Essen. Wer einen Tesla nach sechs Monaten weiterverkauft, streicht die E-Prämie ein. Händler machen damit Geschäfte. Bund will Haltedauer verlängern.

Umsonst einen Tesla fahren? Das klingt trotz Kaufprämie der Regierung und Zwangsrabatt der Hersteller für Elektroautos nicht sehr seriös. Ein Online-Autohändler aus Mönchengladbach verspricht aber genau dies – und macht sich dafür die „Innovationsprämie“ zunutze, die der neue Bundeswirtschaftminister Robert Habeck (Grüne) jüngst bis Jahresende verlängert hat. Da letztlich der innovative Händler auf legale Weise von der Prämie profitiert und jeder private Autokäufer sein Konzept kopieren könnte, stellt sich die Frage, wie zielgenau die Kaufprämie wirkt.

Das Objekt der Begierde ist das Model 3 des amerikanischen E-Auto-Pioniers Tesla, sein erstes Massenauto. Von den im vergangenen Jahr 356.000 in Deutschland verkauften E-Autos war nach Daten des Kraftfahrtbundesamtes fast jedes zehnte (35.200) ein Tesla 3. Wer einen neuen bestellt, muss derzeit je nach Ausführung fünf Monate und länger warten.

Lange Wartezeiten auf E-Autos von VW, Audi, BMW und Tesla

Laut Auswertungen verschiedener Verkaufsportale sind die Wartezeiten bei den deutschen Herstellern oft noch länger, ein elektrischer VW (ID.3/4/5) lässt derzeit ein Jahr auf sich warten, so die Erfahrung etwa des Vermittlungsportals instadrive, ein Audi Q4 e-tron zehn Monate, ein BMW i4 neun Monate. Die Angaben anderer Portale wie carwow weichen maximal um zwei Monate ab. Einige Modelle sind derzeit gar nicht bestellbar. Und der Gebrauchtwagenmarkt für E-Autos muss erst noch entstehen. Das treibt die Preise.

Hier setzt das Konzept von Sascha Schmitz an, der Elektroautos vor allem von Tesla, aber auch anderer Hersteller an- und verkauft, derzeit die Tesla-Modelle 3 und Y sowie etwa den Fiat 500e. Er wirbt in seinem reinen Online-Autohaus damit, dass Privatleute und auch gewerbliche Kunden einen Tesla sechs Monate gratis fahren können. Der Trick: Das Auto wird beim Hersteller für beispielsweise 42.000 Euro gekauft, etwa soviel kostet derzeit die günstigste Version des Model 3. Der Kunde holt sich die staatliche 6000-Euro-Prämie vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle – und verkauft den Wagen verbindlich nach einem halben Jahr an Schmitz weiter, für 36.000 Euro. Unterschreibt er einen solchen Vertrag nach der Bestellung seines Tesla, muss er den Wagen nach einem halben Jahr verkaufen, behalten darf er ihn nicht.

Der trickreiche Nullsummenkauf eines Tesla

Was für den Kunden zum Nullsummenkauf wird, gerät für den Händler zum Renditebringer. Denn er erhält eine echte Rarität – einen gebrauchten Tesla mit sehr geringer Laufleistung. Schmitz bietet die angekauften Wagen der US-Edelmarke dann zu einem deutlich höheren Preis wieder an, der dem Neuwert nahekommt. Warum er das kann? Weil die Nachfrage nicht nur in Deutschland sehr hoch ist, sondern europaweit, vor allem in Skandinavien. Besonders Dänen zahlen aufgrund höherer Steuern und der Preispolitik von Tesla deutlich mehr für Elektroautos, gebrauchte aus Deutschland sind für sie echte Schnäppchen.

Das Tor gen Norden ist wichtig – denn in Deutschland funktioniert der Trick mit der Kaufprämie nur einmal – bei einem Weiterverkauf an einen deutschen Kunden kann dieser nicht erneut den Bonus vom Staat erhalten, er wird nur einmal je Auto gewährt. Was Schmitz macht, kann auch jeder private Autokäufer machen. Wer einen neuen Tesla kauft, kann ihn nach einem halben Jahr nach den aktuell in Dänemark zu erzielenden Preisen zum Neupreis oder noch teurer verkaufen – und streicht die Staatsprämie für sich ein. Der Wertverlust nach einem halben Jahr betrüge aber auch in Deutschland nicht 6000 Euro, einer Studie des CAR-Instituts zufolge verlieren E-Autos nach zwei Jahren im Schnitt nur ein Fünftel ihres Wertes, besonders beliebte Modelle weniger.

Deutsche Prämie für E-Autos in Dänemark

Der umtriebige Händler wird offenbar von der Nachfrage überrannt – mit Verweis auf die enorme Resonanz wollte er sich auf Anfrage nicht zu seinem Geschäftsmodell äußern. Auch nicht zur politisch relevanten Frage, ob die Bundesregierung mit ihrer Kaufprämie derlei Handel im Sinn habe. Verboten ist das nicht, die Mindesthaltedauer als Voraussetzung für die Prämie beträgt genau jene sechs Monate. Ziel der Kaufprämie sollte aber wahrscheinlich nicht sein, dass deutsche Kunden ein halbes Jahr einen Tesla fahren, der anschließend die CO2-Bilanz von Dänemark verbessert.

Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte auf Anfrage unserer Redaktion, es habe dieses Problem erkannt und wolle das Förderdesign 2023 ändern. Dabei solle die Förderung „deutlich stärker auf den Klimaschutz“ ausgerichtet werden. Gleichzeitig nehme das Ministerium auch die Thematik der Mindesthaltedauer in den Blick. „Hier werden aktuelle mögliche Anpassungen, das heißt Verlängerungen der Mindesthaltedauer, geprüft“, heißt es offiziell.

Ministerium will Haltefrist ab 2023 verlängern

Aus Kreisen des Ministeriums war indes zu erfahren, dass die die Mindesthaltedauer ab 2023 auf ein Jahr verdoppelt werde. Wer sein gefördertes E-Auto vorher verkaufe, müsse die Förderung zurückzahlen. Da der Wertverlust nach 12 Monaten deutlich höher sei, werde der Weiterverkauf in europäische Ausland unattraktiver.