Ruhrgebiet. Viele Unternehmen impfen nun selbst, manche priorisieren, andere nicht. Evonik hat ein Drittel der bestellten Dosen erhalten, Thyssenkrupp mehr.

Der Einstieg der Betriebsärzte sollte der Impfkampagne im Juni den letzten Schub geben, um der Herdenimmunität schon im Sommer näher zu kommen. In diesen Tagen nun beginnen die Unternehmen damit, ihre Belegschaften selbst gegen das Coronavirus zu impfen. Die Betriebsärzte sind bereit, der Andrang ist groß – allein es fehlt an Impfstoff. Auch die Unternehmen erhielten teils deutlich weniger Dosen als sie bestellt hatten.

Thyssenkrupp hat am Dienstagmorgen mit dem Spritzen begonnen, am Stahlstandort Duisburg hat der Essener Industriekonzern eines der größten Betriebs-Impfzentren Deutschlands aufgebaut: Auf zwölf Impfstraßen in seinem Bildungszentrum könnten die 40 Betriebsärzte 3000 Beschäftigte pro Woche immunisieren. Für die erste hat er auch gut 2500 Dosen erhalten, nachdem die leitende Betriebsärztin Nicole Rosenfeld erfolgreich gegen die ursprüngliche Liefermenge von 600 Dosen interveniert hat. Kommende Woche sollen aber nur noch 1800 kommen.

Damit könnte Thyssenkrupp Steel (TKS) seine Stahl-Belegschaft dennoch vergleichsweise schnell durchimpfen, das Unternehmen geht von rund 10.000 Impfwilligen unter den 14.000 Beschäftigten aus. Viele seien schon geimpft, einige lehnten das auch ab. Nach wenigen Stunden waren die ersten vier Impftage bereits ausgebucht, teilt das Unternehmen mit. In der Essener Konzernzentrale könnten 1600 Mitarbeiter pro Woche geimpft werden, hier kam zunächst nur die Hälfte der bestellten Dosen an.

RWE muss seinen Impfplan strecken

Der Stromriese RWE erwartete im Laufe des Dienstag eine Apothekenlieferung von 1800 Biontech-Dosen, die ab Mittwoch in zwölf Impfzentren verabreicht werden – in der Essener Zentrale sowie vor allem in den Braunkohlerevieren und an den Kraftwerksstandorten. Der ursprüngliche Plan, rund 15.000 Beschäftigte binnen zwei Wochen durchzuimpfen, ist damit nicht zu machen. Entsprechend waren auch bei RWE alle Termine sehr rasch vergeben.

Der Essener Dax-Nachbar Eon hat bereits am Montag mit dem Impfen begonnen, aber nur 200 Dosen für diese Woche erhalten – ein Fünftel dessen, was die Betriebsärzte schaffen könnten.

Evonik priorisiert, Thyssenkrupp, RWE und Eon nicht

Unterschiedlich handhaben es die Unternehmen mit der Impfreihenfolge. Eon und RWE etwa verzichten auf eine Priorisierung, „weil sie auch bundesweit aufgehoben wurde“, so ein RWE-Konzernsprecher. Auch Thyssenkrupp zieht vorerkrankte und damit besonders gefährdete Mitarbeiter nicht vor. Man habe in den Belegschaften aber gebeten, jenen den Vortritt zu lassen, die zum Arbeitsplatz kommen müssen, etwa im Stahlwerk. Wer noch von zu Hause aus arbeiten kann, solle noch etwas warten, heißt es. „Wir setzen auf die Solidarität in unseren Teams“, sagt eine TKS-Sprecherin.

Der Essener Chemiekonzern Evonik nimmt dagegen eine detaillierte Priorisierung vor: Zuerst erhalten Beschäftigte mit erhöhtem Risiko für schwere Krankheitsverläufe den ersehnten ersten Pieks. Dann folgen Beschäftigte, die für werksinterne kritische Infrastruktur zuständig sind, etwa im Werkschutz. Nach ihnen sind Präsenzarbeiter und sowie Kolleginnen und Kollegen an der Reihe, die häufig Kontakte mit Kunden haben.

Impfungen im Chemiepark Marl starten Donnerstag

Für die erste Woche hat Evonik nur 2000, also ein Drittel der bestellten 6000 Dosen erhalten. In den bundesweit acht Impf-Standorten könnte der Chemiekonzern nach eigenen Angaben jede Woche 6500 seiner 20.000 Beschäftigten impfen. Das größte Impfzentrum steht im Chemiepark Marl, allein hier könnten die Betriebsärzte jeden Tag 500 Mitarbeitern eine Spritze verabreichen. In Marl beginnen die Betriebsärzte am Donnerstag mit dem Impfen, in Essen wird bereits seit Dienstag gepiekst.