Mülheim. .

Um durch die Krise zu kommen, lässt Siemens seine Mitarbeiter rotieren. Erste Hoffnungsschimmer auf eine Verbesserung der Geschäftslage sieht das Unternehmen für den Energiesektor, zu dem auch der Standort Mülheim gehört.

Siemens verbreitet für seinen Energiesektor, zu dem der Standort Mülheim zählt, vorsichtigen Optimismus. Die Geschäftsaussichten haben sich aufgehellt, auch für das Mülheimer Kraftwerksgeschäft wird erwartet, dass noch in diesem Jahr die Talsohle erreicht wird und es wieder aufwärts geht. Kurzarbeit soll in Mülheim weiter kein Thema sein, die Stammbelegschaft gehalten werden.

„Der Markt für Infrastruktur in der Energietechnik zieht teilweise bereits wieder an. Unsere Kunden investieren wieder verstärkt in neue Produkte und vergeben entsprechende Aufträge“, sagte Wolfgang Dehen, geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Energiesektors von Siemens, auf einer Investoren-Veranstaltung.

Schwache Anzeichen

Der Optimismus bei Siemens stützt sich insbesondere auf das Geschäft mit erneuerbaren Energien, der Energieverteilung und dem Service. Für den Bau von Dampfturbinen und Generatoren, in Mülheim das Hauptgeschäft, sind die Anzeichen für eine Belebung indes noch schwach ausgeprägt. Unternehmenssprecher Torsten Wolf spricht allerdings von „allerersten positiven Signalen“ zumindest im Gasturbinen-Segment, ob­wohl man im Kraftwerksgeschäft insgesamt die Talsohle der Konjunkturkrise wohl noch nicht unter den Füßen hat. „Es wird aber erwartet, dass der Boden noch in diesem Jahr erreicht wird und es 2011 aufwärts geht“, so Wolf.

Am Standort Mülheim wächst allein der Service weiter. Die Flotte, die herausfährt zu Kunden, wird beständig größer. Das ist auch der Wirtschaftskrise geschuldet, weiß Betriebsratsvorsitzender Pietro Bazzoli. „Im Verkauf neuer Anlagen tun wir uns schwerer. Kunden können nicht investieren, weil ihre Banken das nicht finanzieren.“ Folglich ließen viele ihre alten Anlagen warten und in Betriebsbereitschaft halten.

Keine Kurzarbeit

Der Auftragseingang im Mülheimer Kerngeschäft war zu Beginn des Jahres deutlich rückläufig. Zwei wesentliche betriebsinterne Lösungen tragen derzeit dazu bei, dass alle rund 4600 Beschäftigten, darunter 230 Azubis, ohne Kurzarbeit auskommen. Zum einen dienen die in Boomzeiten angehäuften Überstunden, laut Bazzoli im Schnitt ein Arbeitsmonat pro Mitarbeiter, als Puffer. Zum anderen werden Mitarbeiter aus schwach ausgelasteten Abteilungen in Arbeitsbereichen eingesetzt, in denen noch ausreichend zu tun ist. Bazzoli zollt den Beschäftigten für ihre Flexibilität, sich anderen fachlichen Herausforderungen in fremden Teams zu stellen, Respekt. Seiner Schätzung zufolge arbeitet zurzeit jeder Zehnte in einer anderen als der angestammten Abteilung.

Mit diesen zwei Instrumenten glaubt der Betriebsratschef über die Runden zu kommen, ohne dass Kurzarbeit angemeldet oder nur ein Job auf der Kippe stehen muss. Getrennt hat sich Siemens mittlerweile von einem Großteil der Leiharbeitnehmerschaft. Waren im September 2009 noch 350 Zeitarbeitskräfte in Mülheim beschäftigt, sind es momentan nur noch rund 150, Tendenz fallend.

Der Standort Mülheim zählt im Fünf-Jahres-Vergleich dennoch zu den großen Gewinnern: 1100 zusätzliche Jobs sind seit 2005 entstanden.