Essen. Machtkampf im Fleischkonzern: Mitinhaber Robert Tönnies hat eindringlich vor einem Beratervertrag für Sigmar Gabriel gewarnt.

Die Beratertätigkeit des früheren Bundeswirtschaftsministers Sigmar Gabriel (SPD) beim Fleischkonzern Tönnies ist unternehmensintern auf Widerstand von Mitinhaber Robert Tönnies gestoßen. Das geht aus einem Brief von Robert Tönnies an die Geschäftsführung der Tönnies-Holding hervor, der unserer Redaktion vorliegt. „Falls der Vertrag noch nicht abgeschlossen wurde, warne ich dringend davor und widerspreche hiermit vorsorglich“, heißt es in dem Schreiben von Robert Tönnies mit Datum vom 26. Februar 2020. „Die Verpflichtung ehemaliger Spitzenpolitiker für Unternehmen führt immer wieder zu unangenehmen Fragen der Öffentlichkeit und in Folge zu einem Imageschaden für das betroffene Unternehmen und den ehemaligen Politiker.“

Es stelle sich nämlich „immer wieder die Frage, ob die Beschäftigung eine nachträgliche Belohnung für Vorteile des Unternehmens in der Zeit der Regierungstätigkeit sein kann“, schrieb Robert Tönnies in dem Brief mit der Betreffzeile „Beratervertrag Sigmar Gabriel“. Der Mitinhaber des Fleischkonzerns, der maßgeblich von seinem Onkel Clemens Tönnies geführt wird, führte weiter aus, es würde dem Unternehmen schaden, wenn beispielsweise die Frage öffentlich diskutiert würde, ob Gabriel der Firma Tönnies bei der Fortführung des Modells der Werkverträge „hilfreich zur Seite stand“. Dies sei schließlich auch der „Verantwortungsbereich“ von Gabriel als Minister gewesen, so Robert Tönnies.

Robert Tönnies hat bereits Rücktritt von Clemens Tönnies gefordert

Schon seit einiger Zeit schwelt ein Machtkampf im Fleischkonzern Tönnies. So forderte der Mitinhaber Robert Tönnies bereits in einem Brief den Rücktritt seines Onkels Clemens Tönnies aus der Geschäftsleitung. In dem Schreiben vom 17. Juni wirft Robert Tönnies der Geschäftsleitung und dem Beirat des Konzerns unverantwortliches Handeln sowie die Gefährdung des Unternehmens und der Bevölkerung vor.


Der 42-jährige Robert Tönnies hält wie sein 64-jähriger Onkel Clemens 50 Prozent der Unternehmensanteile. Seit Jahren streiten sich die beiden um die Führung und Ausrichtung des Fleischkonzerns. „Dass gerade in Schlachtbetrieben die Infektionszahlen weit überdurchschnittlich hoch sind, ist ganz sicher auch dem System der Werkverträge geschuldet“, heißt es in dem Brief von Robert Tönnies, „es zwingt viele Arbeiterinnen und Arbeiter in unzumutbare Wohnverhältnisse, die mit einem hohen Ansteckungsrisiko verbunden sind und nur wenig Schutzmöglichkeiten bieten, wenn einmal eine Infektion auftritt“.

Sigmar Gabriel verteidigt Tätigkeit für Tönnies

Wie nun bekannt geworden ist, war der frühere Bundeswirtschaftsminister Gabriel für den Fleischkonzern Tönnies als Berater tätig. „Es gab ein dreimonatiges Beratungsverhältnis mit Tönnies“, sagte Gabriel am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Vom März bis Mai 2020 habe er für das Unternehmen handelsrechtliche Fragen klären sollen, sagte Gabriel. Zunächst hatte das ARD-Magazin „Panorama“ über Gabriels Tätigkeit für Deutschlands größten Fleischproduzenten berichtet. Im „Spiegel“ verteidigte er seine Tätigkeit: „Ich kann an dem Beratungsverhältnis mit einem großen Arbeitgeber nichts Problematisches erkennen“, sagte Gabriel dem Nachrichtenmagazin. „Tönnies macht nichts Verbotenes.“

Das Unternehmen bestätigte am Donnerstag Gabriels kurzes Engagement. Dabei sei es um Exportfragen gegangen. Weitere Details wollte ein Sprecher nicht nennen. Mit Verweis auf entsprechende Dokumente berichtete „Panorama“, dass der frühere SPD-Chef offenbar ein Pauschalhonorar von 10.000 Euro im Monat sowie ein zusätzliches vierstelliges Honorar für jeden Reisetag erhielt. Demnach sollte die Tätigkeit auf zwei Jahre angelegt sein. Aus privaten Gründen habe er die Beratung aber beenden müssen, sagte Gabriel.