Essen. In Supermärkten und Discountern sind Regale mit Sonnenblumenöl und Mehl zum Teil leergefegt. Die Engpässe sind eine Folge des Ukraine-Kriegs.
Der Krieg in der Ukraine hinterlässt in den ersten Supermärkten und Discountern erste Spuren: Die Preise für Lebensmittel steigen spürbar. Und Regale mit Raps- und Sonnenblumenöl, aber auch die Paletten mit Mehl waren am Samstag so gut wie leer gefegt. Nach Hamsterkäufen während der Corona-Pandemie steht der Einzelhandel offenbar vor der zweiten Welle.
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Einem Bericht der „Lebensmittel Zeitung“ (LZ) zufolge, werden vor allem die günstigeren Speiseöl-Produkte in Märkten wie Rewe und Netto knapper. Aldi Süd habe demnach sogar die Abgabe der Eigenmarke auf vier Flaschen pro Kunde oder Kundin begrenzt. Der Mülheimer Konzern wollte sich auf Nachfrage unserer Redaktion nicht weiter dazu äußern, räumt jedoch ein, bei größerer Nachfrage „die Abgabemenge pro Kunde vorübergehend einzuschränken“. Der Marktführer Edeka soll den Verkauf von Speiseöl in einigen Märkten sogar auf zwei Flaschen rationiert haben.
„Der Abverkauf einiger Warengruppen, unter anderem bei Speiseölen, schwankt derzeit sehr stark von Tag zu Tag. Wir gehen davon aus, dass sich einige Kundinnen und Kunden mit diesen Artikeln bevorraten“, sagte eine Sprecherin von Aldi Nord am Sonntagnachmittag. „Dadurch kann es sein, dass einzelne Artikel kurzzeitig vergriffen sind.“ Der Discounter sei aber bemüht, rasch für Nachschub zu sorgen.
Lieferengpässe schon vor dem Ukraine-Krieg
Der Krieg in der Ukraine, die gern als Kornkammer Europas bezeichnet wird, ist längst nicht der einzige Grund für Lieferengpässe. Missernten etwa in Kanada haben bereits im vergangenen Jahr das Angebot von Hartweizen verknappt. In der Folge stiegen die Preise für Nudeln. Die Gründe für die Knappheit der Speiseöle sind vielfältig. Bereits vor dem Ukraine-Krieg habe es Lieferengpässe gegeben, sagt Maik Heunsch, Pressesprecher des Verbands der Ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) unserer Redaktion.
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So sei es im vergangenen Jahr beim Raps in Kanada zu Ernteausfällen, an vielen Punkten der Lieferkette habe es durch Corona Verzögerungen gegeben. Auch die Produktionskosten seien wegen der Pandemie gestiegen. Nun verschärfe Putins Krieg gegen die Ukraine die Lage weiter. Die Ukraine sei, so Heunsch, der größte Rohöl-Lieferant Deutschlands für Sonnenblumenöl. „Noch ist in den Lagern Ware für etwa vier bis sechs Wochen vorhanden“, sagt Heunsch. Wie es dann weitergehe, sei unklar. In der Ukraine liegen noch etwa 2,5 Millionen Tonnen Speiserohöl, die aber durch den Krieg nicht aus dem Land kommen: Lieferwege seien blockiert, Arbeiter würden an die Front zum Kämpfen geschickt.
Ukraine ist weltgrößter Lieferant von Sonnenblumenöl
Ungewiss sei zudem, wie sich die Rapsernte im Herbst entwickle, sollte der Krieg länger andauern. Die Ukraine sei auch für Raps ein wichtiger Markt. „Da stehen viele Fragezeichen für die kommende Zeit“, so Heunsch. Der Verband rechne in den kommenden Wochen und Monaten mit Einschränkungen der Warenströme von Sonnenblumen, Lein und Soja aus der Konfliktregion. Engpässe der einzelnen Rohstoffe seien schwer zu ersetzen.
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Nach Verbandsangaben sind die Ukraine mit 51 Prozent und Russland mit 27 Prozent die weltweit wichtigsten Exportländer für Sonnenblumenöl. Deutschland decke seinen Bedarf zu 94 Prozent über Importe. Nur sechs Prozent komme von eigenen Feldern. Verbraucherinnen und Verbrauchern rät Sprecher Heunsch, in der Küche auf Rapsöl umzuschwenken. Da gebe es derzeit keine Versorgungsengpässe, sondern nur ein paar Nachwirkungen der Corona-Pandemie in Sachen Logistik. Allerdings dürften auch hier die Preise weiter ansteigen.
Handel und Politik erwarten höhere Preise
Dabei kennen die Preise schon jetzt nur eine Richtung und zwar nach oben. Während Speiseöl im vergangenen Jahr zum Teil noch für unter einem Euro zu haben war, liegt der niedrigste Preis inzwischen bei etwa 1,80 Euro, berichtet das Verbrauchermagazin „Chip“. Bei Ebay und anderen Plattformen kursieren bereits irrwitzige Angebote für eine Flasche Sonnenblumenöl, die bis zu 20 Euro kosten soll.
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Der Handelsverband Deutschland warnt indes vor Panik und Angst vor Versorgungsengpässen durch den Ukraine-Krieg. Die Supermarkt-Regale seien voll und würden es auch bleiben, sagte HDE-Geschäftsführer Genth der „Bild am Sonntag“. Es gebe keinen Grund, in Hysterie zu verfallen.
Gleichwohl warnt Genth aber gleichwohl vor einer Verteuerung von Produkten und forderte eine deutliche Absenkung der Stromsteuer und der Abgaben auf Diesel. Helfen könnten seiner Einschätzung nach zudem die Aufhebung des Sonntagsfahrverbots für Lkw und die Möglichkeit für Nachtlieferungen. Auch Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir rechnet mit höheren Lebensmittelpreisen. Die Versorgung sei gesichert, aber Preissteigerungen könnten zur Belastung werden.