Essen. NRW-Ministerin Ina Scharrenbach fordert die Stadt Leverkusen auf, die Abwerbung von Revierfirmen zu stoppen. „Absolut unsolidarisch“, meint sie.

Der Werbebrief mit Steuerspartipps aus Leverkusen schlägt Wellen. Scharfe Kritik an dem Abwerbeversuch von Firmen aus dem Ruhrgebiet übte am Freitag auch die Landesregierung.

„Das Verhalten von Leverkusen ist absolut unsolidarisch“, sagte NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) unserer Redaktion und fordert Konsequenzen. „Ich gehe davon aus, dass der Oberbürgermeister von Leverkusen die Initiative der stadteigenen Wirtschaftsförderung unterbindet. Das gehört sich einfach nicht.“

Deutlicher kann ein Machtwort der zuständigen Dienstherrin nicht ausfallen. Wie berichtet, hat die Wirtschaftsförderung der Stadt Leverkusen einen Brief verschickt, in dem sie aktiv darum wirbt, Teile von Unternehmen an den Rhein zu verlagern, damit sie dort von der stark gesenkten Gewerbesteuer profitieren können. „Ein Umzug mit dem ganzen Betrieb“ sei ja nicht erforderlich, heißt es in dem Schreiben, das neben einem Prokuristen auch Markus Märtens unterzeichnet hat. Der Christdemokrat ist Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung und Stadtkämmerer im Rathaus.

Empörung im Ruhrgebiet

Bei Oberbürgermeistern aus dem Ruhrgebiet und der Business Metropole Ruhr war das Gebaren aus Leverkusen auf Empörung gestoßen. Von „Kannibalisierung“ und „Bananenrepublik“ war die Rede. Zumal den hoch verschuldeten Revierstädten die Hände gebunden sind. Einem Erlass der Landesregierung zufolge dürfen Gemeinden im „Stärkungspakt“ ihre Steuerhebesätze nicht senken.

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IHKs und Unternehmensverbände kritisieren immer wieder die hohe Steuerlast im Ruhrgebiet. An der Spitze liegt Oberhausen mit einem Gewerbesteuerhebesatz von 580 Prozent. Leverkusen senkte im Mai vergangenen Jahres auf 250 Prozent und erhielt dafür die Ausnahmegenehmigung der Bezirksregierung Köln. Der Grund: Die Stadt laufe nicht Gefahr, durch die Steuersenkung in die Überschuldung abzugleiten.

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Im Dezember 2019 hatte Ministerin Scharrenbach bereits in einer Pressemitteilung darauf hingewiesen, dass die Senkung der Gewerbesteuer nicht durch Aufschläge an anderer Stelle kompensiert werden dürfe. Die „vorgeschlagene Erhöhung der Grundsteuer B“, schrieb die CDU-Politikerin, könne deshalb „nur ein Versehen sein kann, denn: es ist sicherlich politisch nicht vermittelbar, dass die Absenkung des Gewerbesteuerhebesatzes durch eine Belastung von Familien, Rentnerinnen und Rentner, kurzum der Wohnbevölkerung in Leverkusen gegenfinanziert werden soll“.

Anfragen unserer Redaktion bei der Leverkusener Stadtverwaltung und der Wirtschaftsförderung blieben sowohl am Donnerstag als auch am Freitag unbeantwortet.