Sprockhövel. TradiaxBlue in Sprockhövel ist der einzige zertifizierte AdBlue-Produzent in NRW. Chef Blankenagel sieht wenig Knappheit, aber lange hohe Preise.
AdBlue, ein Kraftstoff-Zusatz für Millionen Dieselfahrzeuge in Deutschland, war Ende vergangenen Jahres ein knappes und sehr teures Gut. Der Automobilclub ADAC warnte gar vor Engpässen, nachdem große Hersteller von Ammoniak wie etwa die BASF in Ludwigshafen oder Yara in Norddeutschland ihre Produktion zwischenzeitlich gestoppt hatten. Der Grund: die extrem gestiegenen Gaspreise machten die Herstellung des AdBlue-Vorprodukts Ammoniak unwirtschaftlich. „Seit Jahresbeginn hat sich die Situation wieder normalisiert“, gibt Experte Nicolas Blankenagel Entwarnung.
Zeitweise leere Regale im Dezember
Blankenagel ist Geschäftsführer der TradiaxBlue GmbH mit Sitz im Ennepe-Ruhr-Kreis. Sein Unternehmen ist seit 2018 im Geschäft bei der Herstellung und Abfüllung von AdBlue und einziger zertifizierter AdBlue-Produzent in Nordrhein-Westfalen.
AdBlue ist eine seit 2009 weltweit geschützte Marke des Verbands der deutschen Automobilindustrie (VDA) und seit Einführung der Euro6-Norm für Dieselmotoren ein gefragtes Gut. Um die Norm zu erfüllen, arbeiten die SCR-Katalysatoren in den Fahrzeugen mit dem Zusatz, der eine wässrige Harnlösung ist und dafür sorgt, die Verbrenner-Schadstoffe, insbesondere giftige Stickoxide deutlich zu reduzieren.
Moderne Dieselmotoren mit Euro6-Norm sind also auf AdBlue angewiesen, das in Pkw aus einem Extratank in den Katalysator eingespritzt wird. Ist dieser Tank leer, steht das Auto bald – jedenfalls springt es ohne Zusatz nicht mehr an. In der Regel zeigen die Fahrzeuge rechtzeitig an, wenn die Tankfüllung zur Neige geht. Und normalerweise bekommt man AdBlue auch an jeder Tankstelle oder im Baumarkt – im Dezember waren allerdings tatsächlich tageweise die Regale leer. „Wir haben zwischenzeitlich auch Baumärkte beliefert, die sonst eigentlich nicht zu unseren Kunden gehören“, sagt TradiaxBlue-Chef Blankenagel. Die Abfüllung in Sprockhövel sei zu keiner Zeit ins Stocken geraten: „Wir waren so eingedeckt, dass wir jederzeit liefern konnten.“ Mittlerweile habe sich die Lage auch wieder beruhigt, die Produktion der sogenannten Urea-Prills, die aussehen wie recht große Globuli und die mit demineralisiertem Wasser das AdBlue-Gemisch ergeben, sei wieder bei 90 bis 95 Prozent der normalen Menge. „Allerdings liegen die Preise nach wie vor bei dem Drei- bis Vierfachen im Vergleich zu 2020.“
Vor einem Jahr, im Februar 2021, habe es die erste „bombastische Erhöhung der Preise für Urea-Prills gegeben“. Im Juni vergangenen Jahres habe sich das Preisniveau kurz stabilisiert, um dann mit weiter steigenden Gaspreisen und schließlich den Produktionsstopps bei BASF & Co. weiter in die Höhe zu schießen. „Es sieht auch nicht so aus, als würden die Preise deutlich fallen“, sagt Experte Blankenagel.
Gaspreis bestimmend
Das liege zum einen am nach wie vor sehr hohen Gaspreis und der, mit Blick auf die Ukraine und Russland, unsicheren Versorgungslage, zum anderen aber auch an den steigenden Preisen für CO2-Zertifikate. Bei der energieintensiven Herstellung von Ammoniak, das beispielsweise auch zur Herstellung von Düngeprodukten eingesetzt wird, fällt sehr viel CO2 an, so dass die Produzenten innerhalb der Europäischen Union entsprechende, immer teurer werdende Zertifikate erwerben müssen.
Bei TradiaxBlue in Sprockhövel macht ein Großteil des Geschäfts die Abfüllung in Tanklastwagen und IBC-Behälter mit rund 1000 Litern Fassungsvermögen aus. Abgefüllt wird aber auch für den Privatgebrauch in Flaschen oder kleine Kanister, wie es sie – normalerweise – auch an Tankstellen oder in Baumärkten zu kaufen gibt. Rund 35 Millionen Liter verlassen nach Angaben von TradiaxBlue mittlerweile jährlich den Hof in Sprockhövel.
ADAC: Zapfsäule deutlich günstiger als Kanisterware
Auch der ADAC geht davon aus, dass sich die gestiegenen Preise mittelfristig bis langfristig halten werden. „Die Besitzer von Dieselfahrzeugen müssen hier also wohl dauerhaft mit höheren Kosten für AdBlue rechnen“, bestätigt ein Sprecher auf Anfrage dieser Zeitung.
Der Automobilclub empfiehlt: „Wenn AdBlue an Tankstellen verfügbar ist, vor dem Kauf Preise vergleichen. Derzeit reicht die Spanne von rund 80 Cent bis 4 Euro je Liter. Der Preis an Pkw-Zapfsäulen scheint wesentlich günstiger als bei abgefüllten Kanistern.“