Essen. Erst Texas, dann der Tagebau: Folgen von Extremwetter haben den Energiekonzern RWE getroffen. Konzernchef Krebber sieht Handlungsbedarf.

Schon zwei Mal in diesem Jahr war der Essener Energiekonzern RWE von extremen Wetterereignisse betroffen. Nach einem heftigen Kälteeinbruch in Texas standen im Februar die Windräder still, im vergangenen Monat richtete die Flutkatastrophe Schäden im heimischen Braunkohlerevier an. RWE-Chef Markus Krebber will das Unternehmen daher besser vor ähnlichen Wetterphänomenen schützen. Neben dem „Kampf gegen den Klimawandel“ müsse es auch darum gehen, sich für künftige „Wetterkapriolen“ zu wappnen, sagte Krebber in einer Telefonkonferenz zur Halbjahresbilanz.

Durch das Hochwasser im Rheinland hatte es Überschwemmungen im RWE-Braunkohletagebau Inden gegeben. Ein Mitarbeiter eines RWE-Partnerunternehmens kam durch die Flut ums Leben. Krebber bezifferte die Höhe der finanziellen Schäden auf 35 Millionen Euro. Unter anderem seien Bandanlagen durch herangespülten Schlamm zerstört wurden. Inzwischen laufe der Betrieb aber wieder normal.

Der bilanzielle Schaden in Texas war deutlich höher. Infolge von Winterstürmen und Eisregen fielen im Februar Windkraftanlagen von RWE zeitweise aus. Der Konzern musste kurzfristig Strom zu extrem hohen Preisen zukaufen. Das hatte zu Verlusten von rund 400 Millionen Euro geführt.

Massive Investitionen in neue Windkraft- und Solaranlagen

RWE-Chef Markus Krebber: „Es braucht eine Beschleunigung bei Planungs- und Genehmigungsprozessen. Das ist für den Erfolg der Energiewende elementar.“
RWE-Chef Markus Krebber: „Es braucht eine Beschleunigung bei Planungs- und Genehmigungsprozessen. Das ist für den Erfolg der Energiewende elementar.“ © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Insgesamt laufen die Geschäfte bei RWE allerdings rund. Überraschend hat der Vorstand Ende Juli die Gewinnziele für das aktuelle Geschäftsjahr angehoben. Zur Begründung verwies der neue RWE-Finanzchef Michael Müller auf ein starkes Energiehandelsgeschäft.

Der Revierkonzern investiert derzeit massiv in neue Windkraft- und Solaranlagen sowie Batteriespeicher-Projekte. Gleichzeitig ist der Ausstieg aus der Stromerzeugung mit Kernenergie und Kohlekraftwerken geplant.

RWE-Chef Krebber erklärte, er hoffe auf einen beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland nach der Bundestagswahl. Die neue Bundesregierung müsse „schnell über wichtige Weichenstellungen entscheiden“, sagte der Manager in der Telefonkonferenz. Benötig werden seiner Einschätzung zufolge unter anderem zusätzliche Flächen und „höhere verbindliche Ausbauziele“ insbesondere für neue Windkraft-Anlagen an Land und auf hoher See, „damit so viel grüner Strom wie möglich produziert werden kann“. Krebber kritisierte in diesem Zusammenhang bestehende Regeln zu sogenannten „Abstandsflächen“, sie seien „ein Hindernis“ für neue Windenergie-Projekte auf dem Festland.

Hoffen auf schnellere Planungs- und Genehmigungsprozesse

„Es braucht eine Beschleunigung bei Planungs- und Genehmigungsprozessen“, sagte Krebber. „Das ist für den Erfolg der Energiewende elementar.“ Aktuell dauere es fünf, manchmal auch sieben Jahre, bis in Deutschland ein Windpark an Land in Betrieb genommen werden könne. „Das ist – natürlich – viel zu lange.“ Ähnlich sehe es beim Netzausbau aus.

Der RWE-Chef sprach sich dafür aus, Genehmigungen bundesweit zu vereinfachen. Denkbar sei etwa eine bundeseinheitliche „Technischen Anleitung Artenschutz“, um etwaige Gerichtsverfahren zu verkürzen. Krebber regte zudem an, der Bundestag sollte direkt über wichtige Infrastruktur-Investitionen entscheiden, beispielsweise beim Netzausbau, um den auf Nord- und Ostsee produzierten Strom in die industriellen Zentren des Landes zu bringen. „Für den Verkehrssektor gibt es diese Möglichkeit schon“, gab Krebber zu bedenken.

„Wir sind bereit, jedes Projekt in Deutschland, das wirtschaftlich ist, zu verwirklichen“

Mit dem Chemiekonzern BASF plant RWE eine milliardenschwere Investition zum Bau eines Windparks in der Nordsee. Die Projektidee stellte Krebber unlängst mit BASF-Chef Martin Brudermüller in Ludwigshafen vor. Zur Versorgung der Chemiewerke am BASF-Stammsitz planen die Konzerne einen zusätzlichen Windpark auf hoher See, der mit einer Kapazität von rund zwei Gigawatt eine der weltweit größten Anlagen wäre. Ziel sei die Produktion von grünem Strom sowie die CO2-freie Herstellung von Wasserstoff. So will BASF die Produktionsprozesse von Chemikalien, die bisher auf fossilen Energieträgern basieren, elektrifizieren.

Generell will sich RWE nach Darstellung von Krebber verstärkt für den Ausbau der Erneuerbaren in Deutschland engagieren. „Wir sind bereit, jedes Projekt in Deutschland, das wirtschaftlich ist, zu verwirklichen. Dabei ist Kapital bei unserem Zukunftsgeschäft nicht der Engpass“, sagte er. Auch beim Aufbau der sich entwickelnden Wasserstoffwirtschaft sei sein Unternehmen „einer der aktivsten Akteure“.