Bochum. Chef der GLS Bank aus Bochum im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“: Thomas Jorberg sieht in der Klimakrise mehr Gefahren als durch Corona.

Wenn die Klimaaktivisten von Fridays for Future auf die Straße gehen, können sie sich der Unterstützung der GLS Bank sicher sein. Schon im Jahr 2019 schloss sich das Bochumer Finanzunternehmen nach eigenen Angaben als erste Bank dem Aufruf zum globalen Klimastreik an. Ein Großteil der Beschäftigten werde sich auch diesmal – beim Protest am Freitag vor der Bundestagswahl – beteiligen, sagt Bankchef Thomas Jorberg im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“. Dazu müsse er die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht offiziell auffordern.

Die GLS Bank gilt als Deutschlands führende Nachhaltigkeitsbank – und hat in den vergangenen Jahren viel Zulauf von Kundinnen und Kunden erfahren. Mehr als 300.000 sind es mittlerweile – Tendenz steigend. In vielerlei Hinsicht hebt sich die GLS Bank von anderen Geldhäusern ab. So nennt sie beispielsweise die Namen ihrer Kreditnehmer. Kitas, Windparks oder Wohnprojekte: Akribisch listet die GLS Bank auf, wer in welcher Höhe einen Kredit erhalten hat. Durch Transparenz will die Bank unter Beweis stellen, dass sie mit dem Geld ihrer Kunden nicht spekuliert, sondern das Kapital sinnvoll einsetzt.

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Ob es auch vorstellbar sei, dass die GLS Bank den Bau eines grünen Stahlwerks mitfinanziert? „Grundsätzlich schauen wir darauf, wenn wir Unternehmen finanzieren: Ist im Kern ihrer Geschäftspolitik die Nachhaltigkeit tatsächlich enthalten?“, erläutert Jorberg. Sofern ein Stahlunternehmen sagen würde, „wir stellen uns komplett um“, sei eine finanzielle Beteiligung durchaus möglich. Es komme aber darauf an, dass nicht nur ein Teil des Unternehmens grün und CO2-neutral sei, ein anderer, umweltbelastender Teil hingegen weiter mit Gewinnen betrieben werde.

Ruf nach höherem Preis für CO2

Mit Blick auf Energieunternehmen wie RWE kritisiert der Bankchef, dass die Konzerne trotz der strategischen Neuorientierung „noch die alten Kohle-Dreckschleudern laufen“ ließen. Die Politik sei gefordert, durch einen höheren Preis für den Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid (CO2) den Druck auf die Stromerzeuger zu erhöhen, fordert Jorberg.

Wie weit geht Jorberg bei seiner Unterstützung der Klimaaktivisten? Ist es etwa hinnehmbar, wenn Demonstranten unbefugt das Betriebsgelände von RWE im rheinischen Braunkohlerevier betreten? „Die haben meine Sympathie, das zu tun“, sagt der Bankchef dazu. „Gewisser ziviler Ungehorsam ist offensichtlich notwendig, um Politik zum Handeln zu bringen.“

Warnung vor Lockdowns wegen der Klimakrise

Vom Klimawandel gehe eine größere Gefahr aus als von der Corona-Pandemie, urteilt Jorberg. Schon heute gebe es viele Tote durch die Wetterereignisse, Brände, Stürme und Überflutungen infolge der Erderwärmung. „Wenn wir noch zehn, zwanzig Jahre so weitermachen, wird es Lockdowns geben müssen für CO2-emittierende Industrien“, mahnt der Chef der GLS Bank. „Die Bedrohung ist enorm.“

Um einer Klimakatastrophe entgegenzuwirken, müsse auch die künftige Bundesregierung viel konsequenter handeln als bisher. Die Aussage, dies lasse sich nicht finanzieren, sei angesichts der Erfahrungen aus der Corona-Krise nicht mehr haltbar, betont Jorberg. Es habe sich gezeigt, wie schnell Entscheidungen möglich gewesen seien, etwa beim Ausrufen von Lockdowns oder den Beschlüssen zu staatlichen Programmen zur Bekämpfung der Corona-Folgen. „Da hat kein Mensch auf Geld geachtet. Es war klar: Alles, was das kostet, wird investiert, um diese Krise abzuwenden“, sagt Jorberg.

In der Corona-Politik stelle sich aus seiner Sicht die Frage: „Wann sind die medizinischen Vorkehrungen und Möglichkeiten so weit entwickelt, dass die politischen zurückgefahren werden können?“ Wann also gebe es angesichts von Impfungen und Behandlungsmöglichkeiten keinen Grund mehr, Freiheitsrechte einzuschränken?

„Kritische Reflexion“ zum Thema Corona-Impfstoff

Schon im vergangenen November hatte Jorberg in einem auf Facebook veröffentlichten Video eine „kritische Reflexion“ zum Thema Corona-Impfstoff formuliert. Er sei zwar „überhaupt kein Impfgegner“, er sehe aber „eine Verpflichtung, jetzt in Vorsicht und genau hinzuschauen“, insbesondere mit Blick auf mögliche Risiken durch eine „Anwendung eines Impfstoffes, der nicht wirklich erprobt“ sei.

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Im Podcast „Die Wirtschaftsreporter“ bekräftigt Jorberg seine Einschätzung, es sei noch zu wenig bekannt, „welche Nebenwirkungen“ die Impfstoffe „auf Dauer“ hätten. „Es gibt keine Langzeiterfahrungen in Bezug auf die Nebenwirkung dieser Impfung“, sagt er. Es gehe also um „eine Risikoabwägung“ der Gesellschaft und jedes einzelnen Menschen. Jorberg betont indes auch, es sei gut für die Eindämmung der Pandemie, wenn sich ein großer Teil der Bevölkerung für eine Impfung entscheide. Eine Impfpflicht lehnt Jorberg allerdings entschieden ab. Es dürfe niemand zu einer Impfung gezwungen werden. „Von einer Impfpflicht halte ich überhaupt nichts, obwohl ich selber geimpft bin.“