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Handy-Bauer RIM, Hersteller der Blackberry-Mobiltelefone, lenkt im Streit um seine Rechenzentren ein. Der Einigung ging ein bizarrer Streit voraus.

Die Diskussion klingt für deutsche Ohren befremdlich – und doch birgt sie einige Brisanz: Seit Wochen schon streitet sich der kanadische Handy-Hersteller Research in Motion (RIM) mit Regierungen auf der ganzen Welt. Die Firma ist Hersteller der vor allem bei Geschäftskunden beliebten Blackberry-Mobiltelefone. RIM wickelt den ge­samten Nachrichtenverkehr seiner Geräte über eigene Re­chenzentren ab. Die RIM-Handys gelten als abhörsicher. Jetzt wollen einige Länder be­stimmte Blackberry-Nachrichtendienste ab­schal­ten – oder die Multimedia-Handys gleich ganz verbieten. Der Grund: Die Sicherheitsbehörden ha­ben keine Möglichkeit, E-Mails und SMS mitzulesen.

Am vergangenen Wochenende reiste RIM-Topmanagerin Frenny Bawa extra nach Riad, um das Schlimmste abzuwenden. Sie war zu Zugeständnissen bereit. Bawa versprach, in der Hauptstadt Saudi-Arabiens ein eigenes Re­chenzentrum zu errichten – um der Abschaltung der Blackberry-Dienste zuvorzukommen. Den Verhandlungen vo­rangegangen war ein bizarrer Streit: Research in Motion, weltweit noch immer Nummer Eins unter den Smartphone-Herstellern, unterhält ein eigenes Netz zum Transport der von seinen Handys verschickten Nachrichten, ganz gleich, ob es sich dabei um E-Mails oder SMS handelt.

Selbst Deutschland hat Bedenken

Da die Server, über die der Datenverkehr läuft, aber in Kanada (für Nordamerika) und Großbritannien (für den Datenverkehr im Rest der Welt) stehen, fürchteten Länder wie Indien, Saudi-Arabien und Algerien, über dieses abhörsichere Netzwerk könnten Terroristen unbemerkt von Polizei und Ermittlungsbehörden miteinander kommunizieren, ohne dass sie Zugriff auf die Daten haben. So vermutet etwa die indische Regierung, dass der Anschlag in Bombay, bei dem vor zwei Jahren 116 Menschen getötet wurden, über Blackberrys geplant wurde.

Selbst Deutschland hat mittlerweile Bedenken gegen die Art des Nachrichtentransports auf Blackberrys geäußert und riet staatlichen Stellen bereits 2009 von der Nutzung der Handys aus dem Hause RIM ab: „Die Blackberry-Infrastruktur ist ein geschlossenes firmeneigenes System. Den Zugangsstandard zu unseren Netzen muss aber die Regierung selbst bestimmen können und nicht eine Privatfirma“, argumentierte etwa Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) kürzlich in einem Interview und verwies auf den dramatischen Anstieg von IT-Attacken auf deutsche Firmen und staatliche Stellen.

Bislang kein Verbot ausgesprochen

Bei Research in Motion gibt man sich derweil nach außen unnachgiebig: „Alles im Internet ist verschlüsselt. Dies ist nicht nur beim Blackberry so. Wenn sie mit dem Internet nicht umgehen können, sollten sie es abschalten“, tönte Firmengründer Mike Lazaridis noch kürzlich. Und doch scheint der erste Mann bei RIM zu Zugeständnissen bereit, wenn es dem eigenen Unternehmen an den Kragen gehen soll: Nach der Einigung in Saudi-Arabien gehen Analysten davon aus, dass sich das Unternehmen auch mit den anderen Ländern einig wird.

RIM habe es in ähnlichen Fällen immer geschafft, einen Kompromiss zu erzielen, sagt Duncan Stewart von der Un­ternehmensberatung Deloitte. Nach außen sei aber nie etwas gedrungen. „Von der sehr langen Liste mit Menschen, die ein Blackberry-Verbot angedroht hatten, hat es niemand umgesetzt, niemals, nicht einmal für eine Minute.“

So ist davon auszugehen, dass RIM auch den Vereinigten Arabischen Emiraten entgegenkommen wird, die ebenfalls eine Sperrung der Blackberry-Dienste angedroht haben – und den Indern, den Algeriern und dem Libanon. Denn am Ende geht es auch um Marktanteile. So ist etwa Saudi-Arabien mit 700 000 Kunden größter RIM-Markt im Nahen Osten.