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Nach dem Brand einer Jet-Turbine beim Riesen-Airbus A380 gerät der britische Flugmotorenbauer Rolls-Royce weiter unter Druck. Schon jetzt muss Rolls-Royce pro Tag Standzeit eines jeden Qantas-Fliegers gut 140 000 Euro Schadensersatz bezahlen.

Rolls-Royce baute vor 75 Jahren den berühmtesten Flugzeugmotor überhaupt. Mit dem zwölfzylindrigen Merlin wurde die Luftschlacht um England gewonnen. Jetzt geht es um die Zukunft des britischen Flugmotorenspezialisten. Nach dem Brand einer der vier Rolls-Royce-Turbinen eines Riesen-Airbus A380 von Qantas am Donnerstag steht das Unternehmen unter Druck.

Der doppelstöckige Jet mit 433 Passagieren an Bord konnte nach Singapur zurückkehren. Das links angebrachte Triebwerk war in Brand geraten. Abreißende Teile durchschlugen die Tragfläche und beschädigten Elektronik und Mechanik. Das Nachbartriebwerk konnte nach der Landung nicht mehr abgeschaltet werden. Die australische Fluglinie Qantas lässt seitdem ihre sechs A380, das größte Passagierflugzeug der Welt, am Boden, bis der Defekt einwandfrei identifiziert ist.

Es zeichnet sich ab, dass das knapp elf Millionen Euro teure Triebwerk mit dem Namen Trent 900 überdurchschnittlich schnell verschleißt. Bei drei Qantas-A380 wurden ähn­liche Öllecks gefunden wie bei der notgelandeten Maschine. Nicht ausgeschlossen ist, dass die Luftaufsichtsbehörde die Zulassung der Turbine zurückzieht.

„Motorenversagen bei Flugzeugen sehr selten geworden“

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Von DerWesten

Schon jetzt muss Rolls-Royce pro Tag Standzeit eines jeden Qantas-Fliegers nach Expertenschätzung gut 140 000 Euro Schadensersatz bezahlen. Anders als 1971 sehen die Analysten keine Gefahr für Rolls-Royce, das zu den letzten renommierten britischen Industrieunternehmen zählt. Damals brachte ei­ne Triebwerksfehlkonstruktion den Konkurs. Zumindest stabilisierte sich die Rolls-Royce-Aktie am Montag, nach­dem sie am Wochenende gut zehn Prozent oder 1,1 Milliarden Euro an Wert verloren.

Bei der Lufthansa sowie wei­teren Airlines fliegt der A380 weiter. Hier werde, so Cockpit-Sprecher Jörg Handwerg gegenüber dieser Zeitung, eine andere Version (970) des Trent 900 eingesetzt, bei Qantas dagegen die Version 972. Die Sofortüberprüfungen, die Rolls-Royce oft selbst als Dienstleistung für die Airlines durchführt, hätten keine Auffälligkeiten ergeben.

Grundsätzlich seien Motorenversagen bei Flugzeugen sehr selten geworden. „Die wenigsten Piloten erleben in ihrer Karriere einen Triebwerksausfall“, so Lufthansa-Pilot Handwerg. Auch beim Ausfall von zwei Triebwerken, auch auf der selben Flügelseite, sei der A380 ge­fahr­los zu steuern. „Ein Jumbo fliegt noch mit einem Triebwerk.“

Das Problem sei bei diesem sogenannten „unkontrollierten Triebwerksversagen“, dass abfliegende Turbinenteile das Flugzeug beschädigt haben. Handwerg zog die Parallele zum Absturz der Concorde vor zehn Jahren. Herumfliegende Teile hatten die Triebwerkstanks in den Flügeln des Jets durchlöchert, worauf die Concorde in Brand geriet und abstürzte. Keiner überlebte.