Bonn.

Die Bundesregierung kürzt die Solarförderung um weitere 16 Prozent und erntet dafür heftigen Widerspruch aus der Branche. Der ist der Schritt viel zu radikal. Im Interview wütet Frank Asbeck, Chef des Marktführers Solarworld, gegen die Pläne und erklärt, was die Kürzung anrichten würde.

Was hat Sie mehr überrascht: der baldige Termin der Kürzung oder die Höhe?

Frank Asbeck: Die Einspeisevergütung wurde bereits zum Jahresanfang um 10 Prozent gesenkt. Eine weitere Kürzung von 16 Prozent bereits im Sommer ist nicht darstellbar. Wir selbst haben eine Nettomarge im ein- bis knapp zweistelligen Bereich. Wenn man davon zehn Prozent Preissenkung abzieht, bleibt nicht viel übrig. Man wird die deutsche Solarindustrie damit erdrücken.

Nun kommt die Union der Solarwirtschaft entgegen und will den Termin für die Förderkürzung zwei Monate nach hinten verschieben. Hat Sie das etwas versöhnlicher gestimmt?

Der Vorstandsvorsitzende der Solarworld AG, Frank H. Asbeck.
Der Vorstandsvorsitzende der Solarworld AG, Frank H. Asbeck.

Asbeck: Die zwei Monate ändern an meiner Grundkritik gar nichts. Wir gewinnen damit nur zwei Monate Zeit, die Anlagen aufs Dach zu bringen.

Es hätte aber auch schlimmer kommen können. Die Union wollte im Herbst sogar 30 Prozent Kürzung.

Asbeck: Man hätte auch eine gesamte Branche mit 60.000 Mitarbeitern einfach verbieten können, um es spitz zu sagen. Das wäre die einzige Steigerung gewesen. Jetzt macht man sie über die Degression kaputt.

Mit welchen Folgen rechnen Sie für die Branche und speziell für Ihr Unternehmen?

Asbeck: Kommt die Kürzung wie angekündigt, würde ein wesentlicher Teil der Branche zerstört. Und das ohne Notwendigkeit. Die Solarworld AG ist der leistungsfähigste Betrieb in der Branche, aber auch wir werden über kurz oder lang mit der Kürzung zu kämpfen haben. Wir haben in der Branche einen technischen Fortschritt von zehn Prozent. Nur diesen können wir auch in den Preisen weitergeben.

Fakt ist aber: Die Preise für die Solarmodule sind 2009 viel stärker gefallen, so dass es sich trotz geplanter Kürzung immer noch lohnt, eine Anlage aufs Dach zu setzen.

Asbeck: Die Preise sind im vergangenen Jahr um 25 Prozent gesunken. Anfang 2009 und 2010 sind die Einspeisevergütungen jeweils um zehn Prozent gefallen. Nun müssen wir nochmals 16 Prozent verkraften. Da sind wir schon bei 36 Prozent. Und zum Jahresende werden es wohl noch mal 15 Prozent werden. Man kann aber nicht verlangen, dass wir unsere Preise um 50 Prozent reduzieren. Das ist schlichtweg unmöglich.

Auch interessant

Wenn es die von Ihnen heraufbeschworene Marktbereinigung gibt, dann ist das doch ein Vorteil für Ihr Unternehmen.

Asbeck: Nein, ist es nicht, weil nicht nur eine ganze Branche bedroht ist, sondern die damit verbundene 30-jährige Aufbauarbeit in der Forschung.

Ist eine Produktion in Deutschland mit diesem Preisdruck weiterhin möglich?

Asbeck: Die Produktion wird den Märkten folgen. Deutschland riskiert seine Vorreiterrolle und den Verlust einer Branche mit Zukunft.

Hat Röttgens Ankündigung die Nachfrage noch mal angeheizt?

Asbeck: Natürlich ist eine Nachfragebelebung da. Viele wollen ihre Solaranlage noch zu den jetzigen Konditionen ans Netz bringen. Leider kommt uns derzeit das Wetter in die Quere. Die Bestellungen müssen nun in den nächsten Monaten abgearbeitet werden.

Wie werden sich die Preise für die Module in diesem Jahr entwickeln?

Asbeck: Die Preise sind zum Jahresanfang um zehn Prozent gefallen und sie werden weiter sinken – bedingt durch die Kürzung der Einspeisevergütung. Das ist leider so. Die Preissenkung ist aber nicht der Technik folgend. Insofern wird es keine gesunde Preissenkung sein.

Verbraucherschützer rechnen vor, dass der deutsche Stromverbraucher für die Solaranlagen, die allein im vergangenen Jahr ans Netz gegangen sind, zehn Milliarden Euro in den kommenden 20 Jahren bezahlen muss. Die Politik musste doch handeln.

Asbeck: Diese Zahlen sind falsch. Denn sie betrachten nicht die Entwicklung des Strompreises mit. Je mehr sich der Preis des konventionell erzeugten Stroms an die Einspeisevergütung annähert, desto geringer wird die tatsächliche Belastung durch den Solarstrom.

Ihre Wünsche an die Politik?

Asbeck: Die Solarindustrie hat das Potenzial, bis zum Jahr 2030 den gesamten Haushaltsstrom in der Bundesrepublik zur Verfügung zu stellen. Deshalb darf diese Technologie nicht abgewürgt werden. Wir sind nicht gegen eine jährliche Senkung der Vergütung, aber sie sollte analog zur Technik sein.