Berlin/Essen..

In der Übernahmeschlacht um den Baukonzern Hochtief stärkt die Bundesregierung dem Unternehmen den Rücken. Das hat Regierungssprecher Seibert am Freitag erklärt. SPD-Chef Gabriel fordert von Kanzlerin „Taten statt Worte“.

Die 11.000 deutschen Mitarbeiter des Baukonzerns Hochtief bekommen im Kampf gegen eine feindliche Übernahme durch den spanischen Konkurrenten ACS Unterstützung von der Bundesregierung. „Hochtief ist ein wichtiges Unternehmen der deutschen Bauindustrie“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Das Unternehmen sei ein „Aushängeschild deutscher Technologiekompetenz“, schon deshalb seien Regierung und Kanzleramt daran interessiert, „dass die industriellen Strukturen von Hochtief und auch der Sitz von Hochtief in Essen bleiben“. Seibert versicherte, die Bundesregierung verfolge dieses Thema sehr aufmerksam und sei in Kontakt mit dem Unternehmen.

Die Bundesregierung mischte sich mit den Äußerungen zum ersten Mal - wenn auch vorsichtig - in den Übernahmekampf um Hochtief ein. Bislang hatte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) stets betont, ein Eingreifen der Politik in den Konflikt sei nicht angezeigt. Allerdings hat die Stellungnahme der Bundesregierung für den Konzern selbst nur begrenzten Wert. Denn ACS hat bislang stets erklärt, Hochtief als deutsches Unternehmen ohne tief greifende Einschnitte erhalten zu wollen.

Merkel „muss im nationalen Interesse handeln“

SPD-Chef Sigmar Gabriel bekräftigte am Freitag seine Forderung nach einem Einschreiten von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Gegenüber DerWesten sagte Gabriel: „Frau Merkel muss ihren Worten ganz dringend Taten folgen lassen. Jetzt geht es darum, Schaden vom Standort Deutschland abzuwenden“, sagte der SPD-Vorsitzende. Gabriel forderte die Bundesregierung auf, mit der australischen Regierung in Kontakt zu treten. „Wenn für die dortige Hochtief-Tochter auch das australische Übernahmerecht gilt, wäre das Billigangebot von ACS wohl sehr schnell hinfällig“, sagte er. „Die Kanzlerin muss jetzt mehr tun, als eine Erklärung abgeben. Sie muss im nationalen Interesse handeln.“

Der SPD-Chef begrüßte die Initiative der nordrhein-westfälischen Landesregierung, die strengere Gesetze gegen feindliche Übernahmen auf den Weg bringen will. „Wir müssen die deutschen Übernahmeregeln sehr schnell den strengeren Gesetzen anderer Länder in Europa anpassen“, erklärte Gabriel. Mit Blick auf Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) fügte Gabriel hinzu: „Es wurde Zeit, dass sich die Kanzlerin einschaltet. Es wäre fahrlässig, einfach nichts zu tun, wie es der Bundeswirtschaftsminister will.“

„Unternehmerischen Patriotismus“ beweisen

Gabriel hatte am Donnerstag an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) appelliert, sich aktiv um die Bildung eines Konsortiums zu bemühen, das eine Sperrminorität von 25,1 Prozent an Hochtief erwerben soll. Ein solcher „weißer Ritter“ würde die Möglichkeit von ACS bei der Steuerung des Unternehmens selbst nach einer Mehrheitsübernahme deutlich einschränken und damit den Kauf unattraktiver machen. Auch die deutsche Finanzwelt sei hier gefordert, mit Investitionen in den Essener Baukonzern einen „guten unternehmerischen Patriotismus“ zu beweisen, sagte der SPD-Chef.

ACS hatte vor vier Wochen seine Pläne für eine Übernahme des Wettbewerbers bekannt gegeben. Das spanische Unternehmen will den Hochtief-Anteilseignern acht eigene Aktien für fünf Hochtief-Papiere anbieten. Schon heute hält ACS knapp 30 Prozent der Hochtief-Aktien. Pläne für eine Zerschlagung des Essener Konzerns bestreiten die Spanier.

Wertpapieraufsicht gibt ACS mehr Zeit für Übernahmeangebot

Die deutsche Wertpapieraufsicht BaFin hat unterdessen dem spanischen Baukonzern ACS vier Wochen mehr Zeit für die Einreichung des Übernahmeangebots für Hochtief eingeräumt. Dem Bieter solle damit die Möglichkeit gegeben werden, erforderliche Kapitalmaßnahmen durchzuführen, hieß es am Freitag bei der BaFin.

Der Hintergrund: ACS bereitet im Zusammenhang mit der Hochtief-Übernahme die Einberufung einer außerordentlichen Aktionärsversammlung vor. Dazu wollte sich der Board am (heutigen) Freitag treffen, bestätigte ein ACS-Sprecher. Die Aktionäre sollen einer möglichen Kapitalerhöhung zustimmen, um die Offerte für Hochtief mitzufinanzieren. Ursprünglich hatte ACS sein Übernahmeangebot am vergangenen Donnerstag einreichen wollen.

ACS, die bereits knapp 30 Prozent an dem Essener Baukonzern hält, will die Mehrheit an Hochtief übernehmen und hat dazu eine Übernahmeangebot mittels Aktientausch angekündigt. So sollen Hochtief-Aktionäre für je 5 Aktien 8 ACS-Papiere bekommen. (dapd/WE