum entstehenden Wasserstoffnetz bekommen“, fordert André Stinka, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag und dürfte damit beim IHK-Präsidenten Rother offene Türen einrennen: „Gedanklich waren wir schon viel weiter, nämlich bei der Frage, wie wir mit dem regionalen Wasserstoffnetz nach Westen kommen, bis an die Häfen nach Duisburg, Rotterdam und Antwerpen, um grünen Import-Wasserstoff für unsere Wirtschaft zu bekommen. Es gibt keine zwei Meinungen, dass HydroNet realisiert werden muss.“ Die Hoffnungen ruhen nun auf Förderung aus Bundesmitteln oder über Töpfe der Europäischen Union.