Essen. Kurz vor den Verhandlungen der Krankenkassen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung über die Honorare im kommenden Jahr sorgt eine Statistik für Aufsehen: Die Reinerträge in deutschen Praxen sind binnen fünf Jahren um 17 Prozent gestiegen. Doch es bleiben regionale Unterschiede.
Wenn in den kommenden Wochen die Krankenkassen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) über die Honorarsteigerungen im kommenden Jahr ringen, haben die Funktionäre der niedergelassenen Mediziner zwei ziemlich große Probleme: Erstens haben die Ärzte in einer Umfrage der KBV mehrheitlich erklärt, sie seien mit ihren Honoraren zufrieden.
Und zweitens hat ausgerechnet zum Start der Verhandlungen das Statistische Bundesamt Zahlen für die Jahre 2007 bis 2011 veröffentlicht, die eher den Kassen zu pass kommen. Danach stiegen die Reinerträge eines Praxisinhabers in diesem Zeitraum um 17 Prozent auf 166.000 Euro im Jahr. Zu den von den Lobbyisten erhobenen Klagen über eine viel zu schlechte Bezahlung der Ärzte passt beides nicht so gut.
Vom Reinertrag bleibt knapp die Hälfte netto übrig
Wer bewerten will, wer Recht hat, muss jedoch zunächst einmal die Statistik verstehen, was alles andere als einfach ist. Beim Reinertrag werden von den Einnahmen des Arztes die Praxiskosten abgezogen, etwa für Personal, Material und Geräte. Das ist aber noch nicht der Nettoverdienst des Arztes, denn von dem Geld muss er noch Steuern, seine Altersvorsorge und die Versicherungen für sich und seine Familie zahlen. Laut KBV bleibt vom Reinertrag nur knapp die Hälfte netto übrig.
Der nächste Knackpunkt: Das Statistische Bundesamt veröffentlicht mit jeweils zwei Jahren Verspätung die Gesamteinnahmen der Ärzte aus Kassen- und Privatpatienten. Die KBV verhandelt nur über die Kassen-Honorare und legt dazu ganz andere Zahlen vor. Danach schrammen die Reinerträge aus Kassenhonoraren um die 100.000 Euro. Dass 66.000 Euro aus Privatkassen und Leistungen, die von den Patienten selbst bezahlt werden, hinzukommen sollen, zweifelt die KBV an.
Honorarsteigerungen von Kassen hielten sich im Rahmen
Die Honorarsteigerungen von den Gesetzlichen Kassen hielten sich in den vergangenen Jahren im Rahmen. Für Praxen am Nordrhein etwa stiegen sie in diesem Jahr um rund zwei Prozent je Praxis. Für die Jahre 2007 bis 2011 rechnet die KV Nordrhein ein Plus von 7,2 Prozent vor. Das entspricht fast exakt der Inflation in diesem Zeitraum.
Das Problem bleibt die ungleiche Verteilung je nach Region und Arztgruppe. Die Durchschnittswerte sagen über die einzelne Praxis so gut wie nichts aus. So verdient ein Arzt in Bayern deutlich mehr als in NRW. Und selbst in einer Stadt gibt es riesige Unterschiede: Ein Hausarzt im ärmeren Essener Norden hat kaum Privatpatienten und entsprechend weniger Honorar als ein Kollege im reichen Süden.