Duisburg. Nach zwei Jahren Corona-Zwangspause kehrt die Oldtimer-Messe Techno Classica zurück. In Essen dabei sind auch zwei Alfa-Expertinnen aus Duisburg.

Wenn nach zweijähriger Corona-Pause ab diesem Mittwoch die Techno Classica in Essen wieder stattfindet, wird sich einiges geändert haben in der Oldtimer-Branche, aber dies nicht: Klassische Fahrzeuge sind ein Hobby und ein Geschäft von alten Männern. Aus Duisburg kommt eine der seltenen Ausnahmen: Tochter Klaudia und Mutter Anna Maria Hinzen haben sich als Spezialistinnen für mindestens 30 Jahre alte Alfa Romeo in der Männerwelt durchgesetzt.

750.000 mindestens 30 Jahre alte Autos sind inzwischen in Deutschland mit einem steuervergünstigten H-Kennzeichen unterwegs, und das erlaubterweise auch in Umweltzonen. Jedes Jahr kommen – siehe Grafik unten – mehr Fahrzeugtypen hinzu, entsprechend liegen die Zuwachsraten stabil über zehn Prozent. Der Oldtimermarkt habe die Corona-Zeit sehr gut überstanden, so der langjährige Marktbeobachter Marius Brune, Geschäftsführer vom Oldtimerpreis-Experten Classic Data in Bochum, einen Einbruch habe es nicht gegeben. Jetzt zögen die Preise wieder an, sofern man das angesichts des Ukraine-Kriegs noch sagen könne.

Die erste Techno Classica seit 2019

Die Techno Classica frönt seit 1989 in Essen dem rostigsten Hobby der Welt. Nach zwei Jahren Pandemie-Pause sind noch nicht alle Dauergäste zurück. Das Aussteller-Niveau liege gemessen an 2019 bei 80 Prozent, so Veranstalter SIHA. Finden wird man dagegen wieder die Hinzens auf dem Messegelände an der Gruga, beim „Club klassischer Alfa Romeo Fahrzeuge“. Ironie dieser Geschichte: Im Vereinsheft „Alfissimo“ finden sich die Frauen im Impressum als „Club Shop“ unter dem Namen des Gründers Hans Jürgen Hinzen wieder – allein unter Alfa-Männern.

„Sobald ich einen Schraubenschlüssel halten konnte, habe ich mitgeschraubt“, sagt Tochter Klaudia (47). Ihr verstorbener Vater Hans Jürgen hatte die Firma bereits vom Opa übernommen. 1973 handelte er mit der in Europa neuen japanischen Marke Datsun (heute auch ein Klassiker), war dann 25 Jahre lang Alfa-Händler. Damals wie heute organisierte Frau Anna Maria (70) die Buchhaltung, als von „Backoffice“ noch keine Rede war.

Die Auto-Welt der späten Siebziger

Der kleine Showroom im Hintergaragenhof versetzt den Besucher mit dem Eintritt in die Auto-Welt der späten Siebziger. Wie werksneue Vorführwagen stehen da nebeneinander ein Alfa Spider, der Typ, mit dem Dustin Hoffman im Filmklassiker „Die Reifeprüfung“ von 1967 weltberühmt wurde, neben einer viertürigen, so eingedeutschten „Julia“, Prototyp der schnellen wie geräumigen Limousine aus Italien.

Die Techno Classica 2022

Die größte Oldtimer-Messe der Welt startet am Mittwoch mit dem sogenannten Happy View Day von 13 bis 20 Uhr (Eintritt: 45 Euro). Von Donnerstag bis Sonntag sind die Hallen von 9 bis 18 Uhr (Freitag: 19 Uhr) geöffnet.Tickets kosten regulär 25, ermäßigt 20 Euro (bis 11 Jahre: 15, Familienkarte Eltern mit drei Kindern: 65 Euro).

Die bereits 1910 in Mailand gegründete „Aktiengesellschaft Lombardische Automobilfabrik“ setzte dabei auf rennsportliche Doppelnockenwellenmotoren. Von früherem Ruhm zehrt der mehrfache Formel-1-Weltmeister Alfa bei Klassik-Freunden bis heute, und das, obwohl seit der Übernahme durch Fiat im Jahr 1986 der eigenständige Markenkern Alfas zu Staub zerfiel.

Ein Alfa Spider mit Frontantrieb – „Pfui“

Die Ära endet für Klaudia Hinzen 1993 mit dem Erscheinen des ersten Alfa Spider mit – pfui – Frontantrieb. Für den gebe es „dank“ Fiat inzwischen weniger Ersatzteile als für Modelle aus den Fünfzigern. Ersatzteile für die Klassiker sind der Schwerpunkt ihres Geschäfts. Dazu schraubt sie in ihrer kleinen Werkstatt an Kundenfahrzeugen. Jüngere Alfisti hätten viel weniger Lust aufs Selberschrauben, sondern ließen sich Teile gerne einbauen.

Dabei ist Klaudia Hinzen trotz ihrer kindlichen Ambitionen keine Kfz-Mechanikerin geworden, sondern wurde im väterlichen Betrieb als Bürokauffrau ausgebildet. Sie arbeitete zehn Jahre als Lageristin bei Alfa Romeo, bis sie 2010 nach Huckingen zurückkehrte.

Gestörte Lieferketten: „Alle Preise sind ungültig“

„Mein Lager ist in meinem Kopf“, sagt sie zu ihrer Systematik. Von anderen Alfa-Betrieben hat sie im Laufe der Jahre viele Bestände aufgekauft, die Hälfte der Teile seien inzwischen Nachfertigungen. „Ich kaufe lieber in Italien, Teile aus Fernost wie Dichtungen passen oft schlecht“, sagt sie zur Globalisierung der Oldtimer-Szene, und auch der Brexit hat seine Auswirkungen im Hinterhof. Teile-Lieferungen von der britischen Insel dauerten jetzt viel länger, besonders mit dem Lkw. „Besser fahre ich mit dem Paddelboot über den Ärmelkanal, das geht schneller“, so Klaudia Hinzen mit hemdsärmeligem Humor.

„Alle Preise sind ungültig“ steht dagegen eher humorlos auf einem Schild in dem schönen alten Showroom. Vervielfachte Containerkosten machen auch nicht vor Oldtimern halt, Lieferkettenrisse ebenso. Ersatzteilpreise steigen stark, und es ist „kein Ende in Sicht“, so Klaudia. Gilt auch für die Hinzen-Frauen. Schlusswort Anna Maria: „Wir vertragen uns – ist ja nicht in allen Familienbetrieben so.“