Die höchsten Arbeitsrichter Deutschlands haben alle Tarifverträge für Leiharbeiter mit der Christlichen Gewerkschaft kassiert. Zehntausende Beschäftigte können jetzt Lohn nachfordern.
Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) können zehntausende Leiharbeiter auf Nachzahlungen hoffen. Umgekehrt droht vielen kleinen und mittelgroßen Verleihfirmen die Pleite. Sie müssen sich auf milliardenschwere Nachzahlungen an ihre Beschäftigten und die Sozialkassen einstellen.
Betroffen sind rund 1600 Betriebe, die in den vergangenen Jahren rund 280 000 Leiharbeiter zum Tarif der Christlichen Gewerkschaft für Zeitarbeit (CGZP) beschäftigt haben. Der Gewerkschaft sprach das Gericht in Erfurt gestern in letzter Instanz die Tariffähigkeit ab. Damit sind die gezahlten Tarife nichtig, Beschäftigte können Nachzahlungen fordern. Sie müssen nach dem Prinzip „gleiche Arbeit, gleicher Lohn“ bezahlt werden, also wie Stammkräfte und somit besser.
Firmen müssen bis zu drei Milliarden Euro nachzahlen
Damit werden auch höhere Sozialabgaben fällig. Allein an Rentenversicherung, Kranken- und Pflegekassen sowie die Arbeitslosenversicherung müssen die Leiharbeitsfirmen nach Experten-Schätzungen zwei bis drei Milliarden Euro nachzahlen. Wirtschaftsprüfer gehen davon aus, dass vielen Anbietern dadurch die Insolvenz droht. Geht der Verleiher pleite, müsste der entleihenden Betrieb die Nachforderungen begleichen. Dann wären auch Industrie und Handel betroffen.
Vor allem kleine und mittelständische Firmen haben einen Tarifvertrag mit der CGZP abgeschlossen. Deren Tariffähigkeit zweifelte die Gewerkschaft Verdi an und bekam nun letztinstanzlich Recht (AZ: 1 ABR 19/10). Das BAG sprach der Christlichen Gewerkschaft die „Tarifmächtigkeit“ ab. Das bedeutet, sie hat zu wenige Mitglieder und ist deshalb zu schwach, um auf Augenhöhe mit den Arbeitgebern verhandeln und notfalls auch streiken zu können.
Beschäftigte können den höheren Lohn bis zu drei Jahre rückwirkend einfordern. Es sei denn, dies wird im Arbeitsvertrag ausgeschlossen. Sozialbeiträge werden noch bis zu vier Jahre rückwirkend fällig. Die Sozialkassen haben bereits angekündigt, dies einzufordern.