Bielefeld. Überraschender Interessent: Greenpeace will mit einem Kauf vermeiden, dass weitere Tagebaue aufgeschlossen werden. Die Nachricht werten einige als PR.
Greenpeace Schweden hat sein Kaufinteresse am deutschen Braunkohle-Geschäft des Energiekonzerns Vattenfall bekräftigt. Man wolle ernsthafte Gespräche mit Vattenfall führen, sagte die Präsidentin der schwedischen Umweltorganisation, Annika Jacobson, der in Bielefeld erscheinenden "Neuen Westfälischen". Greenpeace wolle die Braunkohle kaufen, "um sie da zu lassen, wo sie hingehört - in der Erde". Die Vorsitzende des Umwelt-Ausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn (Grüne), bezeichnete das Angebot als "interessante Idee".
Der Konzern Vattenfall, der komplett im Besitz des schwedischen Staats ist, hatte Ende September den Verkauf seiner deutschen Braunkohlekraftwerke und -tagebaue gestartet. Dazu gehören die Kraftwerke Jänschwalde und Schwarze Pumpe in Brandenburg, Boxberg und Block R der Anlage Lippendorf in Sachsen und die dazugehörigen Tagebaubetriebe in der Lausitz. Außerdem sollen zehn Wasserkraftwerke mitverkauft werden. Greenpeace hatte am Dienstag in einem Brief an die Bank Citigroup, die mit dem Verkauf beauftragt ist, sein Kaufinteresse bekundet.
Jacobson erklärte, Greenpeace warte nun auf eine Antwort von Vattenfall. "Wir müssen klarmachen, dass es keinen Weg der Erneuerung der fossilen Energie mehr gibt", sagte die Umweltaktivistin der "Neuen Westfälischen".
Die Grünen-Politikerin Höhn sagte der Zeitung, der Plan von Greenpeace sei eine "interessante Idee". Zugleich mahnte sie für den Fall einer Schließung der Braunkohlekraftwerke und -tagebaue Sozialverträglichkeit an. "Auch ein Kohlekraftwerk kann nicht von heute auf morgen geschlossen werden", betonte Höhn.
Reaktionen von "PR-Gag" bis zu "Weg aus der Kohle-Sackgasse"
Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Vattenfall Europe Mining, Rüdiger Siebers, bezeichnete das Kaufinteresse der Umweltorganisation als einen "PR-Gag". "Das nehmen wir nicht ernst", sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Ähnlich äußerte sich Brandenburgs Energieminister Albrecht Gerber (SPD). Bei der Greenpeace-Aktion handele es sich offenbar um einen Aprilscherz zur falschen Jahreszeit, sagte er auf Anfrage. Er halte eine Bewerbung um die Vattenfall-Tagebaue für "völlig abwegig". Verhaltener war die Reaktion aus dem sächsischen Wirtschaftsministerium. "Ob dies ein ernstzunehmendes Angebot ist, wissen wir nicht", hieß es auf Anfrage. Man erwarte, dass sich ein neuer Eigentümer an die geltenden Verträge halte.
Die Grünen im sächsischen Landtag sehen in den Plänen von Greenpeace hingegen einen Weg aus der "Kohle-Sackgasse". "Wir halten das für eine ernst gemeinte Absichtserklärung", sagte der energiepolitische Sprecher, Gerd Lippold. Sollte daraus ein Kaufangebot resultieren, sei das ein Weg, den "Beschluss zum Verkauf mit einem klimagerechten Kohleausstiegskonzept zu verknüpfen."
In einer ersten Stufe des europaweiten Verkaufsprozesses konnten bis zum Dienstag Unternehmen ihr Interesse bekunden. Die Unterlagen werden nun gesichtet. In einem zweiten Schritt werden die Interessenten zu näheren Angaben aufgefordert. Um weiter dabei zu sein, müssen sie nach dem europäischen Vergaberecht eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen - zum Beispiel eine nachhaltige Finanzierung nachweisen. Spätestens an dieser letzten Hürde könnte das Greenpeace-Interesse scheitern. Der Verkaufsprozess wird sich laut Vattenfall noch mindestens bis ins Jahr 2016 hinziehen. (epd/dpa)