Essen. Die Essener Bank im Bistum (BIB) will Sparer vom Geschäft mit Mikrokrediten überzeugen. Geld aus BIB-Fonds fließe schon an 700.000 Kreditnehmer.

Die Essener Bank im Bistum (BIB) will Sparer in Deutschland verstärkt vom Geschäft mit Mikrokrediten als Geldanlage überzeugen. „Seit 15 Jahren sind wir im Geschäft mit Mikrokrediten aktiv. Dabei haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht“, berichtet BIB-Chef Peter Güllmann im Gespräch mit unserer Redaktion. Mikrofinanzierungen sind ein besonderes Geschäftsmodell im Bankensektor. Es geht um Geld für Menschen, die in aller Regel von kommerziellen Banken nicht bedient werden, weil sie beispielsweise kein regelmäßiges Einkommen haben oder keine Sicherheiten bieten können.

„Viele Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern haben kaum Möglichkeiten, sich eine wirtschaftliche Existenz aufzubauen, da ihnen der Zugang zu Krediten fehlt“, erklärt Güllmann. „Mikrofinanz schließt diese Lücke. Viele der Menschen, denen mit Mikrofinanzierungen geholfen wird, würden unter normalen Umständen vermutlich keinen Kredit erhalten.“ Die Essener Bank im Bistum sei mittlerweile einer der größten Anbieter von Mikrofinanzierungen aus Deutschland. Das Geld aus Fonds der Ruhrgebietsbank fließe an rund 700.000 Kreditnehmer in etwa 30 Ländern. Das Geschäft will die Bank im Bistum weiter ausbauen. „Unser Ziel ist, noch mehr Menschen als bisher mit Mikrokrediten zu erreichen“, sagt Güllmann, ein ehemaliger Manager der NRW.Bank, der seit 2018 Sprecher des BIB-Vorstands ist.

Die Bank im Bistum bietet Fonds für heimische Geldanleger an und arbeitet im Ausland mit spezialisierten Mikrofinanzinstituten zusammen. „Das Volumen unserer Fonds für Mikrokredite liegt aktuell bei 275 Millionen Euro. Unter dem Strich sind das etwa zehn Millionen Euro mehr als noch vor einem Jahr“, so Güllmann. Das Fondsvolumen sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Vor zehn Jahren habe es noch deutlich unter 100 Millionen Euro gelegen.

„Wir sind keine Institution der Kirche“

Die Bank im Bistum Essen sticht aus den Geldhäusern im Ruhrgebiet heraus, nicht nur wegen ihres Namens. Das Finanzunternehmen mit dem Kürzel BIB hat sich auf sozial-ökologische Geldanlagen spezialisiert. „Mikrokredite passen zu unseren christlichen und ethischen Werten“, betont Güllmann. „Wir sind keine Institution der Kirche, sondern eine Genossenschaftsbank. Uns eint das Verständnis, dass wir mit Geld etwas Gutes bewirken können.“ Die Kundinnen und Kunden seien im Übrigen „nicht nur katholisch, sondern auch evangelisch oder auch konfessionslos“.

Mikrokredite seien „auch eine Form von Armutsbekämpfung“, sagt Güllmann. „Oft ist es das Startkapital, um sich den eigenen Lebensunterhalt zu sichern – in der Landwirtschaft oder mit einem kleinen Geschäft. Das Geld setzen die Menschen beispielsweise für den Kauf von Saatgut oder die Anschaffung eines Lieferwagens ein.“

Die Schwerpunkte des Mikrokredit-Geschäfts liegen nach Darstellung von Güllmann in Lateinamerika, Asien und Osteuropa – in Ländern wie Bolivien, Ecuador, Kambodscha, Peru, Indien, der Mongolei, Myanmar sowie Armenien, Georgien, Kasachstan und Usbekistan. In Russland und Weißrussland sei die Bank im Bistum nicht aktiv.

BIB-Chef: Fast 70 Prozent der Mikrokredite fließen an Frauen

Oft gehe es den Kreditnehmern um vergleichsweise kleine Anschaffungen wie einen Backofen für die Tortilla-Herstellung oder Bügeleisen für eine Wäscherei, erzählt Güllmann. „Wir stellen fest, dass viele Kreditnehmer sehr dankbar sind, wenn sie einen Mikrokredit erhalten. Zum ersten Mal in ihrem Leben glaubt jemand an sie.“ Daher sei die Ausfallquoten bei den Krediten auch sehr gering. „Im Schnitt erhalten die Kreditnehmer rund 1500 Euro“, berichtet der BIB-Chef. „Mehr als jeder zweite Kreditnehmer lebt auf dem Land. Fast 70 Prozent sind Frauen.“

Die Bank im Bistum beschäftigte zehn Mitarbeitende, die sich mit Mikrokrediten befassen. „Wir schauen uns die Finanzinstitute, mit denen wir vor Ort kooperieren, sehr genau an“, sagt Güllmann. „Wir wollen wissen: Wer sind die handelnden Personen? Wie gehen sie mit den Kreditnehmern um?“

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Kundinnen und Kunden der Bank im Bistum hätten „bisher noch kein Geld mit ihrer Anlage in Mikrofinanzfonds verloren“, betont Güllmann. „Wir haben Kundinnen und Kunden, die sehr gezielt ihr Geld in Mikrofinanzfonds anlegen möchten. Einige hundert Menschen haben sich für diese Form der Geldanlage bei uns entschieden.“ Neben Privatleuten gebe es auch institutionelle Investoren, die beispielsweise 500.000 Euro oder eine Million Euro in Mikrofinanzfonds anlegen. „Die Renditen für Anleger liegen in aller Regel zwischen einem und knapp drei Prozent. Im Jahr 2021 waren es fast drei Prozent, im zurückliegenden Jahr 2022 liegt die Rendite zwischen ein bis 1,5 Prozent“, berichtet Güllmann. „Es gibt eine gewisse Verzinsung, aber eine möglichst hohe Rendite steht hier nicht im Vordergrund.“