Essen. Thyssen-Krupp bekommt einen neuen Chef-Aufseher. Der bisherige Aufsichtsratschef Gerhard Cromme kündigte an, sein Amt niederzulegen. Bei Aktionären löste Crommes Ankündigung wenig Tränen aus. Der Rücktritt ermögliche einen Neuanfang, hieß es bei der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz hat den Rückzug von Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef Gerhard Cromme als richtigen Schritt begrüßt. Damit werde dem Stahlkonzern ein kompletter Neuanfang ermöglicht, sagte ein Sprecher am Freitag zu Reuters. Der Zeitpunkt der Ankündigung komme aber überraschend, habe Cromme doch erst bei der Hauptversammlung im Januar deutlich gemacht, dass er nicht gehen wolle.

Zugleich sei es "ein wenig tragisch, dass 'Mister Stahl' so von der Brücke geht". "Das ist ein sehr konsequenter Schritt von Herrn Cromme, der die Institution vor die Person stellt", sagte Ingo Speich, Portfoliomanager bei Union Investment: "Das finden wir sehr bemerkenswert."

Cromme verlässt auch die mächtige Krupp-Stiftung

Thyssen-Krupp-Aufsichtsratschef Cromme hatte am Mittag seinen Rückzug angekündigt. Der 70-jährige verzichte zum Monatsende auf den Vorsitz des Kontrollgremiums, teilte der Konzern mit. Cromme erklärte, er wolle mit seinem Rückzug "auch im Aufsichtsrat einen personellen Neuanfang ermöglichen". Auch bei der mächtigen Krupp-Stiftung nimmt Cromme seinen Hut. Dem Konzern machen Milliarden-Verluste durch Stahlwerke in Übersee, Kartellverstöße und Luxusreisen auf Firmenkosten zu schaffen.

"Strukturen, die über zig Jahre auf die Person zugeschnitten worden sind, sind jetzt hinfällig", betonte Speich. "Jetzt wird schon etwas Bewegung in den Aufsichtsrat kommen", erwartet er angesichts des Endes der Ära Cromme bei Thyssen-Krupp.

IG Metall fordert weitere Veränderungen bei Thyssen-Krupp

"Der Neuanfang bei Thyssen-Krupp darf mit dieser zu respektierenden, persönlichen Entscheidung von Herrn Cromme nicht beendet werden", erklärte der nordrhein-westfälische IG-Metall-Chef Knut Giesler. Bei dem Konzern gehe es um Lösungen "mit Verantwortung für Arbeit und Einkommen der Menschen". In diesem Sinne werde die IG Metall den Kurs von Vorstandschef Heinrich Hiesinger zur Neuaufstellung des Unternehmens weiter begleiten. Die IG Metall verfügt über großen Einfluss bei dem Essener Konzern. Gieslers Vorgänger Oliver Burkhard rückte im vergangenen Jahr in den Vorstand auf - er ist dort für Personal zuständig. (rtr)