Essen. Der Nachfolger von Gerhard Cromme als Aufsichtsratschef bei Thyssen-Krupp kann sich wohl keine Hoffnung auf einen späteren Vorsitz der Krupp-Stiftung machen. Laut einem Zeitungsbericht möchte Berthold Beitz die Funktionen in Zukunft trennen. Eine künftige Doppelrolle habe nur für Cromme gegolten.

Nach dem überraschenden Rückzug von Thyssen-Krupp-Chefaufseher Gerhard Cromme
kann sich ein Nachfolger an der Spitze des Aufsichtsrats laut einem
Zeitungsbericht keine Hoffnungen auf den späteren Vorsitz der mächtigen
Krupp-Stiftung machen. Der 99-jährige Chef des Stiftungskuratoriums Berthold
Beitz wolle die Funktionen trennen, berichtete das
"Handelsblatt" unter Berufung auf Informationen von Insidern. Eine
künftige Doppelrolle habe nur für Cromme gegolten, hieß es.

Cromme hatte am vergangenen Freitag seinen vollständigen Rückzug aus
dem krisengeschüttelten Unternehmen zum 31. März bekanntgegeben. Der 70-jährige
Manager legt damit neben seinem Amt an der Spitze des Kontrollgremiums auch
seinen Posten als stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums der
Krupp-Stiftung nieder. Hintergrund sind das Milliarden-Debakel der Stahlwerke in
Amerika, Kartellverstöße und Korruptionsfälle
. Bis zu seinem Rückzug hatte
Cromme auch als möglicher Beitz-Erbe gegolten.

Ein Nachfolger werde nun eher aus den Reihen der Stiftung kommen,
hieß es in dem Bericht. Informationen, nach denen sich das Augenmerk auf Fritz
Pleitgen richte, wies der frühere WDR-Intendant auf dpa-Anfrage zurück. "An der
Sache ist, was mich betrifft, nichts dran", teilte Pleitgen am Montag mit.

In dem Kuratorium sitzen derzeit zwölf Mitglieder, darunter die Beitz-Tochter Susanne Henle und seit kurzem auch
Pleitgen. Die Stiftung ist mit einem Anteil von 25,3 Prozent wichtigster
Großaktionär bei ThyssenKrupp. Sie kann über ein Entsenderecht bis zu drei
Vertreter in den Aufsichtsrat des Konzerns schicken.

Kritik an möglichen Nachfolgekandidaten Lehner und Keitel

Der Geschäftsführer des Dachverbands der kritischen Aktionärinnen und
Aktionäre, Markus Dufner, kritisierte die "dominante Stellung" der
Krupp-Stiftung und ihres Vorsitzenden Berthold Beitz. "Wer kann Herrn Beitz davon überzeugen, dass er jetzt den Vorsitz der
Krupp-Stiftung niederlegen sollte?", fragte Dufner.

Nach dem Rückzug von Cromme verlange man nun einen überzeugenden
personellen Neuanfang. Die möglichen Nachfolgekandidaten für den
Aufsichtsratsvorsitz, der frühere Henkel-Chef Ulrich Lehner
und Ex-BDI-Präsident
Hans-Peter Keitel, hätten dagegen als Mitglieder des Kontrollgremiums die in der
Vergangenheit getroffenen Fehlentscheidungen mitzuverantworten, meinte
Dufner.

Derzeit ist noch völlig unklar, wann die Entscheidung über einen
neuen Vorsitzenden des Thyssen-Krupp-Aufsichtsrats fallen soll. Medien hatten
zuvor über ein kurzfristiges Votum berichtet. Ein Unternehmenssprecher wollte
dazu keine Stellung nehmen. Nach dem Rückzug von Cromme muss die Stiftung auch
ein neues Mitglied in das Kontrollgremium entsenden.

Nach dem Rücktritt als Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef wird
Zeitungsberichten zufolge auch bereits über einen Nachfolger für Cromme an der
Spitze des Siemens-Aufsichtsrats diskutiert. Ein Siemens-Sprecher sprach auf
dpa-Anfrage von Spekulationen. "Bei uns gibt es keine Veränderungen im
Aufsichtsrat. Der steht", sagte der Sprecher. (dpa)