Berlin. Bundesumweltminister Gabriel (SPD) will zwei Millionen neue Jobs in der Umweltbranche schaffen. Damit untermauert er das Vorhaben von Kanzlerkandidat Steinmeier, der Vollbeschäftigung bis 2020 für realistisch hält.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat zwei Gutachten zur Schaffung von zwei Millionen Arbeitsplätzen im Bereich Umwelttechnologien in den kommenden vier Jahren vorgelegt. Ohne ein Umsteuern sei für Deutschland mit einem deutlichen Arbeitsplatzabbau in den kommenden Jahren zu rechnen, sagte Gabriel am Mittwoch in Berlin. Es reiche daher nicht aus, Jobs zu erhalten, sondern es müssten neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Dazu böten Umwelttechnologien wie Offshore-Windkraftanlagen und andere erneuerbare Energien ein Potenzial, dass sich «dramatisch erweitern» lasse.
Gabriel hob hervor, dass Deutschland schon jetzt bei den Umwelttechnologien einen Weltmarktanteil von 20 Prozent, bei den erneuerbaren Energien sogar einen Anteil von 30 Prozent habe. Aufgrund seiner Erfahrung könne Deutschland auch künftig am weltweiten Boom der Branche teilhaben. Dafür müsse die Regierung aber die richtigen Rahmenbedingungen schaffen. Es gelte, Investitionsanreize zu setzen, indem der Staat umweltfreundliches Verhalten belohne. Außerdem müsse Deutschland den Atomausstieg vollenden und sich dem sogenannten CCS-Verfahren, der Einlagerung von klimaschädlichen Kohlendioxid in unterirdischem Speichern, zuwenden, forderte der SPD-Politiker. Zudem seien Investitionen in Infrastruktur und Bildung nötig.
Studie des Instituts für Konjunkturforschung
Der Umweltminister stützte sich bei seinen Forderungen zum einen auf eine Studie des Instituts für Konjunkturforschung und Makroökonomie (IMK) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Das Institut erstellte ein gesamtwirtschaftliches Konzept zur Schaffung von Jobs. Zum anderen analysierte die Beraterfirma Roland Berger Strategy im Auftrag des Umweltministeriums das Potenzial deutscher Umweltunternehmen.
Laut IMK steht Deutschland an «einer Weggabelung der wirtschaftlichen Dynamik». Wenn das Land weiter mache wie bisher, gingen kommendes Jahr eine Million Jobs und in den Folgejahren noch mehr Arbeitsplätze verloren, sagte der wissenschaftliche Direktor des Instituts, Gustav Horn. Torsten Henzelmann von Roland Berger Strategy hob hervor, dass in Deutschland keine Branche ein ähnlich rasantes Wachstum vorweisen könne wie die Umwelttechnologie. Um nicht den Anschluss zu verlieren, müsse Deutschland aber mehr Geld in Forschung und Entwicklung sowie in die Ausbildung von Fachpersonal stecken.
Thema "Massenarbeitslosigkeit" kein Tabu
Gabriel sagte, obwohl die Studien schon lange vor dem Deutschland-Plan von SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier in Auftrag gegeben worden seien, kämen sie in etwa zu den selben Ergebnissen wie der Vizekanzler. Der Umweltminister verteidigte Steinmeiers Vorschläge für Vollbeschäftigung bis 2020. Die Kernfrage des Bundestagswahlkampfs sei: «Trauen wir uns überhaupt noch, über die Überwindung der Geißel der Massenarbeitslosigkeit zu reden?» CDU und FDP hätten deutlich gemacht, dass sie sich mit dem Problem abfinden, kritisierte Gabriel. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) habe außerdem die Förderung der Umweltbranche durch die Blockade mehrerer Gesetze behindert.
Der Umweltminister wies zudem den Vorwurf seines Amtsvorgängers Jürgen Trittin von den Grünen zurück, er habe den Begriff «Green New Deal» von den Grünen geklaut. Die Bundesregierung habe den Begriff bereits während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2007 verwendet. (afp)