Düsseldorf. Umbruch in den Autohäusern: Deutschlands VW- und Audi-Händler setzen verstärkt auf E-Bikes und Autovermietung. Das hat Gründe.

Deutschlands VW- und Audi-Händler bereiten sich auf einen massiven Umbruch vor. Mit der Elektromobilität werde sich der Alltag in den Autohäusern stark verändern, berichtet Dirk Weddigen von Knapp, der Präsident des Volkswagen- und Audi-Partnerverbands (VAPV), der eigenen Angaben zufolge rund 800 Händler und etwa 1200 Servicebetriebe mit mehr als 100.000 Beschäftigten vertritt.

Einige VW-Händler setzen angesichts des rasanten Wandels bereits auf den Verkauf von Elektrofahrrädern, um rückläufige Geschäfte in anderen Bereichen auszugleichen, berichtet Weddigen von Knapp. Ein Beispiel sei die Glinicke-Gruppe: Kürzlich hat das Autohaus in Kassel den Handel mit Elektrofahrrädern sowie Reparatur- und Wartungsleistungen gestartet. Beim Aufbau des Fahrrad-Geschäfts gebe es für die Autohäuser allerdings bürokratische Hürden, denn Automechanikern sei es in Deutschland aufgrund von Vorgaben der Handwerksinnungen nicht erlaubt, E-Bikes zu reparieren. Auch mit Autovermietungen und Service rund um Ladetechnik und Solaranlagen wollen VW-Händler zunehmend ihr Geld verdienen.

Der Werkstatt-Betrieb mache rund 80 Prozent des derzeitigen Geschäfts der Autohäuser aus, 20 Prozent der Handel, erklärt Weddigen von Knapp vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf. Mit dem Aufstieg der Elektroautos und dem Rückzug der Verbrenner-Fahrzeuge werde sich das Bild ändern. Es werde dann weniger Reparaturen und Inspektionen geben. „Die gesamte Wertschöpfung in der Werkstatt fällt in sich zusammen“, sagt Weddigen von Knapp. Die Händler müssten darauf reagieren. Das heiße beispielsweise, dass sie nicht mehr den Ölwechsel vornehmen, sondern für die Kundinnen und Kunden die Lade-Infrastruktur organisieren.

VW-Händler wollen Geschäft mit Autovermietung ausbauen

Auch in der Autovermietung sieht Weddigen von Knapp Potenzial für seine Branche. Schon jetzt seien 24.000 Autos der VW-Händler als Mietwagen unter der Marke Euromobil auf der Straße. „Sixt brauchen wir nicht“, sagt Weddigen von Knapp provokant mit Blick auf die Konkurrenz. Auch in NRW gebe es viele Anlaufstellen – in Düsseldorf, Krefeld oder Neuss zum Beispiel. „Überall finden sie diese Euromobil-Fahrzeuge. Die Händler müssen die nur stärker nach draußen anbieten“, sagt Weddigen von Knapp. Er rechne mit einem Zuwachs in Richtung 30.000 Fahrzeuge. Das Ziel sei auch, eine Kooperation mit dem Mietwagenanbieter Europcar einzugehen, um stärker an Flughäfen und Bahnhöfen präsent zu sein.

Der 67-jährige Dirk Weddigen von Knapp, der in Wuppertal lebt, gehört zu den erfahrenen Akteuren seiner Branche. In den 80ern hat er einige Jahre lang den väterlichen BMW-Autohandelsbetrieb in Essen geführt. Danach war er viele Jahre – bis 2010 – Geschäftsführer der Firmengruppe Gottfried Schultz, die inzwischen größter konzernfreier VW-Händler in Deutschland ist. Seit acht Jahren agiert Weddigen von Knapp als Präsident des Volkswagen- und Audi-Partnerverbands. Der 1955 gegründete Verband hat sich zum Ziel gesetzt, die Interessen der Händler gegenüber dem VW-Konzern zu vertreten.

„Der Verbraucher zahlt letztlich die Zeche“

VW hatte für den Verkauf von Elektroautos ein sogenanntes Agenturmodell eingeführt: Die Händler sind dabei lediglich Vermittler der Fahrzeuge und erhalten bei einem Verkauf eine Provision. Eine „unverbindliche Preisempfehlung“ gebe es nicht, stattdessen einen bundesweit einheitlichen Preis. „Es gibt keinen Wettbewerb in der Agentur. Der Preis wird festgesetzt“, sagt Weddigen von Knapp. Dies gehe zu Lasten der Verbraucher. „Der Verbraucher zahlt letztlich die Zeche.“ Der oberste VW-Händler fügt hinzu: „Sie merken das alle, wenn Sie jetzt ein Auto kaufen, sind sie arm dran – im wahrsten Sinne des Wortes.“ Häufig seien die Autos nur mit monatelangen Wartezeiten zu bekommen. „Die Autos, die sie kriegen, sind wahnsinnig teuer, und sie bleiben teuer.“

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Er rechne auch nicht mit fallenden Preisen für VW-Elektroautos, sagt Weddigen von Knapp. „Aus unserer Sicht ist das nicht in Sicht.“ Es habe gerade erst eine vierprozentige Preiserhöhung gegeben. Preisabsenkung seien daher nicht zu erwarten. Es zeichne sich „ein gesellschaftliches Problem“ ab, sagt Weddigen von Knapp. „Autofahren wird einfach ein teures Gut.“