Essen. Der Essener Dax-Konzern Brenntag, ein weltweit führender Chemikalienhändler, verlässt wegen des Ukraine-Kriegs Russland und Weißrussland.

Der Essener Dax-Konzern Brenntag zieht sich aus Russland und Weißrussland zurück. Brenntag werde das Geschäft in den beiden Ländern einstellen, kündigte der Vorstandschef des Chemikalienhändlers, Christian Kohlpaintner, in einer Telefonkonferenz zur Jahresbilanz an. Er verurteilte den Angriff Russlands auf die Ukraine und zeigte sich besorgt um die Beschäftigten des Essener Konzerns in der Kriegsregion. „Wir erleben den ersten Krieg in Europa seit Jahrzehnten“, sagte Kohlpaintner. „Diese Situation ist für uns alle neu.“

Import- und Exportgeschäfte mit Russland und Weißrussland habe Brenntag ausgesetzt, das Geschäft in den Ländern werde heruntergefahren, erklärte Kohlpaintner. Brenntag ist eigenen Angaben zufolge Weltmarktführer in der Distribution von Chemikalien. Das Geschäft mit Russland, Weißrussland und der Ukraine mache weniger als ein Prozent des globalen Umsatzes des Konzerns aus. Kohlpaintner sagte allerdings, er rechne mit spürbaren Auswirkungen des Kriegs auf die Branche. „Versorgungsschocks“ seien zu erwarten.

Brenntag beschäftigt rund 100 Menschen in der Ukraine, Russland und Weißrussland

Brenntag hat unter anderem eine Niederlassung in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Auch in der russischen Hauptstadt Moskau ist das Unternehmen bisher vertreten. In der Ukraine arbeiten Unternehmensangaben zufolge etwa 30 Menschen für den Essener Konzern, etwas mehr als 70 kommen in Russland und Weißrussland hinzu. Es handle sich vielfach um langjährige Mitarbeitende von Brenntag, erzählte Kohlpaintner. So sei Brenntag seit dem Jahr 2005 in Russland aktiv. Das Geschäft in der Ukraine ruhe bereits seit Kriegsbeginn. Zum Teil hätten Beschäftigte das Land verlassen können.

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Weltweit beschäftigt Brenntag nach eigenen Angaben mehr als 17.000 Mitarbeitende und betreibt ein Netzwerk aus rund 700 Standorten in 78 Ländern. Im vergangenen Jahr erzielte der Essener Konzern einen Umsatz von rund 14,4 Milliarden Euro. Die Brenntag-Aktie ist seit 2010 an der Frankfurter Börse notiert und seit September vergangenen Jahres im deutschen Leitindex Dax.

Mit „Project Brenntag“ schon mehr als 900 Arbeitsplätze abgebaut

Im vergangenen Jahr habe Brenntag „unter äußerst herausfordernden Marktbedingungen“ Rekordergebnisse erzielt, sagte Kohlpaintner. Der Rohertrag des Unternehmens sei gegenüber dem Vorjahr von rund 2,87 Milliarden Euro um 19,6 Prozent auf etwa 3,38 Milliarden Euro gestiegen.

Anfang vergangenen Jahres hatte der Konzern mit einem Umbauprogramm namens „Project Brenntag“ das Standortnetzwerk auf den Prüfstand gestellt. Brenntag arbeite weiterhin „an der Optimierung seines weltweiten Standortnetzwerks“, erklärte das Unternehmen bei der Jahresbilanz. Von den bis zum Jahr 2023 geplanten Schließungen von etwa 100 Standorten seien bisher weltweit 72 realisiert worden. Von den annähernd 1300 Stellen, die bis zum Jahr 2023 bei Brenntag wegfallen sollen, seien seit dem Start des Programms 925 Stellen „sozialverträglich abgebaut“ worden.