Essen. Der Essener Energiekonzern RWE kauft ein großes Gaskraftwerk in Eemshaven. Der Standort soll ein Zentrum der Wasserstoff-Wirtschaft werden.

Der Essener Energiekonzern RWE hat große Pläne für den niederländischen Kraftwerksstandort Eemshaven. In der Nähe des Hafens, der auch für seine Fährverbindungen zur deutschen Nordseeinsel Borkum bekannt ist, will der Revierkonzern einen Dreh- und Angelpunkt für die Wasserstoff-Wirtschaft entwickeln. Dafür kauft RWE dem Energieversorger Vattenfall ein Gaskraftwerk namens „Magnum“ ab, das sich in unmittelbarer Nähe eines bereits bestehenden Standorts des Essener Unternehmens befindet.

Eine Vereinbarung zur Übernahme des Kraftwerks Magnum, das seit 2013 in Betrieb ist, haben beide Unternehmen nach Angaben von RWE bereits unterzeichnet. Der Vollzug der Transaktion werde bis Ende September angestrebt. Der vereinbarte Kaufpreis entspreche einem Unternehmenswert von 500 Millionen Euro. RWE will die Belegschaft des Kraftwerks Magnum vollständig von Vattenfall übernehmen. Das Geschäft stehe unter anderem unter dem Vorbehalt, dass der Betriebsrat von Vattenfall zustimmt. Ein Bestandteil des Deals sei auch ein auf dem Gelände befindlicher Solarpark mit einer Kapazität von 5,6 Megawatt.

Es gehe um „eines der modernsten Kraftwerke seiner Art“, betont RWE. Mit 1,4 Gigawatt verfügt die Vattenfall-Anlage über große Produktionskapazitäten. Das bereits bestehende RWE-Kraftwerk in Eemshaven hat sogar noch eine etwas höhere Kapazität als das Vattenfall-Werk und wird derzeit mit Steinkohle und Biomasse betrieben. Mit einer gemeinsamen Nutzung der Infrastruktur vor Ort seien „umfassende Vorteile“ verbunden. Bei RWE ist davon die Rede, Eemshaven zu einem „führenden Energie- und Wasserstoff-Hub in Nordwesteuropa“ machen zu wollen.

Gaskraftwerk kann auf Wasserstoff umgestellt werden

Das Gaskraftwerk von Vattenfall sei schon jetzt „wasserstofffähig“. Die Anlage könne technisch so umgerüstet werden, um sie anteilig mit bis zu 30 Prozent Wasserstoff zu betreiben – und damit Erdgas teilweise zu ersetzen. Darüber hinaus bestehe die Möglichkeit, das Kraftwerk bis zum Ende des Jahrzehnts vollständig auf Wasserstoff als alleinigen Brennstoff umzustellen.

podcast-image

„Grüner Wasserstoff ist ein zentrales Element für das Gelingen der Energiewende“, sagt Sopna Sury, Vorstandsmitglied der RWE-Tochter Generation. In Eemshaven wolle RWE die Produktion „von kostengünstigem Wasserstoff in großen Mengen vorantreiben“.

Über Strom aus Windkraftanlagen auf hoher See könnte der Standort künftig mit grüner Energie versorgt werden. Im Zuge einer Ausschreibung für den Hochsee-Windpark „Hollandse Kust West VII“ plant RWE den Bau von Elektrolyseuren zur Wasserstoffproduktion mit einer Gesamtleistung von 600 Megawatt. In der Provinz Groningen würde hierdurch zu ein „Schwerpunkt der niederländischen Wasserstoff-Wirtschaft“ entstehen.

RWE hat Eemshaven auch wegen Plänen zur CO2-Speicherung im Blick

Die Nähe zur niederländischen Nordsee und den umliegenden ehemaligen Erdgasfeldern ermögliche es auch, das Werk in Eemshaven perspektivisch für Technologien zur Abspaltung und Speicherung des Klimagases Kohlendioxid (Carbon Capture Storage, CCS) zu nutzen. Der Standort könnte hierdurch nicht nur CO2-neutral, sondern sogar „CO2-negativ“ betrieben werden. Um dieses Projekt „technisch, politisch und wirtschaftlich umsetzen“ zu können, brauche es allerdings auch die Unterstützung der niederländischen Regierung, wird bei RWE betont. Die CCS-Technologie ist umstritten.

Ein weiterer Aspekt, der nach Darstellung von RWE für den Standort Eemshaven spricht: Auf dem Hafengelände plane das niederländische Energieunternehmen Gasunie in direkter Nähe zum Magnum-Areal Flüssiggas-Terminals, die unter anderem durch Wärmezulieferung der RWE-Anlagen unterstützt werden könnten.