Berlin. .
Vor allem in ländlichen Regionen droht ein Engpass bei der Ärzteversorgung. Dem soll nun eine neue Bedarfsplanung entgegenwirken. Darauf einigten sich am Montag Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler und seine Länderkollegen.
Bund und Länder wollen gemeinsam gegen den Ärztemangel vor allem in ländlichen Regionen vorgehen. Im ersten Halbjahr 2011 solle ein Versorgungsgesetz mit einer geänderten Bedarfsplanung auf den Weg gebracht werden, sagte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) nach einem Treffen mit seinen Länderkollegen am Montag in Berlin. Die Behauptung der Kassen, es gebe keinen generellen Ärztemangel, wies Rösler zurück.In manchen Regionen gebe es bereits heute de facto einen Mangel an Hausärzten, aber auch an Fachmedizinern wie etwa Augenärzten, sagte Rösler.
Durchschnittalter 55 Jahre
Angesichts der demografischen Entwicklung werde sich das Problem in den nächsten fünf bis zehn Jahren noch verschärfen. So liege das Durchschnittsalter der niedergelassenen Ärzte heute bei 55 Jahren. Es werde für viele zunehmend schwieriger, einen Praxisnachfolger zu finden.Laut Rösler soll die Bedarfsplanung daher künftig die demografische Entwicklung stärker berücksichtigen als bisher. In der Bedarfsplanung ist festgelegt, wie viele Ärzte welcher Fachrichtung sich in einem bestimmten Gebiet niederlassen dürfen. Auf Vorschlag des Gesundheitsministeriums soll eine Kommission die unterschiedlichen Positionen der Länder, Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Bundesärztekammer und des Spitzenverbandes der Krankenkassen zusammenbringen. Ziel sei es, „möglichst schnell zu politisch gemeinsamen Eckpunkten“ zu kommen.
Rösler hatte im vorfeld der Gespräche auch angeregt, unter anderem Hausbesuche und persönliche Gespräche besser zu honorieren.Der hessische Gesundheitsminister Stefan Grüttner (CDU) sagte: „Wer eine Praxis auf dem Land gründen will, sollte bei seiner Investition unterstützt werden.“ Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) forderte, die Rahmenbedingungen für Frauen im Arztberuf zu verbessern. Auch Teilzeitoptionen müssten möglich sein. Der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach sagte, Hausärzte auf dem Land müssten mehr verdienen als Fachärzte in der Stadt.
Verteilungsproblem statt Mangel
Auf die Forderung der Länder nach einem Mitspracherecht im gemeinsamen Bundesausschuss, in dem bisher Kassen, Ärzte, Krankenhäuser und Patientenverbände vertreten sind, reagierte Rösler allerdings zurückhaltend.Die Chefin des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Doris Pfeiffer, erklärte hingegen, Deutschland habe „so viele Ärzte wie noch nie“. Es gebe allerdings ein Verteilungsproblem. „In überversorgten Regionen haben wir 25. 000 Ärzte zu viel, in unterversorgten Gegenden – vor allem auf dem Land – fehlen 800 Mediziner“, sagte Pfeiffer der „Welt“. Finanzielle Anreize bewirkten wenig, um einen Mediziner aufs Land zu locken.
Erneute Kritik übte die GKV-Chefin am Sparpaket der Koalition für das Gesundheitswesen. Die Beitragszahler würden einseitig belastet, sagte Pfeiffer angesichts der zum 1. Januar 2011 geplanten Anhebung des Beitragssatzes zur gesetzlichen Krankenversicherung.Auch der Marburger Bund drängte auf Korrekturen der Gesundheitsreform. Es dürfe keine weiteren Abstriche an der finanziellen Ausstattung der Kliniken geben, sonst würden sich die Personalprobleme weiter verschärfen, sagte Hauptgeschäftsführer Armin Ehl am Montag bei der Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestages zum GKV-Finanzierungsgesetz. Auch die Sozialverbände warnten erneut vor einer einseitigen Belastung der Versicherten. Die Gesundheitsreform dürfe Patienten „nicht zur Melkkuh machen“, erklärte der Präsident des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Adolf Bauer. (afp/dapd)