Mülheim. Die geplanten Kündigungen bei Aldi Süd in Mülheim und Roth haben Betroffene und Betriebsrat kalt erwischt. Verdi spricht von einem „Skandal“.

Die Ankündigung des Discounters Aldi Süd, die beiden Regionalgesellschaften Mülheim und Roth in Unterfranken zu schließen, sorgt für Empörung bei der Gewerkschaft Verdi. „Das ist ein Skandal. Die Schließung hat niemand geahnt“, sagte Kay Lipka, Handelssekretär im Verdi-Bezirk Ruhr West.

Ob es für die 290 Mitarbeiter, die bei Aldi in Mülheim die Kündigung erhalten sollen, einen Sozialplan geben wird, blieb zunächst offen. „Wir suchen jetzt das Gespräch mit dem Betriebsrat über das weitere Vorgehen“, sagte eine Sprecherin. Wie es heißt, wurde auch der Betriebsrat von der für Ende April 2020 geplanten Schließung des Logistikzentrums und der Verwaltung der Regionalgesellschaft kalt erwischt. 290 Stellen sollen auch in Roth wegfallen.

Aldi Süd will Mitarbeitern Ersatzarbeitsplätze anbieten


Aldi Süd hatte bereits am Dienstag versichert, dass den Menschen möglichst Ersatzarbeitsplätze im Konzern angeboten werden sollen. „Das ist kein Lippenbekenntnis. Das haben wir vor“, sagte ein Sprecher. Mitarbeiter des vor der Auflösung stehenden Mülheimer Logistikzentrums werden aber womöglich weite Wege in Kauf nehmen müssen. Weitere Lager in NRW betreibt Aldi Süd in Mönchengladbach, Dormagen, Kerpen, Eschweiler, Langenfeld und Rheinberg. Wann Aldi seinen Lagermitarbeitern, Fahrern und Kommissionierern ein entsprechendes Angebot unterbreiten wird, blieb indes unbestimmt.

Die Hauptverwaltung der Unternehmensgruppe Aldi Süd in Mülheim. Hinten im Bild das Logistikzentrum, das geschlossen wird, und die Erweiterungsflächen.
Die Hauptverwaltung der Unternehmensgruppe Aldi Süd in Mülheim. Hinten im Bild das Logistikzentrum, das geschlossen wird, und die Erweiterungsflächen. © www.blossey.eu | Hans Blossey


Indes ist davon die Rede, dass zumindest jenen 40 Mitarbeiter, die in der Verwaltung der Mülheimer Regionalgesellschaft beschäftigt sind, ein alternativer Arbeitsplatz möglicherweise im Dienstleistungsbereich von Aldi Süd in der Mülheimer Zentrale angeboten werden könnte. Der Mülheimer Oberbürgermeister Ulrich Scholten (SPD) indes zeigte sich im Gespräch mit unserer Redaktion zuversichtlich, dass möglichst viele Beschäftigte in der Nähe neue Arbeitsplätze erhalten könnten.

Aldi Süd will Logistikzentrum aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben

Von Mülheim aus beliefert der Discounter nur 53 Filialen im Umkreis. Das ist im Vergleich zu anderen Lager-Standorten wenig. Sie versorgen bis zu 70. Das Gebäude aus den 70er-Jahren, das gleich neben der Aldi-Süd-Zentrale steht, ist nach Unternehmensangaben zu klein geworden und stark modernisierungsbedürftig. Gleichwohl hatte Aldi Süd in jüngster Vergangenheit Grundstücke benachbarter Unternehmen, die hinter dem eigenen Lager liegen, aufgekauft und nutzbar gemacht. Der Discounter ließ dafür sogar einen Radweg verlegen, um eine neue Zufahrt zu bauen. Um sie zu realisieren, investierte Aldi Süd in ein Brücken- und Rampenbauwerk.

Doch nun hat die Geschäftsführung entschieden, das Logistikzentrum aus wirtschaftlichen Gründen ganz aufzugeben. Wie der freiwerdende Raum genutzt wird, ließ eine Sprecherin am Mittwoch noch offen. Ziel, „aber noch Zukunftsmusik“ sei allerdings, möglichst alle Mitarbeiter aus der Verwaltung des nationalen Geschäfts an einem zentralen Standort zu versammeln. Aktuell sind Mitarbeiter auch an der Luxemburger Allee in Mülheim-Saarn, am Duisburger Innenhafen und an der Schifferstraße in Duisburg untergebracht. Mitarbeiter aus Saarn werden ohnehin 2020 zur Zentrale in Mülheim-Styrum umziehen, wenn dort ein weiterer Neubau fertiggestellt ist.

Aldi Süd: Es soll keine weiteren Schließungen bei Regionalgesellschaften geben

Bei Aldi ist ohnehin einiges in Bewegung. Auch wenn ein Sprecher versichert, dass nach der Schließung von Mülheim und Roth keine weiteren der dann 28 Regionalgesellschaften zur Disposition stehen, baut Aldi Süd seinen Standort in Salzburg aus.


Von dort aus wird zum großen Teil das internationale Geschäft gesteuert, das im Konzern eine immer größere Bedeutung erhält. Aber auch am Stammsitz in Mülheim sitzen Abteilungen der Aktivitäten in Österreich, USA, Großbritannien, Irland, Australien, Schweiz, Slowenien, Ungarn, China und Italien, darunter die IT und Teile des Einkaufs. Nach Österreich seien von Mülheim aus aber nur einige Dutzend Arbeitsplätze verlagert worden.

Um der wachsenden Bedeutung des Auslands Rechnung zu tragen, ist Aldi Süd aktuell dabei, die Regionalgesellschaften von GmbH & Co. KGs in Europäische Aktiengesellschaften (SE Co. KGs) umzuwandeln. „Für Mitarbeiter, Kunden und Geschäftspartner von Aldi Süd wird es durch die Umstellung zu einer SE zu keinen Änderungen kommen“, hatte eine Sprecherin des Discounters im Oktober versichert. Mülheim bleibe Stammsitz und Herz des Familienunternehmens, heißt es.