Essen.. Inhaber-Familie und Insolvenzverwalter kämpfen um das wirtschaftliche Überleben der Drogeriemarkt-Kette Schlecker. Lars Schlecker, Sohn des Gründers Anton Schlecker, gab am Freitag sein erstes Fernsehinterview und startete eine Charme-Offensive.
Die Regale in den Filialen der insolventen Drogeriemarktkette Schlecker sind wieder gefüllt, die Sanierung des schwer angeschlagenen Konzerns hat begonnen. Mit einer Charme-Offensive wirbt der Discounter um Kunden.
Das Unternehmen und seine Akteure sind nicht wiederzuerkennen: Bei seinem allerersten Fernsehinterview plauderte Lars Schlecker am Freitagmorgen live im Morgenmagazin von ARD und ZDF. Der Sohn des zurückgezogen lebenden Firmengründers Anton Schlecker war 1987 zusammen mit seiner Schwester Meike Opfer einer Entführung. Seither mied die Familie die Öffentlichkeit.
Im Morgenmagazin gab sich Lars Schlecker reuig. Vieles sei im Unternehmen falsch gelaufen, die Gründung einer Zeitarbeitsfirma 2010 etwa sei ein Fehler gewesen, räumte er ein. Die Familie habe zu langsam reagiert, obwohl auch die wirtschaftlichen Probleme längst absehbar gewesen seien. „Meine Schwester und ich haben uns durchgesetzt“, betonte er. Durchgesetzt gegen den Vater Anton, der für Mitarbeiter-Überwachung, niedrige Löhne und hohe Preise stand. Seitdem Sohn und Tochter das Ruder beim Discounter festhalten, habe es laut Lars Schlecker einen „Kulturwandel“ im Unternehmen gegeben, neue „Führungsgrundsätze“ und „Tarifverträge, die ihresgleichen suchen“. Schlecker: „Die Zeichen stehen auf Sanierung. Wir sind alle frohen Mutes.“
Bewusstseinswandel
Eine Einschätzung, die in ihrer positiven Tendenz auch die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi teilt. Bis Mitte des vergangenen Jahres war sie noch gegen die Missstände bei Schlecker zu Felde gezogen. „Doch mittlerweile gibt es für Verbraucher keinen Grund mehr, nicht mehr bei Schlecker zu kaufen“, sagt Verdi-Sprecherin Christiane Scheller. Die Unternehmensführung habe einen „tiefgreifenden Bewusstseinswandel“ durchgemacht, der allerdings erst durch den Kampf der Mitarbeiter erreicht worden sei.
Ob das aber ausreicht, die rund 30 000 Arbeitsplätze zu retten? Insolvenzverwalter und Inhaber-Familie geben sich optimistisch. Doch es gibt auch eine Reihe von Gerüchten, die nicht darauf hindeuten, dass das Schlecker-Drama am Ende gut ausgeht.
Sparpotenziale ausloten
So soll der Unternehmensberater McKinsey gerade dabei sein, die Sparpotenziale im Konzern auszuloten. Laut „Manager Magazin“ könnte der Name Schlecker ganz von der Bildfläche verschwinden. Eine Option sei, dass die 650 Ihr-Platz-Filialen künftig den Kern des Unternehmens bilden und die Schlecker-Läden darin integriert würden. Bestätigen oder dementieren will das niemand.
Und so geht die Charme-Offensive weiter. Im Raum Stuttgart haben sieben leitende Mitarbeiter den Verein „Wir wollen Schlecker helfen“ gegründet. Sie wollen damit das bislang ramponierte Image der Drogeriekette aufpolieren und Kolleginnen und Kollegen aus ganz Deutschland als Mitglieder werben.
Selbsthilfeverein
Doch nach Gewerkschafts-Angaben ist der Verein noch nicht amtsgerichtlich eingetragen und verfügt über keine öffentlich zugängliche Satzung. „Mehr als ein Blatt Papier mit ein paar Zeilen darauf gibt es im Moment nicht“, sagt Verdi-Sprecherin Scheller.
Lars Schlecker jedenfalls findet den Selbsthilfeverein „super klasse“, wie er bei ARD und ZDF erklärte. Ähnliche Ideen gebe es auch in anderen Regionen. Die Familie unterstütze die Aktionen. „Wir versuchen zu helfen, wo wir können“, sagt Schlecker. Auch das gehört zur Charme-Offensive.