München. .

Siemens hat erstmals allen 128.000 Beschäftigten in Deutschland eine unbefristete Beschäftigungsgarantie gegeben. Auch die Verlagerung oder Schließung von Standorten ist damit ausgeschlossen.

Vorstandschef Peter Löscher, IG-Metall-Chef Berthold Huber und der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Lothar Adler unterzeichneten die Vereinbarung am Mittwoch in Berlin. Schlechte Nachrichten hatte der Konzern dagegen für die Aktionäre: Die Medizintechnik-Sparte muss 1,4 Milliarden Euro auf den Firmenwert abschreiben. Umsatz und Auftragseingang der Labordiagnostik seien hinter den Zielen zurückgeblieben, erklärte Vorstand Hermann Requardt. Die Abschreibung wird das Jahresergebnis nach unten ziehen – ob der angepeilte Betriebsgewinn von 7,5 Milliarden Euro im Kerngeschäft erreicht wird, ist offen.

Die Mitarbeiter freuten sich dagegen über den erweiterten Kündigungsschutz. IG-Metall-Chef Huber sagte: „Das neue Abkommen bietet den Beschäftigten von Siemens Sicherheit und Schutz bei zukünftigen Veränderungen. Siemens bleibt in der sozialen Verantwortung für die Beschäftigten.“ Ein bemerkenswerter Fortschritt seien die im Vertrag festgelegten Informations- und Beratungsrechte der Arbeitnehmervertretungen.

Ein 2008 geschlossener Beschäftigungspakt hatte nur 95.000 Mitarbeiter vor betriebsbedingten Kündigungen geschützt und läuft Ende September aus. Der neue Pakt gilt nun auch für die Mitarbeiter aller Tochtergesellschaften und ist unbefristet. Siemens kann ihn frühestens 2013 aufkündigen.

Gesamtbetriebsratschef Adler sagte, schon der alte Pakt habe sich in der Krise bewährt, „was inzwischen auch die Firmenseite anerkennt“, denn Stammbelegschaft und Qualifikation seien gehalten worden. Die Fortsetzung und Erweiterung sei auch für den Konzern vernünftig und zukunftsweisend.

Signal im Kampf um Fachkräfte

Siemens-Aufsichtsrat Dieter Scheitor sagte mit Blick auf den wachsenden Fachkräftemangel, Siemens werde sich mit der Beschäftigungsgarantie „bei Schul- und Hochschulabgängern profilieren. Das hilft Siemens beim Kampf um die Talente auf allen Ebenen.“ Schon heute hat Siemens 3.000 offene Stellen, vor allem für Ingenieure.

Konzernchef Löscher sagte: „Das ist ein klares und langfristiges Bekenntnis zum Standort Deutschland.“ Wenn bei Konzernumbauten Stellen wegfallen müssten, wolle Siemens dies mit Personalausgleich zwischen den Standorten oder Kurzarbeit lösen. Betriebsbedingte Kündigungen sind laut Vereinbarung nur noch als letztes Mittel mit Zustimmung des Betriebsrats möglich.

Einzige Ausnahme bei dem Beschäftigungspakt ist die krisengeschüttelte IT-Sparte SIS, wo 2000 der 10.000 Stellen in Deutschland gestrichen werden. SIS wird im Oktober ausgegliedert. Für diese GmbH sei ein eigener Tarifvertrag zur Standort- und Beschäftigungssicherung geschlossen worden, erklärte Siemens.

Labordiagnostik verfehlt Ziele

Mit der Einkaufstour bei Labordiagnostik-Firmen ist Siemens nicht auf seine Rechnung gekommen. Für 10,7 Milliarden Euro hatte Siemens 2006 und 2007 die US-Konzerne Dade Behring und DPC sowie die Labordiagnostik von Bayer übernommen. Requardt musste jetzt einräumen, dass „wir bei dem Wachstum hinter unseren Zielen zurück geblieben“ seien. „Diese Herausforderung gehen wir nun auf einer den neuen Geschäftszielen angepassten Bewertungsbasis konsequent an.“Siemens Healthcare beschäftigt 48.000 Mitarbeiter und hat 2009 einen Umsatz von 11,9 Milliarden und ein Ergebnis von 1,5 Milliarden Euro erwirtschaftet. (dapd)