Bochum. Vonovia fährt die Investitionen in Neubau und Modernisierungen um 40 Prozent zurück. Gründe sind steigende Zinsen und Baukosten.
Wegen steigender Zinsen und Baukosten will der größte deutsche Immobilienkonzern Vonovia seine Investitionen im kommenden Jahr deutlich zurückfahren. Vonovia werde in Neubau und energetische Sanierung 2023 nur noch 850 Millionen Euro stecken. Das sind 40 Prozent weniger als im laufenden Jahr, teilte das Bochumer Dax-Unternehmen am Freitag mit.
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„Es macht einfach aktuell keinen Sinn mehr, neu zu bauen. Die Mieten kann sich am Ende niemand mehr leisten“, sagte Vonovia-Chef Rolf Buch im Gespräch mit unserer Redaktion. Nach seinen Angaben müssten sich die Mieten der Wohnungen in einem aktuell gebauten Haus im Vergleich zum Vorjahr verdoppeln. Gründe seien die deutlich angehobenen Baukosten, aber auch die Zinsen. Buch: „Vor einem Jahr lagen die Zinsen für Immobilienfinanzierungen noch bei einem Prozent, inzwischen vier Prozent.“
Mieten in Neubauten verdoppeln sich
Das Ziel der Bundesregierung sieht der Vonovia-Chef in weite Ferne rücken. „Um jährlich 400.000 Wohnungen zu bauen, brauchen wir 100 Milliarden Euro. Und zwar jedes Jahr. Das stellt den Gaspreisdeckel und das Sondervermögen für die Bundeswehr in den Schatten“, meint Buch. Um Wohnungsnot zu lindern und Obdachlosigkeit vor allem in den Metropolen zu vermeiden, müsse Politik an drei Stellschrauben drehen: „In Frankreich etwa werden die Bauzinsen staatlich nach unten reguliert. Das wäre neben den Förderprogrammen und der Absenkung der Baustandards ein wichtiger Hebel auch in Deutschland“, fordert Buch.
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Knapp zwei Milliarden Euro will Vonovia bis Ende des Jahres in Neubauten, die energetische Sanierung und laufende Instandhaltung bestehender Gebäude gesteckt haben. Für 2023 stehen nur 850 Millionen Euro zur Verfügung. Hinzu kommen nicht planbare Mittel etwa für tropfende Wasserhähne und undichte Fenster. Obwohl er auf die Bremse tritt, sieht Rolf Buch sein Ziel nicht gefährdet, den Häuserbestand bis 2045 auf einen klimaneutralen Stand zu bringen.
„Deutschland kann nicht jedes Jahr die Klimaziele reißen. Bei der Umlage der Kosten für die energetische Sanierung müssen wir perspektivisch zu einer Warmmieten-Neutralität kommen. Diese Diskussion müssen wir sachlich führen“, schlägt der Manager vor. Damit würde die Begrenzung der Umlage der Modernisierungskosten auf zwei oder drei Euro pro Quadratmeter auf die Kaltmiete entfallen. Maßstab wäre eine stabile Warmmiete, weil die Heizkosten in einer modernisierten Wohnung sinken.
IG Bau: Vonovia handelt „verantwortungslos“
Scharfe Kritik an der neuen Vonovia-Strategie übt die Gewerkschaft IG Bau. „Wenn der Platzhirsch unter den Wohnungskonzernen jetzt beim Neubau und bei den Modernisierungen profitorientiert auf die Bremse tritt, dann ist das verantwortungslos. Die Menschen brauchen dringend mehr bezahlbare Wohnungen und vor allem auch Sozialwohnungen“, sagt Bundesvorstandsmitglied Carsten Burckhardt und wiederholt die Forderung der IG Bau, dem Bund möge bei Vonovia und einsteigen und den Kurs des Bochumer Dax-Konzerns künftig mitbestimmen.
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Angesichts der aktuellen Krise gibt sich Vonovia bei der Prognose für das kommende Jahr zurückhaltend. 2023 dürfte der operative Gewinn – gemessen an der für die Immobilienbranche wichtigen Kenngröße FFO – aufgrund der Zins- und Steuerentwicklung leicht zurückgehen, teilte das Unternehmen am Freitag mit. Für 2022 peilt Vonovia weiter einen Zuwachs des operativen Ergebnisses auf 2,0 bis 2,1 Milliarden Euro nach 1,67 Milliarden Euro im Vorjahr an. Der Umsatz soll 2023 auf 6,8 Milliarden bis 7,4 Milliarden Euro zulegen.