Düsseldorf. Der Branchenriese Janssen (Johnson & Johnson) sieht die Pharmaindustrie arg unter Druck. Das Geschäftsmodell sei bedroht. Ein Grund: Inflation.

Der Chef des Pharmaunternehmens Janssen-Cilag, Andreas Gerber, blickt angesichts von Inflation und Lieferengpässen mit Sorge auf seine Branche. Mit dem von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegten Gesetz zur Stabilisierung der Finanzen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) seien enorme Belastungen für die Pharmabranche verbunden, berichtete Gerber. „Unser Geschäftsmodell sehe ich dadurch eindeutig bedroht“, sagte er vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) in Düsseldorf. Den Pharmafirmen in Deutschland werde verwehrt, gestiegene Kosten über höhere Einnahmen auszugleichen.

„Wir sind auch betroffen von zehn Prozent Inflation, von Lohnsteigerungen und deutlich höheren Kosten für unsere Grundstoffe in der Herstellung“, gab Gerber zu bedenken. Die Pharmaindustrie sei „die einzige Branche“, die dies nicht über ihre Preise weitergeben könne. Dies sei kontraproduktiv, wenn es darum gehe, verstärkt Investitionen nach Deutschland zu holen. Er gehe davon aus, dass seine Branche insgesamt leiden werde, erklärte Janssen-Chef Gerber. Auch Stellenabbau sei wahrscheinlich. „Kann es da zu Personalabbau kommen? Ich fürchte: ja“, sagte er.

Apotheken berichten von Lieferengpässen

Das aus Neuss geführte Unternehmen Janssen ist mit rund 1200 Beschäftigten Teil des global agierenden Gesundheitskonzerns Johnson & Johnson. Allein im Jahr 2021 wurden Unternehmensangaben zufolge bundesweit mehr als 890.000 Menschen mit verschreibungspflichtigen Medikamenten von Janssen behandelt. Janssen sieht sich auf dem Weg zur Nummer eins auf dem deutschen Pharmamarkt. Derzeit rangiert das Unternehmen nach eigener Darstellung noch hinter dem Branchenriesen Novartis.

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In den vergangenen Tagen hatte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände auf Lieferengpässe bei Medikamenten hingewiesen – darunter Fiebersäfte für Kinder, Magensäureblocker, Hustensäfte und Blutdruckmittel. Als ein wesentlicher Grund gelten gestörte Lieferketten aus Asien. „Wir sind nicht direkt betroffen von den Lieferengpässen bislang“, sagte Janssen-Chef Gerber. „Es geht da eher um die Generika-Hersteller.“ Zugleich betonte er: „Wir müssen dafür sorgen, dass wir die Lieferfähigkeit weiterhin sicherstellen.“

Keine eigenen Produktionsstätten in Deutschland

Janssen betreibt keine eigenen Produktionsstätten in Deutschland, arbeitet aber mit Auftragnehmern zusammen und hat große Fabriken unter anderem in Belgien, den Niederlanden, der Schweiz und Italien, die eine sichere Versorgung mit Arzneimitteln sicherstellen sollen.

Mit Blick auf einen möglichen Aufbau eigener Werke in Deutschland äußert sich Gerber zurückhaltend. Ausgeschlossen sei ein solcher Schritt nicht, aber in anderen Ländern gebe es „attraktivere Rahmenbedingungen“, unter anderem aufgrund von Steuervorteilen.

Johnson & Johnson hatte während der Corona-Pandemie in Deutschland an Bekanntheit gewonnen, weil das Unternehmen früh zu den Impfstoff-Lieferanten gehörte. Mit Hilfe von Johnson & Johnson seien bundesweit rund 5,4 Millionen Menschen geimpft worden, so Gerber. Dies sei „im Großen und Ganzen eine Höchstleistung“ gewesen. Eine Weiterentwicklung des Impfstoffs treibe das Unternehmen derzeit allerdings nicht voran.