Berlin. Nach der Spitzelaffäre begibt sich die Bahn beim Datenschutz nun auf die Überholspur: Weil ein bundesweites Datenschutzgesetz für Mitarbeiter so schnell nicht kommt, arbeitet das Unternehmen jetzt an einer eigenen Lösung. Bislang hat die Bahn den Datenschutz sträflich vernachlässigt.

Die Deutsche Bahn will offenbar datenschutzrechtliche Vereinbarungen mit ihren Mitarbeitern schließen. Wie der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) am Freitag im ARD-«Morgenmagazin» sagte, soll damit die zeitliche Lücke geschlossen werden, die dadurch entstehe, dass es ein Arbeitnehmer-Datenschutzgesetz wohl erst im kommenden Jahr geben werde. Für die Beschäftigten müsse sichergestellt werden, dass eine Bespitzelung nicht mehr passieren könne.

"Datenschutz wurde sträflich vernachlässigt"

«Der Datenschutz insgesamt ist sträflich vernachlässigt worden», betonte der Jurist, der vom Aufsichtsrat der Bahn als Sonderermittler mit der Aufklärung der Ausspähung von Mitarbeitern beauftragt wurde. Die Technik sei soweit fortgeschritten, dass «wir in unserer Privatheit immer wieder verletzt werden».

Bezüglich seiner Ermittlungsarbeiten bei der Bahn sagte Baum: «Wir gehen jetzt in die Akten». Es würden Interviews mit den Betroffenen geführt und ein erster Zwischenbericht werde am 27. März vorgelegt. «Alles gehört auf den Tisch», betonte Baum. Er habe auch keine Bedenken, dass er und seine Mitermittlerin, die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD), instrumentalisiert würden.

Die Deutsche Bahn hatte zwischen 1998 und 2007 in bislang fünf bekannten Fällen Daten Hunderttausender Mitarbeiter mit denen von Lieferanten abgeglichen. Die sogenannten Datenscreenings, die von der Konzernrevision veranlasst wurden, sollten der Korruptionsbekämpfung dienen. Abgeglichen wurden jeweils Name, Adresse und Bankverbindung.

Betriebsrat fordert Stopp der elektronischen Aktenerfassung

Unterdessen forderte der Konzernbetriebsrat der Deutschen Bahn nach Presseangaben den sofortigen Stopp der elektronischen Erfassung der Personalakten. Die weitere Speicherung von Personaldaten in einem elektronischen Datenverarbeitungssystem müsse unterbleiben, bis der Datenskandal um die wiederholte Ausspähung der Belegschaft aufgeklärt sei, verlangt der Betriebsrat in einem Brief an Vorstandschef Hartmut Mehdorn, wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtet.

Nach Angaben aus Kreisen der Bahngewerkschaften lässt der Konzern seit einiger Zeit die Personalakten der 240 000 Mitarbeiter nach und nach elektronisch erfassen. Dabei werde alles gespeichert: Zeugnisse, Lebenslauf, Krankmeldungen, interne Einstufungen, und so fort.

Der Betriebsrat verweist darauf, dass die Personalverwaltung für mehrere Spähaktionen Daten geliefert habe. Die Belegschaft sei nun stark verunsichert. Außerdem verlangt der Betriebsrat «spezielle E-Mail-Adressen» für seine Mitglieder und Mitarbeiter. Offenbar geht die Furcht um, E-Mails könnten heimlich abgefangen und ausgewertet werden, schreibt die Zeitung. (ddp)

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