Berlin. Der Geldsegen vom Finanzamt wird dieses Jahr auf sich warten lassen. Durch die Wiedereinführung der Pendlerpauschale bräuchten die Beamten acht bis zehn Wochen mehr zur Bearbeitung der Erklärungen. Viele Bescheide, prognostizierte der Experte, würden zudem fehlerhaft ausfallen.

Steuerzahler müssen in diesem Jahr offenbar deutlich länger auf ihren Steuerbescheid warten als bisher. Nach der Wiedereinführung der Pendlerpauschale bräuchten die Finanzämter voraussichtlich vier Monate oder mehr zur Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Steuergewerkschaft, Dieter Ondracek, am Montag in Berlin. Dies sei doppelt so lange wie normalerweise üblich.

Acht Wochen mehr Bearbeitungszeit

Je nach Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung könne die Bearbeitung bis zu 18 Wochen dauern, sagte Ondracek und bestätigte einen Bericht der «Bild"-Zeitung. Während die Finanzämter zu Beginn des Jahres Steuererklärungen in der Regel «relativ zügig» abarbeiten könnten, wachse die Arbeitsbelastung bis zum Frühjahr erfahrungsgemäß deutlich an.

So müssten Steuerzahler bei einer Abgabe zu Jahresbeginn normalerweise rund sechs Wochen warten, ab April oder Mai dann aber acht bis zehn Wochen. Nach der Wiedereinführung der Pendlerpauschale sei jetzt jedoch «mit einer zusätzlichen Bearbeitungszeit von acht Wochen» zu rechnen.

Grund: Pendlerpauschale

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Pendlerpauschale im Dezember müssten die Finanzämter jetzt zwei Arten von Fällen bearbeiten, sagte Ondracek. Einmal müssten Steuererklärungen für das Jahr 2007 überprüft werden, in denen Steuerzahler den Weg zum Arbeitsplatz bereits als Werbungskosten angegeben hatten, die Kosten jedoch nicht in voller Höhe geltend machen konnten.

Bis zum Urteil der Verfassungsrichter galt die Pendlerpauschale erst ab dem 20. Kilometer. Daneben käme auf die Finanzbehörden jetzt «eine Flut rückwirkender Anträge» zu. Viele Steuerzahler, die weniger als 20 Kilometer von ihrer Arbeit entfernt wohnen, würden die Kosten jetzt nachträgliche geltend machen.

Grund: Rentenbesteuerung

Neben der Wiedereinführung der Pendlerpauschale sorge bei den Finanzbeamten in diesem Jahr auch die Rentenbesteuerung für zusätzliche Arbeitsbelastung, sagte Ondracek. Zwar seien die Neuregelungen des Alterseinkünftegesetzes seit 2005 in Kraft. Jedoch habe das Bundeszentralamt für Steuern die Steuerdaten der Rentner erst jetzt an die Finanzämter in den Ländern weitergegeben. Zuvor hätten erst zentrale Steuerdateien aufgebaut und die einheitlichen Steueridentifikationsnummern zugeteilt werden müssen. Die Finanzämter müssten jetzt rückwirkend die Steuererklärungen der Rentner aus den vergangenen Jahren überprüfen.

Angesichts der zusätzlichen Belastungen durch Pendlerpauschale und Rentenbesteuerung forderte Ondracek deutlich mehr Personal für die Finanzämter. Insgesamt seien 10.000 Finanzbeamte mehr nötig. «Die Zusatzarbeiten, die jetzt auf uns zukommen, sind kaum noch zu bewältigen.»

Unkorrekte Bescheide werden erwartet

Hierunter werde auch die Qualität der Steuerbescheide leiden, sagte Ondracek. «Es werden unkorrekte Steuerbescheide an die Steuerzahler herausgehen.» Dies könne «im Einzelfall zu Gunsten des Steuerzahlers laufen, im Einzelfall aber auch zu seinen Ungunsten.» Wenn Bürger dann in Einspruch gegen unkorrekte Steuerbescheide gehen, werde dies noch zu einer zusätzlichen Belastung der Finanzämter führen. (AFP)

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