Essen. Galeria will mindestens ein Drittel der 131 Warenhäuser schließen und betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Antrag auf Schutzschirmverfahren.
Der wirtschaftlich angeschlagene Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof steht vor tiefen Einschnitten. Um das Essener Unternehmen vor der Insolvenz zu retten, kündigt Geschäftsführer Miguel Müllenbach die Schließung von „mindestens einem Drittel“ der bundesweit 131 Filialen und betriebsbedingte Kündigungen an. Auf zusätzliche Staatskredite will Galeria verzichten und hat stattdessen beim Amtsgericht Essen ein Schutzschirmverfahren beantragt.
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„In den Filialen, die wir nicht weiterführen, wird es betriebsbedingte Kündigungen geben. Es wird auch in der Verwaltung Anpassungen geben müssen. Das ist leider unumgänglich, um in dieser Situation den größeren Teil des Unternehmens zu retten“, sagte Müllenbach der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Aus Konzernkreisen verlautet, dass es noch keine genauen Zahlen der zu schließenden unprofitablen Filialen und der abzubauenden Stellen gebe. Die Mitarbeitenden müssten sich aber auf heftige Einschnitte einstellen. „Es gibt viele erfolgreiche und erfolgversprechende Standorte und solche, die unter den jetzt geltenden Bedingungen auf absehbare Zeit nicht mehr profitabel zu betreiben sind“, schreibt Müllenbach in einem Brief an die Mitarbeitenden, der unserer Redaktion vorliegt.
Das Sanierungskonzept ist Voraussetzung für das Essener Amtsgericht, das Schutzschirmverfahren für Galeria überhaupt zu ermöglichen. Für maximal drei Monate zahlt dann die Agentur für Arbeit die Gehälter. Galeria wäre vor den Forderungen der Gläubiger geschützt und könnte die Mieten neu verhandeln. Auf die beantragten Staatskredite will Müllenbach dagegen verzichten. „Ein neuer Kredit hätte uns wegen der Zinsen und Tilgung noch weiter belastet, ohne dass uns gleichzeitig Entlastungen möglich gewesen wären, wie sie ein erneutes Schutzschirmverfahren bieten.“
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Die Gesundung des Unternehmens, das tiefrote Zahlen schreibt, will das Unternehmen nun in Eigenregie schultern. Dazu werde auch der Eigner, der österreichische Milliardär René Benko mit seiner Signa-Gruppe einen Beitrag leisten. „Der Eigentümer hat in der Vergangenheit fast eine Milliarde Euro investiert. Ohne die Signa gäbe es schon längst keine Warenhäuser mehr in Deutschland. Ich gehe davon aus, dass Signa uns auch weiterhin mit Investitionen unterstützen wird“, sagte Müllenbach der FAZ.
Es ist das zweite Schutzschirmverfahren, in das sich Galeria flüchtet. Bereits Ende März 2020 zu Beginn der Corona-Pandemie hatte das Essener Unternehmen einen Antrag auf Gläubigerschutz gestellt. In Folge dessen wurden bundesweit 40 Warenhäuser geschlossen. Auf Druck von Politik und Wirtschaft und nach dem Entgegenkommen der Vermieter blieben jeweils eine Filiale in den Metropolen Essen und Dortmund erhalten. Doppelstandorte von Karstadt und Kaufhof gibt es an Rhein und Ruhr nur noch in Düsseldorf und Duisburg.
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Gläubiger verzichteten seinerzeit auf Forderungen in Höhe von rund zwei Milliarden Euro. Dadurch wurde Galeria ein Neustart ermöglicht. Ob und wie das Unternehmen die bereits vom Bund gewährten Staatskredite in Höhe von 680 Millionen Euro zurückzahlen wird, ließ Müllenbach zunächst offen
Bereits in der vergangenen Woche hatte der Gesamtbetriebsrat vor einem Kahlschlag bei Galeria gewarnt. „Die vorangegangenen Insolvenzen hatten Filialschließungen und Massenentlassungen zur Folge – dies gilt es jetzt zu verhindern“, forderten die Arbeitnehmervertreter. Nun soll auch die Konzernzentrale in Essen mit mehr als 1000 Stellen von den Streichplänen betroffen sein. „Für uns geht es jetzt darum, möglichst jeden Arbeitsplatz zu erhalten“, sagte Stefanie Nutzenberger vom Verdi-Bundesvorstand. „Die Wut und die Enttäuschung ist groß bei unseren Kolleginnen und Kollegen vor Ort.“