Bochum. Wut und Bestürzung über die Absage des Opel-Verkaufs ist groß. Bundeskanzlerin Angela Merkel sucht den Kontakt zu US-Präsident Barack Obama und fordert von General Motors ein neues "tragfähiges Konzept" für Opel. Die Sicherung von Arbeitsplätzen steht im Vordergrund.
Der geplatzte Opel-Verkauf hat bei den Beschäftigten des Autobauers in Deutschland Wut, Trauer und Bestürzung ausgelöst. Auch bei der Bundesregierung sorgte die überraschende Entscheidung des Mutterkonzerns General Motors (GM) für Entsetzen. Das US-Unternehmen soll jetzt den Staatskredit über 1,5 Milliarden Euro zurückzahlen. Arbeitnehmer wollen aus Protest von Donnerstag an die Arbeit niederlegen. GM drohte mit einer Insolvenz des Rüsselsheimer Autobauers, falls Verhandlungen mit Gewerkschaften scheitern sollten.
Der GM-Verwaltungsrat entschied in der Nacht zum Mittwoch, den deutschen Autobauer doch zu behalten und selbst zu sanieren. Der Konzern begründete dies mit einer besseren Finanzlage. Der Opel-Betriebsrat rief die rund 50.000 Beschäftigten in Europa zu Massenprotesten auf. Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz sprach von einem «schwarzen Tag»: «Der nächste Schritt von General Motors wird sein, Regierungen und Beschäftigte in Europa zu erpressen.»
Sicherung der Arbeitsplätze gefordert
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm sagte, der US-Konzern müsse die 1,5 Milliarden Euro fristgerecht zurückzahlen. Kanzlerin Angela Merkel will nun den Kontakt zu US-Präsident Barack Obama suchen. Von GM forderte Merkel die rasche Vorlage eines «tragfähigen Konzepts» zur Zukunft von Opel.
Merkel und Kanzleramtsminister Ronald Pofalla trafen Gesamtbetriebsratschef Franz zum Gespräch über die Zukunft der Werke. Einer Regierungssprecherin zufolge bestand Einigkeit, dass der Abbruch des Investorenprozesses «für Opel und seine Mitarbeiter nicht zu zusätzlichen Belastungen führen darf». Das vorzulegende Konzept solle insbesondere die Sicherung von Arbeitsplätzen im Blick haben.
GM droht mit Opel-Insolvenz
Wirtschaftsminister Rainer Brüderle stellte klar, dass die Gewährung neuer Staatshilfen nun offen sei: «Das Magna-Konzept ist mit dem heutigen Tag gescheitert, damit sind alle Zusagen hinfällig.»
GM setzt offenbar darauf, künftig selbst deutsche Staatshilfen für eine Opel-Sanierung zu erhalten. Konzernchef Fritz Henderson kündigte an, der Konzern werde der Bundesregierung in Kürze einen Plan vorlegen. Die Kosten einer Sanierung durch GM lägen bei rund 3 Milliarden Euro. Dies sei weniger als beim Einstieg eines Investors. Man wolle zudem mit den europäischen Gewerkschaften über einen Sanierungsbeitrag verhandeln. Franz lehnte Forderungen nach einem Lohnverzicht der Beschäftigten ab. GM drohte mit einer Insolvenz von Opel, sollte es zu keiner Einigung kommen.
Rüttgers schließt staatliche Unterstützung nicht aus
GM-Europachef Carl-Peter Forster erwartet laut «Bild»-Zeitung massive Einschnitte. Er räumte ein, dass ihn die Entscheidung gegen den Verkauf überrascht habe.
Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) sieht nur geringe Chancen, dass GM von Deutschland Staatshilfe erhält. Deutsche Steuergelder dürften nicht in die USA abfließen. Dagegen sagte der rheinland-pfälzische Regierungschef Kurt Beck, er sei zu Gesprächen bereit, wenn das GM-Konzept auf Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichte. Auch sein nordrhein-westfälischer Kollege Jürgen Rüttgers schloss staatliche Unterstützung für Opel beim Verbleib bei GM nicht aus.
Positive Reaktionen im Ausland
Anders als in Deutschland stieß die Entscheidung in England auf Begeisterung. Der Generalsekretär der britischen Gewerkschaft Unite, Tony Woodley, sprach von einer «fantastischen Entscheidung». Es sei unlogisch, das Unternehmen aufzuspalten. Vorsichtigen Optimismus gab es bei Arbeitern in Polen, zurückhaltend äußerten sich Betriebsräte in Saragossa in Spanien.
Hintergrund der unterschiedlichen Reaktionen waren die Pläne des Konsortiums aus Magna International und Sberbank, die eigentlich einen 55-prozentigen Anteil an Opel von GM kaufen wollten. Dieser Plan sah unter anderem vor, das Werk im englischen Luton bis 2013 zu schließen. (ap)