Berlin. .
Vor dem Krisentreffen zu den Hitze-Pannen bei der Deutschen Bahn hat die Industrie den Vorwurf zurückgewiesen, sie habe die ICE-Züge in schlechter Qualität geliefert. Aber auch von anderer Seite muss sich die Bahn Kritik gefallen lassen.
Vor dem Krisentreffen zu den Hitze-Pannen in ICE-Zügen ist die Bahn von mehreren Seiten unter Beschuss geraten. Der Verband der Bahnindustrie zeigte sich am Donnerstag empört über den Vorwurf von Bahn-Chef Rüdiger Grube, die Industrie habe Züge in schlechter Qualität geliefert und verwies auf mögliche Wartungsmängel. Die Lokführergewerkschaft GDL warf der Bahn vor, zu spät auf die Probleme reagiert zu haben.
Bei dem Krisentreffen in Berlin beraten am Donnerstagvormittag Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), Vertreter des Verkehrs- und Verbraucherausschusses des Bundestags mit Grube über die Pannenserie. Die Bahn hat derzeit wegen hochsommerlicher Temperaturen Probleme mit Klimaanlagen in Teilen ihrer ICE-Flotte. Die Klimaanlagen in ICE-2-Zügen sind nur für Temperaturen bis 32 Grad Celsius ausgelegt.
Hersteller könnten nur Wartungsempfehlungen geben
Grube hatte im Zusammenhang mit dem Hitze-Chaos bei ICE-Zügen gesagt, die Bahn habe von der Industrie bislang „fast nie Züge geliefert bekommen, die auch das geleistet haben, wofür wir bezahlt haben“. Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Bahnindustrie, Ronald Pörner, wies dies entschieden zurück: „Die Hersteller liefern keinen Schund, keine Züge mit System-Fehlern“, sagte er der „Berliner Zeitung“ (Donnerstagausgabe). Gerade bei den jetzt beanstandeten Klimaanlagen habe die „Bahn selbst erklärt, dass kein systematischer Fehler, kein Konstruktionsfehler“ vorliege. Die Branche sei deshalb „sehr überrascht und irritiert“ über die „unberechtigten“ Anschuldigungen Grubes.
Der Bahntechnik-Verband verwies darauf, dass die Hersteller für die Züge und Komponenten nur Wartungsempfehlungen geben. „Die Wartung und Instandhaltung wird aber ausschließlich durch die Deutsche Bahn realisiert“, stellte Pörner unter Bezugnahme auf Vermutungen fest, dass der Spardruck bei der Bahn zu einer eingeschränkten Wartung geführt haben soll.
Kritik an Krisenmanagement
Die Lokführergewerkschaft GDL kritiserte das Krisenmanagement von Grube. „Die Probleme wurden viel zu spät erkannt und nur zugegeben, was nicht mehr abzustreiten war“, sagte der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky der „Passauer Neuen Presse“. Es sei ärgerlich, dass Grube in der Öffentlichkeit von einem „schlechten Krisenmanagement der Mitarbeiter in den Zügen“ gesprochen habe. Die Beschäftigten seien „sehr verärgert“ darüber. „Vom letzten Glied in der Kette wird ein perfektes Krisenmanagement verlangt, während sich die Chefetage vornehm zurückhält“, sagte Weselsky.
Der Fahrgastverband Pro Bahn bezeichnete derweil auch die nachgebesserten Entschädigungen der Bahn für Opfer der Hitze in den Zügen als unzureichend. 500 Euro Schmerzensgeld für Fahrgäste, die wegen ausgefallener Klimaanlagen der Bahn schwere Gesundheitsschäden erlitten haben, sei zu wenig, sagte Pro-Bahn-Vorstandsreferent Joachim Kemnitz der „Berliner Zeitung“ (Donnerstagausgabe). „Wer deswegen im Krankenhaus behandelt werden musste, sollte sich mit 500 Euro nicht zufrieden geben. Das deckt nicht einmal die Transportkosten mit dem Krankenwagen“. (afp)