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Der Stromanbieter Teldafax gerät ins Wanken: Das Unternehmen beglich mit hohen Vorauszahlungen seiner Kunden offene Rechnungen. Offenbar werden die 500.000 Kunden mit einem Schneeballsystem ausgenommen - Teldafax bestreitet das.

Die Werbung des größten unabhängigen Stromanbieters Deutschlands ist prominent besetzt. Rudi Völler, Sportdirektor des Bundesligisten Bayer Leverkusen, verspricht, man könne bei Teldafax bis zu 486 Euro im Jahr sparen, wenn man zum freien Wettbewerber der etablierten Stromkonzerne wechsle. „Die von Teldafax erledigen das für Dich“, verspricht die Werbung.

Allerdings scheint Teldafax dabei nicht an das Wohl seiner mehr als 500 000 Kunden zu denken, die das Unternehmen nach eigenen Angaben in den vergangenen Jahren gewinnen konnte. Nach Recherchen des Handelsblattes werden die Kunden nämlich wie bei ei­nem Schneeballsystem ausgenommen.

Wie Prüfer in einem internen Bericht enthüllen, der dieser Zeitung vorliegt, kaufte Teldafax Strom zu den üblichen Konditionen bei den Produzenten ein und gab ihn billiger an die Kunden weiter. So machte Teldafax zwar Verluste, konnte dafür aber massenhaft Kunden gewinnen. Und die brauchte Teldafax schließlich, um das Dumping-System aufrechtzuerhalten. Denn die neuen Kunden leisteten oft Vorauszahlungen von bis zu 1000 Euro, um Strom zu be­kommen. Diese Vorkasse nutzt Teldafax wiederum, um Verluste auszugleichen, neue Kunden zu gewinnen und Energie einzukaufen.

Bis 1000 Euro Vorkasse

Teldafax selbst bestreitet, dass es sich bei diesem Modell um ein Schneeballsystem handelt, mit dem Verbraucher ab­gezockt werden. Man habe stattdessen mit Investitionen Kunden gewonnen. Gleichzeitig gaben die Manager des Un­ternehmens aber zu, dass ihre Firma seit anderthalb Jahren bilanziell überschuldet sei. Ei­ne Konzernbilanz wurde letztmalig für 2007 vorgelegt. Man sei dabei, sich mit den Wirtschaftsprüfern auf einen Ab­schluss für 2008 zu einigen, heißt es. Eine normale Pommesbude stünde in dieser Situation vor der Pleite. Und dies schien zumindest ein Verantwortlicher bei Teldafax auch so zu sehen. Schon im Herbst 2009 drängte der damalige Finanzvorstand Alireza Assadi auf einen zügigen Insolvenzantrag, wie aus internen Unterlagen der Firma hervorgeht, die dieser Zeitung vorliegen. Doch statt den Weg in die geordnete Pleite zu gehen, wurde Assadi entlassen.

Teldafax sagt heute, man sei nicht insolvent und stehe auch nicht davor. Eine Kapitalerhöhung von zwölf Millionen Euro sei bis zum Ende des Jahres geplant. Schon im vergangenen Jahr habe man eine Kapitalerhöhung von 20 Millionen Euro gestemmt. „Bilanzielle Drucksituationen“ seien durch den „Aufbau stiller Re­serven“ aufgrund der Kundenentwicklung „schrittweise kompensiert“ worden. Übersetzt heißt das: Die Verträge mit den Kunden wurden von einer Teldafax-Tochter in die nächste geschaufelt. Dabei wurden die Kontrakte neu bewertet, weil die Verträge auch in Zukunft Geld bringen. Diese Erträge der Zukunft hat Teldafax dann benutzt, um heute die Bilanz zu polieren. Wie aus einer internen E-Mail hervorgeht, die dieser Zeitung vorliegt, haben die Wirtschaftsprüfer von Teldafax dem Unternehmen bis mindestens Ende September keine Fortführungsprognose testiert. Ohne diese aber ist Teldafax ruiniert und die Kunden müssen um ihre Vorauszahlungen fürchten.

Untreue in 176 Fällen

Wie etwa ein Klaus K. aus Mainz. Der Ex-Teldafax-Kunde wartet nun schon seit Mo­naten auf eine überfällige Rückerstattung, die ihm laut Abschlussrechnung beim Wechsel zu einem neuen Stroman­bieter zusteht. Mehrmalige Nachfragen bei Teldafax wurden abgewimmelt.

Dass eine solche Situation kriminell werden kann, müsste das Teldafax-Management eigentlich wissen. So wurde der Vordenker des Unternehmens, Michael Josten, vor drei Jahren wegen Untreue in 176 Fällen zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt. Josten hatte tausende Immobilienanleger mit ei­nem Schneeballsystem um ihr Geld gebracht. Das Landgericht Mannheim hatte dem Manager eine „er­hebliche kriminelle Energie“ bescheinigt. Bei Teldafax war Josten Vorstandschef und später Aufsichtsrat. Seine Haftstrafe trat er im Juni 2010 im Gefängnis Bruchsal an.

Teldafax weist die Berichterstattung des Handelsblatts als „unwahr, falsch und geschäftsschädigend“ zurück. Auch er­stattete das Unternehmen An­zeige gegen „Wirtschaftskriminelle“ wegen der Weitergabe interner Informationen. Laut Financials Times Deutschland will Teldafax heute Strafanzeige gegen Ex-Finanzvorstand Alireza Assadi und die Frankfurter Ermittlungsfirma KDM stellen. Gegen Assadi sei zudem eine Zivilklage geplant, zitiert die FTD einen Teldafax-Sprecher.