Brüssel..

Vorstoß in der EU gegen die Ausbeutung von Praktikanten: Die Grünen-Frau Emilie Turunen fordert ein Verbot unbezahlter Praktika. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag lehnt dies ab: Die Generation Praktikum sei ein Mythos.

Forderungen des EU-Parlaments nach einer verpflichtenden Bezahlung für Praktikanten stoßen in der deutschen Wirtschaft auf Skepsis. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) unterstützt zwar die Idee einer Qualitätscharta für Praktika, fürchtet aber, Vorgaben zum Gehalt würden zu Kürzungen der Praktikumsplätze führen.

Kurz vor der Sommerpause hatten die Europaabgeordneten einen Bericht der Grünen Emilie Turunen angenommen. Darin fordert die 26-jährige Dänin ein Grundgehalt zur Abdeckung der Lebenshaltungskosten, soziale Absicherung und eine „Europäische Qualitätscharta mit Mindestanforderungen für Praktika einzurichten, um deren Bildungswert zu sichern und Ausbeutung zu vermeiden“. Die Politikerin beklagt, die Schnupper-Stellen würden zunehmend volle Arbeitsplätze ersetzen.

„Die Generation Praktikum ist ein Mythos“

Eine Analyse, die Kevin Heidenreich, Hochschulexperte beim DIHK, nicht teilt. Zwar gebe es durchaus schwarze Schafe, die Praktikanten unter unfairen Bedingungen beschäftigen, dabei handele es sich aber um einen „ganz geringen Anteil“. Schüler oder Studenten in frühen Semestern können seien ohnehin kein Ersatz für vollwertige Arbeitskräfte. Und wer über Monate hinweg wie ein regulär Beschäftigter eingesetzt werde, habe zumindest in Deutschland laut Berufsbildungsgesetz bereits jetzt das Recht, eine Einstellung einzuklagen.

In der Praktikumsschleife hängen entgegen landläufiger Meinung ohnehin die wenigsten, stellt eine Studie der Uni Kassel fest. Durchschnittlich drei bis vier Monate brauchen Uni-Absolventen, um eine Stelle zu finden. Direkt nach Studienabschluss waren nur vier Prozent als Praktikanten beschäftigt. „Die Generation Praktikum ist ein Mythos“, folgert Heidenreich.

Für eine Qualitätscharta allerdings werben auch der DIHK und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Praktikanten müssten angelernt werden und sollten für den Aufenthalt am Einsatzort auch finanziell unterstützt werden, so Heidenreich. Insgesamt verteidigt er die Institution Praktikum: Innerhalb der eher theoretisch ausgerichteten Studiengänge in Deutschland profitierten sowohl Studenten als auch Firmen von frühzeitigen Exkursen in die Arbeitswelt. „Während der Studienzeit ist das immer gut“, resümiert er.

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