Essen. Der Schuhhandelsriese Deichmann hat in der Corona-Krise stark von staatlichen Hilfen, Kurzarbeitergeld und Vermieter-Zugeständnissen profitiert.

Deutschlands größte Schuhhandelskette Deichmann hat im Corona-Jahr 2021 erheblich von millionenschweren staatlichen Hilfen profitiert. Wie aus der im Bundesanzeiger veröffentlichten Bilanz hervorgeht, verbuchte das Unternehmen unter anderem Corona-Hilfen (Überbrückungshilfe III) in Höhe von 52 Millionen Euro sowie weitere staatliche Leistungen im europäischen Raum im Umfang von rund 16,8 Millionen Euro. Die Personalkosten seien im vergangenen Jahr aufgrund von staatlicher Unterstützung – insbesondere durch Kurzarbeitergeld – um rund 37,5 Millionen Euro verringert worden. Zugeständnisse von Vermietern machten sich ebenfalls positiv in der Deichmann-Bilanz bemerkbar. Von knapp 14,5 Millionen Euro für „gewährte Mietverzichte“ ist im Konzernabschluss die Rede.

Trotz der Corona-Krise hat Deichmann eigenen Angaben zufolge im vergangenen Jahr einen Jahresüberschuss von 316,3 Millionen Euro erwirtschaftet. Vor Steuern sei das Jahresergebnis nach einem Minus von 37,6 Millionen Euro im Jahr 2020 sogar auf 400,5 Millionen Euro gestiegen, erklärt das Unternehmen im Bundesanzeiger. Hierin seien staatliche Unterstützungsmaßnahmen – unter anderem Kurzarbeitergeld und Beihilfezahlungen – von insgesamt 132 Millionen Euro enthalten. So ergab sich nach einem Jahresfehlbetrag des Konzerns im Vorjahr von minus 73,9 Millionen Euro ein Jahresüberschuss in Höhe von 316,3 Millionen Euro für das Jahr 2021, schreibt Deichmann in der vor wenigen Tagen veröffentlichten Bilanz.

Bezogen auf den deutschen Markt sehen die Bilanzzahlen von Deichmann allerdings weniger rosig aus. Demnach fiel für das Jahr 2021 ein Fehlbetrag in Höhe von 6,1 Millionen Euro an – nach einem Minus von 48,1 Millionen Euro im Vorjahr. Es sei ein „sehr herausforderndes Geschäftsjahr 2021“ gewesen, heißt es in der Bilanz des Schuhkonzerns, der vom Essener Familienunternehmer Heinrich Deichmann geführt wird. Deichmann verweist auf die „Corona-bedingten deutschlandweiten Filialschließungen zu Jahresbeginn“ sowie Einschränkungen des Geschäftsbetriebs im Jahresverlauf.

„Erst zum zweiten Mal in der Firmengeschichte kam es in Deutschland erneut durch die Corona-Restriktionen zu einem Jahresfehlbetrag“, erklärte das Unternehmen auf Anfrage unserer Redaktion. „Während die Einschnitte in Deutschland groß waren, kamen andere Länder mit deutlich weniger Restriktionen durch die Krise.“

Bezirksregierung Düsseldorf gibt Überbrückungshilfe frei

Im Frühjahr 2021 hatte Unternehmenschef Heinrich Deichmann im Interview mit unserer Redaktion erklärt, der Großteil der Belegschaft in Deutschland befinde sich in Kurzarbeit. „Wir stocken das Kurzarbeitergeld in ganz Deutschland auf, damit unsere Beschäftigten auf 90 Prozent ihres regulären Gehalts kommen“, sagte Deichmann seinerzeit.

Detailliert erläutert das Unternehmen im Bundesanzeiger, wie der Deichmann-Konzern an Corona-Gelder gekommen ist. Demnach hat die Deichmann SE für sich beziehungsweise stellvertretend für fünf Tochtergesellschaften am 18. Oktober 2021 einen Antrag auf Gewährung von Überbrückungshilfe III des Bundes gestellt. „Der Antrag belief sich auf den Maximalbetrag von 52 Millionen Euro.“ Am 25. Januar 2022 seien die beantragten Mittel durch die Bezirksregierung Düsseldorf in voller Höhe von 52 Millionen Euro freigegeben worden. Die Bewilligung der Höhe der Überbrückungshilfe sei allerdings „unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung durch einen Schlussbescheid“ erfolgt. Dieser liege bislang noch nicht vor, heißt es in der vor wenigen Tagen im Bundesanzeiger veröffentlichten Bilanz.

„Wir gehen zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon aus, dass wir etwas zurückzahlen müssen“, erklärte das Unternehmen auf Anfrage unserer Redaktion. „Der berechnete, hierfür relevante Schaden für die inländischen Unternehmen unserer Gruppe liegt deutlich höher.“

2021 lief für Deichmann besser als zunächst erwartet

Auch mit Hilfe des Staates lief es 2021 besser als erwartet für die Schuhhandelskette: Die zuvor formulierte Prognose „eines Jahresergebnisses vor Steuern deutlich unterhalb des Jahres 2020“ sei nicht eingetroffen, heißt es in der Bilanz. Vor Steuern habe das Jahresergebnis auf dem Heimatmarkt 3,8 Millionen Euro erreicht – und sei damit deutlich besser gewesen als das Minus von 42,7 Millionen Euro im Jahr 2020. „Darin enthalten sind unter Vorbehalt ertragswirksam realisierte staatliche Unterstützungsleistungen aus Corona-Hilfsprogrammen in Höhe von 40,8 Millionen Euro“, so Deichmann.

In der Jahresbilanz erinnert Deichmann an die angespannte Lage im vergangenen Jahr: Aufgrund des durch die Bundesregierung angeordneten Lockdowns blieben die Verkaufsstellen in Deutschland über den Jahreswechsel hinaus bis zum 27. März 2021 geschlossen. Ab Ende März konnten die Filialen teilweise und unter regional unterschiedlichen Einschränkungen wieder öffnen. Öffnungen unter Vorlage eines negativen Corona-Tests und zum Teil unter Beschränkung der Besucherzahl waren größtenteils ab Mitte Mai wieder möglich. Im übrigen Verlauf des Jahres waren die Deichmann-Filialen überwiegend unter regional unterschiedlichen Einschränkungen (2G- beziehungsweise 3G-Regelungen) wieder geöffnet.

In Deutschland ging die Zahl der verkaufen Schuhe der Deichmann-Bilanz zufolge im vergangenen Jahr von 55,9 Millionen auf 53,3 Millionen Paar zurück, ein Minus von 4,7 Prozent. Den Absatzrückgang im Vergleich zum Vorjahr begründete das Unternehmen mit den länger als im Jahr 2020 anhaltenden Filialschließungen wegen der Corona-Pandemie.

Durchschnittspreis für Schuhe steigt auf 31,40 Euro

International stieg die Zahl der verkauften Schuhe expansionsbedingt um sieben Prozent auf 160,5 Millionen Paar. Der Durchschnittspreis für die Schuhe habe sich von 28,87 Euro auf 31,40 Euro erhöht, so Deichmann. Das entspricht einem Anstieg von 8,8 Prozent.

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Für das Jahr 2022 kündigte Deichmann den Ausbau und die Modernisierung des Filialnetzes an. Hierfür seien Investitionen von 326,7 Millionen Euro geplant. Im Deichmann-Konzern sei ein leichter Zuwachs der Filialen geplant, hauptsächlich bedingt durch einen Kauf von Verkaufsstellen in Polen und Neueröffnungen in den USA. Auch im Internet setzt der Konzern verstärkt auf Expansion. Das Sortiment der Deichmann-Filialen könne mittlerweile über 39 Online-Shops bestellt werden.

Angesichts des Ukraine-Kriegs hatte Deichmann einen Rückzug aus Russland angekündigt. Die russische Tochtergesellschaft habe im abgelaufenen Geschäftsjahr „einen Umsatz im niedrigen zweistelligen Millionenbereich“, heißt es in der Bilanz. „Die seit Februar 2022 zunehmend eskalierende Situation in der Ukraine könnte sich auch auf Deichmann und den Konzern unmittelbar und mittelbar auswirken.“ Belastungen seien durch mögliche Konsumzurückhaltung, eine steigende Inflation und höheren Einkaufskosten für Handelswaren möglich.