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Handwerkliche Fehler im Forschungsbericht zum Klimawandel haben den Weltklimarat in Bedrängnis gebracht. Und Skeptiker auf den Plan gerufen. Nun werden Konsequenzen gezogen: Der Klimarat bekommt einen Aufpasser, das Auswahlverfahren für Autoren des Berichts wird verschärft.
Seit Wochen steht der Weltklimarat IPCC in der Kritik. Handwerkliche Fehler im Forschungsbericht zum Klimawandel haben nicht nur Skeptiker mobilisiert, sondern erstmals auch den Protest aus den Reihen jener Forscher, die für das UN-Gremium arbeiten. Nun werden Konsequenzen gezogen: Der Klimarat bekommt einen Aufpasser, das Auswahlverfahren für Autoren des Berichts wird verschärft.
„Die Klimapolitik und die Klimawissenschaft haben allen Anlass zur Selbstbesinnung“, sagte Prof. Ottmar Edenhofer, Chefökonom des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, bei einer Tagung des Kulturwissenschaftlichen Instituts (KWI) in Essen. Edenhofer ist einer der Vorsitzenden des IPCC. Er leitet den Forschungsbereich 3, der Lösungen für das Klimaproblem aufzeigen soll. Die öffentlich gewordenen Patzer, darunter eine falsche Prognose zur Gletscherschmelze im Himalaya, fielen nicht in Edenhofers Ressort, ärgerten ihn aber umso mehr: „Die Fehler waren dumm und peinlich. Sie hätten nicht passieren dürfen“, sagte er der WAZ.
Am nächsten IPCC-Bericht, der 2013 veröffentlicht wird, sollen „nur die besten Experten“ mitarbeiten. Sehr viel schlagkräftiger müsse das Management des Weltklimarates werden, sehr viel effizienter das Verfahren zur Prüfung der Forscherberichte: „Bei der Auswahl der Autoren müssen Expertise und Qualität an erster Stelle stehen – nicht regionaler Proporz.“ Eine Expertenkommission prüft nun die Arbeit des IPCC. Edenhofer: „Ich hoffe, dass das Gremium bald mit seiner Arbeit beginnen kann und dass im Oktober entschieden wird, welche Veränderungen es gibt.“
Aufruf zur Selbstkritik
Rücktrittsforderungen gegen IPCC-Chef Rajendra Pachauri hält er für überzogen: „Auf der Basis der bis jetzt bekannten Fehler wäre ein Rücktritt nicht gerechtfertigt. Das würde überhaupt nichts bewegen. Die Öffentlichkeit hätte lediglich ihr symbolisches Opfer“, sagte der 48-jährige Ökonom. „Doch Herr Pachauri ist nicht der IPCC. Der Kern dieses Gremiums sind die Arbeitsgruppen, die am Ende die Berichte erstellen. Wir sollten jetzt das Urteil der unabhängigen Experten abwarten.“
Zur Selbstkritik ruft Edenhofer seine Forscherkollegen auf. Es könne nicht die Aufgabe der Wissenschaft sein, der Öffentlichkeit zu erklären, was sie zu tun habe. „Wir Wissenschaftler müssen gangbare Wege aufzeigen. Doch die Entscheidungen dafür oder dagegen müssen Politiker treffen. Diese Arbeitsteilung muss wieder sehr viel stärker in den Vordergrund gerückt werden. Es wird Zeit, den Einfluss der Politik auf die Wissenschaft zurück zu drängen.“
„Fehler haben Klimaskeptiker in keiner Weise bestätigt“
Die Glaubwürdigkeit des IPCC sieht Edenhofer durch die Pannen nicht beschädigt: „Im Bericht der Arbeitsgruppe 1 ist nichts zurück genommen worden. Dort geht es um die Frage: Ist der Mensch für den Klimawandel verantwortlich? Das überwältigende Echo der Wissenschaft ist: ja. Die bekannt gewordenen Fehler haben die Klimaskeptiker in keiner Weise bestätigt.“
Der Krise des IPCC soll nun eine Neuausrichtung der Klimapolitik folgen. Sein Vorschlag: Unter den Ländern der Erde wird ein globales Kohlenstoffbudget für dieses Jahrhundert aufgeteilt. Nationale Klimazentralbanken verwalten treuhänderisch die Lizenzen zum Ausstoß von Treibhausgasen. Klimaschutz aber soll vor allem auf lokaler Ebene vorangetrieben werden – durch Städtepartnerschaften, Bündnisse zur Förderung neuer Technologien oder Handelssanktionen: Mit Strafzöllen könnten Waren aus Ländern belegt werden, die sich dem Klimaschutz verweigern. Edenhofer ist sich sicher: „Man kann auch ohne Weltregierung zu globalen Kooperationen kommen.“