Düsseldorf. NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur spricht sich gegen einen Einstieg bei Thyssenkrupp Steel aus. Position bezieht sie auch zu Uniper und RWE.

Mona Neubaur kommt zu Fuß zum Düsseldorfer Maxhaus. Das ehemalige Klostergebäude, das nun als katholisches Stadthaus dient, liegt mitten in einem quirligen Teil der Altstadt. Als die Wirtschaftsministerin den Saal betritt, in dem sie zu einem Gespräch mit der traditionsreichen Wirtschaftspublizistischen Vereinigung (WPV) verabredet ist, entfährt ihr beim Blick auf die barocke Stuckdecke des ehemaligen Kloster-Speisesaals ein „Halleluja“. Dann räumt die Ministerin kurzerhand das für sie aufgebaute Rednerpult weg. Auch auf ein Mikrofon möchte sie verzichten.

Als Wirtschaftsministerin der ersten schwarz-grünen Koalition in NRW steht Mona Neubaur dieser Tage vor einer großen Vermittlungsaufgabe – kommunikative Barrieren können da nur stören. Kohlekraftwerke, die eigentlich als Auslaufmodell galten, gehen zurück ans Netz. Der Erkelenzer Stadtteil Lützerath, der zu einem Symbol der Klimabewegung geworden ist, soll für den Braunkohleabbau des Essener Energiekonzerns RWE im Rheinischen Revier weichen. Thyssenkrupp kann auf eine millionenschwere staatliche Förderung für die Stahlproduktion hoffen. Und dann wäre da auch noch die bevorstehende, kostspielige Verstaatlichung des Düsseldorfer Energiekonzerns Uniper, zu dem nicht nur eine angeschlagene Gashandelssparte, sondern auch das umstrittene Steinkohlekraftwerk in Datteln gehört. Von einer „Zeit der Zumutungen“ spricht Neubaur, die erste Grünen-Politikerin, die das Wirtschaftsressort in einer NRW-Landesregierung führt.

„Wollen die Investition unterstützen, aber eben nicht Eigentümer werden“

Bei ihrem Auftritt vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung macht Neubaur deutlich, dass sie Veränderungen, aber keine Strukturbrüche anstrebt. So spricht sie etwa von schützenswerten „Wertschöpfungsketten“, die bei der Stahlerzeugung im Ruhrgebiet beginnen und hin zu mittelständischen Betrieben überall im Land führen. In diesem Sinne verstehe sie die angekündigte Förderung des Landes für den Aufbau einer Hochofen-Nachfolgetechnologie für die Herstellung von grünem Stahl in Duisburg auch als Impuls für viele Branchen in Nordrhein-Westfalen.

Einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag will die Landesregierung für die sogenannte Direktreduktionsanlage von Thyssenkrupp Steel in Duisburg beisteuern. Mit Blick auf einen möglichen direkten Einstieg ins Unternehmen, wie ihn die IG Metall fordert, zeigt sich Neubaur indes ablehnend. Schon die geplante Förderung sei „für einen Landeshaushalt jede Menge“, sagt Neubaur. „Damit wollen wir die Investition unterstützen, aber eben nicht Eigentümer werden.“

Deutschlands Stahlkonzerne ermuntert die NRW-Wirtschaftsministerin aber zur Zusammenarbeit, wenn es um die zukünftige Herstellung von klimafreundlichen Werkstoffen geht. „Die Deutsche Stahl AG wird seit längerem diskutiert“, stellt Neubaur fest. Es sei gut, wenn die heimischen Unternehmen darüber Gespräche führen, wie sie eine globale Wettbewerbsfähigkeit erlangen könnten. Ob dies letztlich auf eine „Stahl AG“ aus Thyssenkrupp und Salzgitter hinauslaufen werde, könne sie aktuell nicht bejahen. Angesichts anstehender Milliarden-Investitionen ergebe es aber „Sinn für die Stahlindustrie in der Bundesrepublik, sich auf einen gemeinsamen Weg zu verständigen“.

Kampf um Kohle und Klimaschutz

Die von Klimaschützern kritisierte und auch an der Grünen-Basis teils umstrittene Entscheidung, dass RWE das Dorf Lützerath abbaggern darf, um die darunter liegende Braunkohle für die Stromerzeugung zu nutzen, verteidigt Neubaur. Der RWE-Konzern sei Eigentümer des Geländes, betont sie. Die Rechtslage sei eine andere als beim Hambacher Forst, der vor der Regierungsübernahme der Grünen in NRW zum Schauplatz heftiger Auseinandersetzungen im Kampf um Kohle und Klimaschutz geworden ist.

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Auch zur geplanten Verstaatlichung des Gas- und Kohlekonzerns Uniper äußert sich Neubaur wohlwollend. Dass der Staat den Düsseldorfer Energieversorger, dem seine jahrelangen engen Beziehungen zum russischen Konzern Gazprom zum Verhängnis geworden sind, nun stütze, sei in der aktuellen Lage erforderlich. Klar spricht sich die NRW-Wirtschaftsministerin gegen eine Zerschlagung des Uniper-Konzerns aus, der seine Zentrale in der Landeshauptstadt hat. „Ich finde es nicht gut, wenn Uniper zerlegt wird“, sagt Neubaur. Auch die Gewerkschaft Verdi warnt davor, aus dem Konzern Firmenteile herauszulösen – etwa Wasserkraftwerke, auf die Landespolitiker in Bayern ein Auge geworfen haben. „Wir tun Uniper und uns einen Gefallen, wenn wir Ruhe in den Laden bringen“, sagt Neubaur – und macht sich kurz darauf auf den Weg zu einem weiteren Termin an diesem Abend, erneut zu Fuß.