Die Daten von Payback-Kunden sind künftig besser geschützt. Doch nicht nur Bonussysteme wollen möglichst viele Daten über uns sammeln. Ob auf dem Weg zur Arbeit, im Büro oder beim Einkauf – überall werden wir beobachtet und hinterlassen unfreiwillig Spuren. Auf Spurensuche durch einen normalen Tag.
7.30 Uhr: Die gute Nachricht zuerst: In der Dusche, beim Frühstück oder beim morgendlichen Zähneputzen sind wir ganz privat - es sei denn, der neugierige Nachbar hat ein Auge auf uns geworfen.
8.30 Uhr: Spätestens auf dem Weg zur Arbeit hört jedoch das Unbeobachtetsein auf. Viele unserer Schritte werden observiert, gefilmt und gespeichert. Big brother is watching you. An großen Bushaltestellen, in U-Bahnstationen oder Bahnhöfen verfolgen uns Kameras auf Schritt und Tritt. Die Daten, die die Unternehmen dort über uns sammeln, müssen sie spätestens nach 48 Stunden wieder löschen, wenn nichts Auffälliges passiert ist, betont Nils Schröder, Sprecher der Landesbeauftragten für Datenschutz in NRW. Wehren kann man sich gegen das unfreiwillige Gefilmtwerden nicht. Es sei denn, man zieht sich eine Tüte über den Kopf. Wer jedoch genau wissen will, wie die Unternehmen mit den gesammelten Daten umgehen, der darf einen Einblick in das Verfahrensverzeichnis der Verkehrsbetriebe verlangen.
Zu Fuß ins Büro und vor neugierigen Blicken sicher? Fehlanzeige! Ob Kameras an öffentlichen Gebäuden oder an privaten Villen, überall werden wir gefilmt. In vier Orten in NRW, in Düsseldorf, Coesfeld, Bielefeld und Mönchengladbach, hat sogar die Polizei Kameras in den Innenstädten aufgebaut. Diese sollen zwar potenzielle Kriminelle ins Visier nehmen, doch auch ganz unbescholtene Bürger kommen so der Polizei unter die Augen.
Wer glaubt, dass er zumindest mit dem Auto unbeobachtet unterwegs ist, der irrt. Denn spätestens unter der ersten Mautbrücke auf der Autobahn wird auch er gefilmt. Allerdings: Die Polizei hat keinen Zugriff auf die gefilmten Daten, die außerdem spätestens nach 24 Stunden wieder gelöscht sein müssen.
Und auch an der Tankstelle schlägt „Big Brother“ zu. Fast jede Tankstelle ist aus Schutz vor Tankbetrügern mit einer Kamera aufgerüstet, um so den Menschen auf die Schliche zu kommen, die tanken und ohne zu Bezahlen davonbrausen. Auch hier gilt: Gefilmt werden darf, doch das Material muss so schnell wie möglich wieder gelöscht werden, wenn nichts strafrechtlich Auffälliges passiert ist.
9 Uhr: Wer es irgendwie geschafft hat, ungefilmt bis zur Arbeit zu kommen, wird wohl spätestens am Werktor von den Sicherheitskameras des eigenen Unternehmens erfasst. Ob jedoch Herr Müller, Meier, Schulze zehn Minuten zu spät kommen und auch zehn Minuten früher gehen, darf mit diesen Kameras nicht ausgewertet werden, heißt es aus der Datenschutzbehörde.
Im Büro angekommen, geht die Spurensuche munter weiter. Hier gilt: Hat der Arbeitgeber ausdrücklich verboten, privat Emails zu schreiben oder im Internet zu surfen, dann darf er das auch stichprobenartig oder im Verdachtsfall überprüfen.
18 Uhr: Endlich Feierabend. Doch Ruhe vor neugierigen Blicken hat man längst noch nicht. Beim Kauf des Abendessens im Supermarkt schlägt schon am Eingang die Überwachungskamera zu. Und auch an der Kasse zieht die Verkäuferin, natürlich ebenfalls überwacht von einer Kamera, die Bonuskarte und die EC-Karte durch. Dass die Firmen solche Aufnahmen nicht immer nur für die Sicherheit verwenden sondern illegaler Weise auch zur Bespitzelung der eigenen Mitarbeiter, hat das Beispiel Lidl jüngst gezeigt.
Die Bankdaten auf der EC-Karte jedenfalls speichert der Lebensmittelhändler bis zur endgültigen Zahlungsabwicklung. Und die Bonuskarte verrät dem Unternehmen, dass ich lieber Obst statt Fleisch oder Rotwein statt Weißwein kaufe und wie viel ich dafür ausgebe. Solche Bonuskarten liefern also wichtige Informationen, um mir später gezielt Werbung schicken zu können. Wenn ich die Weitergabe von Daten und ihre Verwendung für Werbezwecke nicht will, hätte ich dem ausdrücklich widersprechen müssen.
Doch hier ist zum Glück Besserung in Sicht: Der Bundesgerichtshof untersagte am Mittwoch die bisherigen Praktiken des größten Bonuskartenanbieters Payback. Bislang mussten dessen Kunden die Weitergabe der Daten zu Werbezwecken per Kreuzchen auf dem Vertrag untersagen. Taten sie das nicht, galt das als stilles Einverständnis. Künftig soll das anders sein: Dann müssen Kunden aktiv der Weitergabe zustimmen.
20 Uhr: Zu Hause gemütlich auf dem Sofa. Beste Zeit, um mit der Freundin am Telefon zu plaudern. Und auch jetzt verlassen wir wieder die Privatsphäre, obwohl wir über ganz private Dinge schwatzen. Abhören darf uns zwar niemand. Aber der Telefonanbieter zeichnet auf, wer mit wem und wie lange telefoniert. Wenn wir ein Handy benutzen, wird sogar noch registriert, an welcher Stelle wir uns beim Telefonieren befinden. Diese Daten muss der Telefonanbieter sechs Monate lang speichern. Diese so genannte Vorratsdatenspeicherung ist auch für die Online-Nutzung und die Speicherung von IP-Adressen geplant. Das Ganze soll dem Staat zur Terrorabwehr dienen. Da ist offenbar selbst das Telefonat mit der besten Freundin potenziell verdächtig.
22 Uhr: Wer vor dem Zubettgehen schnell noch mal im Internet surft und seine Emails abgefragt, der hinterlässt mit seiner IP-Adresse zahlreiche „Fußstapfen“ im Netz. Einzige Chance, das zu verhindern: Ich kann meine IP-Adresse anonymisieren. Dafür gibt es spezielle Programme, die es auch kostenlos im Netz gibt. Auch wer Emails schreibt, muss damit rechnen, dass andere die Mail lesen können. „Das ist wie wenn ich eine Postkarte verschicke“, vergleicht Nils Schröder von der Datenschutzbehörde. Wer das nicht will, muss sie quasi in einen virtuellen Umschlag stecken, indem er sie verschlüsselt abschickt.
23 Uhr: Ein ganz normaler Tag voll hinterlassener Datenspuren geht zu Ende. Mit meinen Träumen bin ich nun endlich wieder ganz allein.