Essen. Brauereien und Mineralwasserhersteller klagen über Kohlensäure-Knappheit. So schätzen Fiege, Stauder, die König-Brauerei und Aldi die Lage ein.

In vielen Brauereien fehlt es an Kohlensäure. „Uns erreichen täglich neue Hilferufe aus der Branche“, berichtet Nina Göllinger vom Brauer-Bund. „Der zunehmende Mangel an Kohlensäure ist ein Kernproblem für die Branche, weil dadurch immer häufiger die Produktion und die Abfüllung in den Brauereien unterbrochen werden müssen.“ Beim Verband Deutscher Mineralbrunnen (VDM) ist von einem „CO2-Engpass“ die Rede. Kohlensäure entsteht durch die Reaktion von Kohlendioxid (CO2) und Wasser. Kohlensäure werde in Brauereien vor allem benötigt, um Tanks und abzufüllende Flaschen sowie Fässer „vorzuspannen“, damit das Bier beim Füllen keinen Kontakt zur Luft bekommt und beim Abfüllen nicht schäumt. Für die eigentliche Bier-Produktion wird in aller Regel keine Kohlensäure benötigt, da die Kohlensäure auf natürliche Weise beim Brauen entsteht.

Weil bei der Gärung von Bier sogar deutlich mehr CO2 aufkommt als für das fertige Bier benötigt wird, fangen nach Darstellung des Branchenverbands viele Brauereien die überschüssigen Mengen auf – vor allem größere Betriebe. Sie seien daher nicht oder nur in geringem Umfang auf die Zulieferung von CO2 angewiesen. Brauereien, die CO2 nicht speichern könnten oder zusätzlich zum Beispiel Softdrinks herstellen, müssten allerdings große Mengen CO2 zukaufen. Denn gerade für die Produktion von Sprudelwasser und Erfrischungsgetränken sei Kohlensäure unersetzlich.

Brauerei Fiege: „Es fehlt im Moment die Planungssicherheit“

Bei der Bochumer Familienbrauerei Moritz Fiege wird die angespannte Lage aufmerksam beobachtet. Zwar habe Fiege „keinen akuten Kohlensäure-Engpass“ – auch dank einer eigenen Rückgewinnungsanlage, über die ein Teil des Kohlensäure-Bedarfs gedeckt werden könne. „Jedoch muss diese Situation wöchentlich neu bewertet werden“, berichtet Familienunternehmer Hubertus Fiege. Bisher habe der Lieferant der Brauerei noch regelmäßig geliefert. „Es fehlt im Moment jedoch die Planungssicherheit. Die Beschaffungssituation muss tagesaktuell im Auge behalten werden.“

Auch mit Blick auf die Kosten ist die Kohlensäure-Knappheit ein Thema. „Zusätzlich zur bereits existierenden Kostenlawine, mit der Brauereien konfrontiert werden, sind die Preise für Kohlensäure aufgrund der Knappheit am Markt extrem gestiegen“, erklärt Hubertus Fiege.

In der Duisburger König-Brauerei habe die eingeschränkte Verfügbarkeit von Kohlensäure keine Auswirkungen auf die Produktion, wird bei der Bitburger-Braugruppe betont, zu der die Traditionsmarke aus dem Ruhrgebiet gehört. „Bei der Gärung des Bieres wird die entstehende Kohlensäure zurückgewonnen und in Tanks gespeichert“, so Unternehmenssprecherin Katja Walther. Dies sei ausreichend für die gesamte Produktion, weshalb es im Normalfall nicht erforderlich sei, zusätzliche Kohlensäure einzukaufen. Ähnlich gelassen reagiert die Essener Brauerei Stauder auf eine Anfrage unserer Redaktion. „Bei uns kommt ein wesentlicher Teil der Kohlensäure aus der Gärung“, sagt Brauerei-Chef Thomas Stauder. „Bei dem darüber hinaus gehenden Bedarf gibt es bisher keine Engpässe. Wir haben alle vereinbarten Mengen von unserem Lieferanten bekommen.“

Schloss Quelle spricht von „sehr angespannten“ Lieferketten

Schwieriger ist die Lage für Mineralwasserhersteller. Die Lieferketten seien „sehr angespannt“, so Maik Hünefeld vom Verband Deutscher Mineralbrunnen. Jörg Mellis, der Inhaber des Mülheimer Traditionsunternehmens Schloss Quelle, hat nach eigener Darstellung die Produktion wegen Engpässen bei der CO2-Versorgung bereits teilweise gedrosselt.

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Der Ausgangspunkt für Probleme in der Lieferkette sei die Energiekrise, erklärt der Brauer-Bund. Denn CO2, das in der Getränkeindustrie zum Einsatz komme, sei ein Nebenprodukt der Düngemittelherstellung. Einige Anlagen wurden wegen hoher Energiekosten bereits heruntergefahren. Das knappe Angebot könnte bei den Getränkeherstellern die Preise in die Höhe treiben. Auf lange Sicht würden die Mineralbrunnen die „immensen Kostensteigerungen nicht abfedern können“, sagt Maik Hünefeld vom Verband Deutscher Mineralbrunnen.

Braumalz, Paletten, Kronkorken und Glas – alles wird teurer

„Bereits in der Corona-Krise hatten Lieferengpässe und Kostensteigerungen der Brauwirtschaft schwer zugesetzt. Doch was derzeit passiert, sprengt alle Dimensionen“, berichtet der Brauer-Bund. „Wir beobachten bei Rohstoffen, Verpackungen, Energie und Logistik nie gekannte Preissteigerungen.“ Die Einkaufspreise für Braumalz, Paletten, Kronkorken und Glas seien drastisch gestiegen. „Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Die Kostenexplosion in den Betrieben ist bisher noch nicht beim Kunden im Supermarkt oder der Gastronomie angekommen. Aber es ist klar, dass derart drastische Kostensteigerungen, wie wir sie aktuell erleben, irgendwann auch auf den Preis umgelegt werden müssen.“ Diese Entscheidung müsse jedoch „jede Brauerei für sich treffen“.

Mit Blick auf die Kohlensäure-Knappheit gibt zumindest ein Handelsriese Entwarnung. „Wir werden aktuell in gewohnter Art und Weise mit kohlensäurehaltigen Getränken sowie mit CO2-Zylindern für Wassersprudler beliefert“, erklärt der Discounter Aldi Nord auf Anfrage. „Unsere Kundinnen und Kunden können die Ware bei uns wie üblich einkaufen.“