Düsseldorf. L’Oréal setzt bei Haarpflege und Kosmetik zunehmend auf Künstliche Intelligenz. Wie Friseure mit neuem Brausekopf viel Wasser sparen können.

Als sich der Chemiker Eugène Schueller im Jahr 1909 eine Haarfarbenformel patentieren ließ, die den Traum von kurzem blondem Haar vieler Frauen erfüllen sollte, ahnte der Gründer des Kosmetikkonzerns L’Oreal noch nichts von der Nachhaltigkeitsdebatte gut 100 Jahre später. In der Düsseldorfer Deutschland-Zentrale werden Technologien getestet, die Friseuren beim Wassersparen helfen und Verpackungsmüll beim Haarefärben zu Hause vermeiden sollen. Ein Blick in die Labore.

Die Tüftler von L’Oreal und dem Schweizer Start-up Gjosa haben sich Anregungen bei der Raketentechnik geholt und ein Verfahren entwickelt, das Wasserströme fraktioniert. Dadurch prallen Wassertröpfchen nach einer definierten Richtung gleichmäßig verteilt aufeinander. Der Effekt: Die Platfform verbraucht zwei Liter Wasser pro Minute, im Vergleich zu den haushaltsüblichen acht Litern.

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„Friseure sind nachhaltig, aber nur dann, wenn der Komfort der Kundinnen nicht darunter leidet“, sagt Kerstin Neumann. Die Direktorin in der Sparte professionelle Haarpflege steht in der Friseur-Akademie von L’Oréal und demonstriert den Brausekopf, der in ersten Salons bereits zum Einsatz kommt. Obwohl 65 Prozent weniger Wasser ins Waschbecken plätschert, würden Shampoo oder Färbemittel in gleicher Intensität herausgewaschen. „Der Wasserdruck ist ja vorhanden. So kann man mit gutem Gewissen Haare waschen“, meint Neumann.

Brausekopf hilft Friseuren beim Wassersparen

In Düsseldorf zeigt sie schon die nächste Generation des Wassersparens: ein Brausekopf, der parallel zum Wasser gleich das Shampoo mit auf die Haare verteilt. „Ziel ist es, das Shampoo in Pulverform anzuliefern, um auch noch das Plastik einzusparen“, berichtet die Direktorin.

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Der Brausekopf ist nur ein Element in der Nachhaltigkeitsstrategie, die sich L’Oreal selbst verordnet hat. Die gläserne Zentrale, aus der heraus 900 Mitarbeitende das Geschäft in Deutschland und Österreich steuern, ist bereits als CO2-neutral zertifiziert. Das gilt auch für das Distributionszentrum in Mönchengladbach. Von dort aus werden Parfumartikel der Luxusmarken wie Yves Saint Laurent, Lancôme oder Armani auf den Weg nach ganz Europa gebracht.

Müllarmes Haarefärben zu Hause

Aber auch bei dem für den französischen Konzern so wichtigen Thema Verpackungsmüll-Vermeidung sieht L’Oreal Fortschritte. Kommunikationschef Stefan Geister präsentiert ein tragbares Gerät, das einem Lockenstab ähnelt und die Haarfärbung zu Hause – immerhin ein zehn Milliarden Dollar schwerer Markt – „revolutionieren“ soll. „Es gibt viel zu viele Einwegelemente inklusive Einweg-Handschuhe in den Färbeprodukten“, sagt Geister. Der neue „Colorsonic“ soll all die Tuben und Behälter überflüssig machen. Die individuelle Farbe kommt aus einer Kartusche, die online bestellt werden kann, und soll durch einfaches Kämmen innerhalb weniger Minuten gleichmäßig auf den Kopf aufgetragen werden können. Bis das Gerät zur Marktreife gelangt, wird aber noch eine Weile vergehen. Den Verkaufsstart plant L’Oreal 2023 in den USA.

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Bei der Mischung der Farbe setzt L’Oreal immer stärker auf Künstliche Intelligenz (KI). Mit einem Scanner sollen Friseurinnen und Friseure das Kundenhaar genau etwa auf Grauanteil und Dichte analysieren und Farben mit mehr als 1500 Tönen herstellen. Mit dem Smartphone können Kundinnen und Kunden ihre Haut scannen. Eine App gleicht dann Falten, Pigmentflecken, Fettgehalt und ähnliches mit mehr als 10.000 Fotos in der Datenbank ab. Am Ende empfiehlt das System eine „personalisierte Hautpflege“, die L’Oreal über die Marke Vichy in Apotheken vertreibt.

Künstliche Intelligenz im Lippenstift

Frauen, die nicht nur auf einen Lippenstift setzen wollen, können sich ihre Nuancen aus 4000 unterschiedlichen Farben selbst mixen. Auch hierbei ist KI die treibende Kraft: Die Nutzerin macht ein Foto von ihren lackierten Fingernägeln oder von der Brosche, auf die der Lippenstift abgestimmt werden soll. Aus drei Farbpatronen mischt eine 16,5 Zentimeter hohe Box mit dem Namen Perso den passenden Farbton. Bei L’Oreal betont man, dass die eigene Marke Yves Saint Laurent die erste sei, die diese Technik auf den Markt bringt.

>>> Die L’Oréal-Gruppe

Zur französischen L’Oreal-Gruppe gehören 35 unterschiedliche Marken. Der international tätige Konzern setzte im vergangenen Jahr 32,28 Milliarden Euro um und beschäftigt 85.400 Mitarbeitende, davon rund 2800 in Deutschland und Österreich. Das Geschäft der beiden Länder, nach Umsatz das viertgrößte in der Welt, wird von Düsseldorf aus gesteuert. L’Oreal produziert in Karlsruhe für den Heimatmarkt.