Essen. Die Energiekonzerne RWE, Eon und Uniper sehen die Zuspitzung in der Ukraine mit größter Sorge. Die Gaspreise steigen bereits weiter nach oben.
Der Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine, die Bilder von Raketeneinschlägen und fliehenden Menschen haben am Donnerstag (24. Februar) auch in den Vorstandsetagen der NRW-Wirtschaft und ihren Verbänden viele zunächst sprachlos gemacht. Wahrscheinlich nicht ganz zufällig fanden die Energiemanager zuerst Worte für den ersten Krieg auf europäischem Boden in diesem Jahrtausend. „Schockiert“ zeigte sich RWE-Chef Markus Krebber, „Krieg in Europa – Schlagzeilen wie diese sollten der Geschichte angehören“, schrieb er auf dem Netzwerk Linkedln. Und: „Wir lernen nun auf die schmerzlichste Weise, dass wir unsere Freiheit und Frieden niemals für selbstverständlich halten dürfen.“
Eon, Deutschlands mit Abstand größter Energieversorger, sprach von einem „schwarzen Tag für Europa“ und betonte: „Wir sind in Gedanken bei den Menschen in der Ukraine.“ Der Düsseldorfer Stromerzeuger Uniper äußerte sich auf Anfrage „zutiefst besorgt“ über die Zuspitzung in der Ukraine. Europäer wüssten aus ihrer Geschichte, „dass Krieg der schlechteste Weg ist, um politische Konflikte zu lösen, und wir wissen um das große Leid, das Krieg für die Menschen bedeutet.“
Uniper hat die engsten Beziehungen zu Russland
Die frühere Eon-Tochter Uniper hat die engsten Verbindungen aller deutschen Energiekonzerne mit Russland, ist nach eigenen Angaben auch größter deutscher Kunde von Gazprom, dem von Putin kontrollierten Staatskonzern, der auf den größten Erdgasreserven der Welt sitzt. So ist Uniper auch an der von Deutschland nun auf Eis gelegten Ostseepipeline Nordstream 2 beteiligt, deren Betreibergesellschaft von den USA nun zusätzlich mit Sanktionen belegt wurde.
Uniper erklärte am Donnerstag: „In dieser Situation gilt unsere ganze Aufmerksamkeit unseren Mitarbeitern und Kunden. Unsere Aufgabe ist es, die Energieversorgung zu sichern, unsere Kunden sind bei der Versorgung mit Strom, Gas und Wärme auf uns angewiesen.“ Und fügte an: „Dies ist auch in Russland der Fall.“ Denn die Russland-Tochter Unipro betreibt fünf Gas- und Kohlekraftwerke in den Industrieregionen Zentralrussland, Ural und Westsibirien, deckt nach eigenen Angaben fünf Prozent des russischen Strombedarfs.
Gaspreis an den Energiebörsen stieg sprunghaft an
Die Eskalation in der Ukraine schlug sich unmittelbar auf die Energie-Echtzeitpreise an den Spotmärkten nieder: Die deutsche Energiebörse EEX notierte die Megawattstunde Erdgas am Donnerstag mit über 90 Euro, zehn Euro höher als am Vorabend des russischen Einmarschs und rund 25 Prozent höher als noch am Dienstag. Zum Vergleich: Vor zwei Jahren lag der Tagespreis um die zehn Euro.
Derlei Ausschläge kommen beim Endverbraucher so zwar nicht an, aber sie verheißen auch nichts Gutes für die nahe Zukunft. In Deutschland heizen Privathaushalte ihre Wohnungen vorwiegend mit russischem Gas, zudem sind viele Industrieunternehmen auf Gas als Brennstoff angewiesen, der zuletzt auch wieder verstärkt für die Stromerzeugung gebraucht wurde.
Eon rechnet mit dauerhaft hohen Preisen
„Zu konkreten Auswirkungen für die Endkunden können wir Stand heute noch nichts sagen“, erklärte Eon auf Anfrage, das in Deutschland 14 Millionen Privat- und Industriekunden mit Strom und Gas versorgt. Dabei werde es auch auf die Reaktion der Bundesregierung ankommen, die Hilfen angekündigt hat. Eon setzt auf eine „Entlastung der Preise durch die Politik durch eine allgemeine Senkung von Steuern und Abgaben sowie ergänzend gezielten Maßnahmen zum Schutz besonders betroffener Kundengruppen“.
Der Essener Dax-Konzern registrierte den sprunghaften Anstieg der Preise an den Spotmärkten aber mit Sorge. „Auf den Großhandelsmärkten sehen wir aktuell einen nochmaligen Anstieg der Preise für Strom und Gas – ausgehend von bekanntlich bereits sehr hohem Niveau. Es bleibt abzuwarten, wie die Entwicklung langfristig verläuft – vieles spricht dafür, dass Preise wohl länger hoch bleiben“, befürchtet Eon. Finanzchef Marc Spieker sagte der Börsen-Zeitung, russisches Gas könne „mittelfristig nicht ersetzt werden. Dafür fehlten „Alternativen in der Gasimportinfrastruktur“.