Düsseldorf. .

Das Aktionsbündnis der LEG-Mieter fordert Ministerpräsidentin Kraft auf, für zugesagte Modernisierungen zu kämpfen. Millionenschwere Erneuerungsvorhaben etwa in Dortmund oder Dorsten seien zurückgezogen worden.

Hedgefonds-Siedlungen

Immobilienfonds kaufen Wohnungen, die sie aber nicht genügend pflegen. Wie im Fall der Siedlung Jungferntahl in Dortmund-Rahm. Mieterin Frieda Weiss beklagt beispielsweise Schäden an Balkon und und Hauswänden.
Immobilienfonds kaufen Wohnungen, die sie aber nicht genügend pflegen. Wie im Fall der Siedlung Jungferntahl in Dortmund-Rahm. Mieterin Frieda Weiss beklagt beispielsweise Schäden an Balkon und und Hauswänden. © WAZ
Die Wohnung der Seniorin ist kein Einzelfall in der Siedlung, ...
Die Wohnung der Seniorin ist kein Einzelfall in der Siedlung, ... © WAZ
... wie die Bilder beweisen. Früher soll es in der Siedlung einmal richtig hübsch gewesen sein, beklagt Mieterin Frieda Weiß.
... wie die Bilder beweisen. Früher soll es in der Siedlung einmal richtig hübsch gewesen sein, beklagt Mieterin Frieda Weiß. © WAZ
Auch in Gelsenkirchen-Hassel gibt es Mieterärger...Auch das Badezimmer und das Schlafzimmer Bulazars sind vom Schimmel befallen. Die Wohneinheiten sind Eigentum der Deutschen Annington. Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool
Auch in Gelsenkirchen-Hassel gibt es Mieterärger...Auch das Badezimmer und das Schlafzimmer Bulazars sind vom Schimmel befallen. Die Wohneinheiten sind Eigentum der Deutschen Annington. Foto: Joachim Kleine-Büning/WAZ Fotopool © WAZ Fotopool
In der Wohnung am Eppmannweg 96 von Mieter Ismail Bulazar (40, Schweisser) hat sich in der Küche Schimmel gebildet.
In der Wohnung am Eppmannweg 96 von Mieter Ismail Bulazar (40, Schweisser) hat sich in der Küche Schimmel gebildet. © WAZ Fotopool
Karl-Heinz Schempershauwe und Klaus Arnecke (li.) von der Hasseler-Annington-Mieterinitiative kennen solche Probleme. Sie versuchen immer wieder, den Mietern zu helfen im Streit mit der Wohnungsgesellschaft.
Karl-Heinz Schempershauwe und Klaus Arnecke (li.) von der Hasseler-Annington-Mieterinitiative kennen solche Probleme. Sie versuchen immer wieder, den Mietern zu helfen im Streit mit der Wohnungsgesellschaft. © WAZ Fotopool
In fast jedem Raum seiner Wohnung in der Friesenstraße im Dortmunder Stadtteil Eving hat Christian Gerlach kennt das Schimmel-Problem. Seine Wohnung im Dortmunder Stadtteil Eving ist feucht, in fast jedem Raum wuchert der Schimmel.
In fast jedem Raum seiner Wohnung in der Friesenstraße im Dortmunder Stadtteil Eving hat Christian Gerlach kennt das Schimmel-Problem. Seine Wohnung im Dortmunder Stadtteil Eving ist feucht, in fast jedem Raum wuchert der Schimmel. © WAZ FotoPool
Der Vermieter, die Wohnungsgesellschaft Deutsche Annington, weist die Schuld den Mietern zu.
Der Vermieter, die Wohnungsgesellschaft Deutsche Annington, weist die Schuld den Mietern zu. © WAZ FotoPool
Ist die Tapete runter, zeigt sich das ganze Ausmaß des Problems. Risiken für die Gesundheit sind nicht ausgeschlossen.
Ist die Tapete runter, zeigt sich das ganze Ausmaß des Problems. Risiken für die Gesundheit sind nicht ausgeschlossen. © WAZ FotoPool
Auch im Dortmunder Stadtteil Eving gibt es Probleme bei Wohnungen der Deutschen Annington. Die Bausubstanz der Wohnungen ist heruntergekommen.Die Deutsche Annington plant ihre Bestände von rund 80 Wohnungen in der Volmarsteiner Straße im westlichen Kreuzviertel zu modernisieren. Geplant ist eine Wärmedämmung, aber keine Erneuerung der knapp 30 Jahre alten Fenster. Gegen die geplante Mieterhöhung auf ca. 6,00Euro pro qm haben sich viele Mieter in der " Mieterinitiative Volmarsteiner Straße " zusammengeschlossen. Verwahrloste Kellertreppe
Auch im Dortmunder Stadtteil Eving gibt es Probleme bei Wohnungen der Deutschen Annington. Die Bausubstanz der Wohnungen ist heruntergekommen.Die Deutsche Annington plant ihre Bestände von rund 80 Wohnungen in der Volmarsteiner Straße im westlichen Kreuzviertel zu modernisieren. Geplant ist eine Wärmedämmung, aber keine Erneuerung der knapp 30 Jahre alten Fenster. Gegen die geplante Mieterhöhung auf ca. 6,00Euro pro qm haben sich viele Mieter in der " Mieterinitiative Volmarsteiner Straße " zusammengeschlossen. Verwahrloste Kellertreppe © WAZ FotoPool
Jetzt will die Wohnungsgesellschaft nachbessern und die rund 80 Wohneinheiten modernisieren. Geplant ist eine Wärmedämmung, aber keine Erneuerung der knapp 30 Jahre alten Fenster.
Jetzt will die Wohnungsgesellschaft nachbessern und die rund 80 Wohneinheiten modernisieren. Geplant ist eine Wärmedämmung, aber keine Erneuerung der knapp 30 Jahre alten Fenster. © WAZ FotoPool
Anderer Ort, das gleiche Problem: In der Hattinger Wohnung der 24-jährigen Janine Herden macht sich ebenfalls Schimmel breit - in den Ecken der Zimmer und an den Außenwänden am Moselweg.
Anderer Ort, das gleiche Problem: In der Hattinger Wohnung der 24-jährigen Janine Herden macht sich ebenfalls Schimmel breit - in den Ecken der Zimmer und an den Außenwänden am Moselweg. © WAZ FotoPool
Vermieter der 24-Jährigen ist ebenfalls die Deutsche Annington.
Vermieter der 24-Jährigen ist ebenfalls die Deutsche Annington. © WAZ FotoPool
Selber Vermieter, diesmal in Duisburg. Verena Feck wohnt in einer Wohnung in Rheinhausen, in der über Monate die Heizung nicht funktionierte. Die Mieterin wusste sich nicht anders zu helfen, als sich in Decken zu hüllen, um der Kälte zu trotzen.
Selber Vermieter, diesmal in Duisburg. Verena Feck wohnt in einer Wohnung in Rheinhausen, in der über Monate die Heizung nicht funktionierte. Die Mieterin wusste sich nicht anders zu helfen, als sich in Decken zu hüllen, um der Kälte zu trotzen. © WAZ FotoPool
Gelsenkirchen-Bulmke, Hohenzollernstraße: Auch in der Wohnung von Elisabeth E. hat sich Schimmel gebildet.
Gelsenkirchen-Bulmke, Hohenzollernstraße: Auch in der Wohnung von Elisabeth E. hat sich Schimmel gebildet. © WAZ FotoPool
Ein Problem, das auch Ute Korte kennt. Die Mieterin wohnt in der Reichelsiedlung in Rheinberg. Fotos: Stefan Arend, Joachim Kleine-Büning, Svenja Hanusch, Friedhelm Geinowski, Martin Möller, Gisela Weißkopf
Ein Problem, das auch Ute Korte kennt. Die Mieterin wohnt in der Reichelsiedlung in Rheinberg. Fotos: Stefan Arend, Joachim Kleine-Büning, Svenja Hanusch, Friedhelm Geinowski, Martin Möller, Gisela Weißkopf © Foto: Gisela Weißkopf
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Auch mehr als zwei Jahre nach dem Verkauf von rund 93 000 landeseigenen Wohnungen (LEG NRW) an eine sogenannte Heuschrecke beschäftigen Mieterbeschwerden die Landespolitik.

So hat das Aktionsbündnis „Zukunft der LEG“ aus Bochum hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Freitag in einem offenen Brief aufgefordert, für die Einhaltung von zugesicherten Modernisierungsauflagen zu kämpfen.

Dem Land entstehe „ein hoher wirtschaftlicher und wohnungspolitischer Schaden“, weil der Investor Whitehall-Fonds/Goldman-Sachs die beim Verkauf mit der damaligen schwarz-gelben Landesregierung ausgehandelte Sozialcharta umgehe. So wurden vertraglich zugesagte millionenschwere Erneuerungsvorhaben etwa in Dortmund-Wickede oder Dorsten-Barkenberg zurückgezogen. „Bitte erklären Sie öffentlich Ihre Missbilligung über die unterlassenen Investitionen der LEG NRW in ihren Wohnungsbestand“, appelliert das Aktionsbündnis an Kraft.

Investor interpretiert „bundesweit einmalige Sozialcharta“ anders

Die neuen Eigentümer hatten bereits im Frühjahr 2009 erkennen lassen, dass sie die vom ehemaligen NRW-Finanzminister Helmut Linssen (CDU) als „bundesweit einmalig“ gerühmte Sozialcharta anders interpretieren als das Land. Deshalb rangeln derzeit Vertreter von Whitehall und der Landesregierung in einem „Interpretationsausschuss“ um die Auslegung von Schutzbestimmungen zu Miethöhe und Instandhaltung.

Eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Abgeordneten Daniela Schneckenburger zum Stand der Verhandlungen beantwortete Bauminister Harry Voigtsberger (SPD) ausweichend: „Details zur Verhandlungsführung und zur Argumentation der Landesregierung können mit Blick auf das laufende Verfahren nicht genannt werden.“

Neue Großinvestitionen „werden erst gar nicht begonnen“

Zentraler Streitpunkt ist die Frage, ob Regeln zur Sozialcharta auch im Falle eines Weiterverkaufs vollständige Geltung behalten. Whitehall kommt offenbar zur Einschätzung, dass die Instandhaltungsregeln und eine Beschränkung der Miethöhe einem „einzelnen Interessenten“, der eine oder mehrere LEG-Immobilien erwerben will, nicht in den Kaufvertrag geschrieben werden dürfen.

Das Aktionsbündnis „Zukunft der LEG“ sieht schon jetzt sein Misstrauen in den Finanzinvestor bestätigt. „Begonnene und vertraglich vereinbarte Umbau- und Modernisierungsprojekte werden noch abgeschlossen, allerdings teilweise auch schon in abgespeckter Form. Neue Großinvestitionen werden erst gar nicht mehr begonnen“, beklagen sich die Mieter bei Ministerpräsidentin Kraft, die sich als Oppositionsführerin schon 2006 gegen die Privatisierung ausgesprochen hatte.

Der Landtag sieht die schwierige Lage zwischen Privatisierungsdruck und sozialer Verantwortung und hat eine Kommission eingerichtet, die einen sperrigen Namen trägt: „Wohnungswirtschaftlicher Wandel und neue Finanzinvestoren auf den Wohnungsmärkten in NRW.“ Bernhard von Grünberg, Vorsitzender des Mieterbundes NRW, hält das für das richtige Signal: „Große Teile des ehemals vorhandenen und für einkommensschwächere Mieter attraktiven Wohnraums sind teilweise bis zur Unbewohnbarkeit heruntergewirtschaftet und stehen leer.“