Essen. Thyssenkrupp ist gut ins neue Geschäftsjahr gestartet. Die Zukunft der Stahlsparte bleibt indes ungewiss: Vorerst kein Beschluss zur Abspaltung.
Das Management von Thyssenkrupp sieht sich bei der Sanierung des jahrelang angeschlagenen Stahl- und Industriegüterkonzerns auf Kurs. „Wir sind gut in das neue Geschäftsjahr gestartet“, sagte Thyssenkrupp-Finanzchef Klaus Keysberg in einer Telefonkonferenz am Donnerstagmorgen. Es gebe in der Geschäftsentwicklung weiterhin einen „positiven Trend“. Auch auf das Gesamtjahr blickt der Vorstand optimistisch. Unter anderem aufgrund von zu erwartenden Verbesserungen in der Stahlsparte werde Thyssenkrupp die Ergebnisse in den nächsten Quartalen weiter steigern, kündigte Keysberg an.
Bei Thyssenkrupp beginnt das Geschäftsjahr traditionell im Oktober. Das erste Quartal, zu dem Keysberg nun berichtete, lief folglich bis Dezember 2021. In diesem Zeitraum habe der Essener Konzern mit seinen weltweit rund 100.000 Beschäftigten die Auftragseingänge, Umsätze und das Ergebnis steigern können.
So verbuchte Thyssenkrupp Unternehmensangaben zufolge Auftragseingänge von insgesamt rund 10,4 Milliarden Euro – ein Zuwachs in Höhe von 33 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Der Umsatz der Unternehmensgruppe sei von Oktober bis Dezember um 23 Prozent auf rund neun Milliarden Euro gestiegen. Das bereinigte Ergebnis (Ebit) betrug den Angaben zufolge 378 Millionen Euro und lag damit ebenfalls klar über dem Vorjahreswert von 78 Millionen Euro.
Das Ziel: ein Jahresüberschuss von einer Milliarde Euro – mindestens
Für das Gesamtjahr 2021/2022 bestätigte der Thyssenkrupp-Vorstand die Gewinnprognose: Für das das bereinigte Ergebnis strebt das Management eine deutliche Verbesserung gegenüber dem Vorjahr auf einen Wert zwischen 1,5 und 1,8 Milliarden Euro an (Vorjahr: 796 Millionen Euro). Für den Jahresüberschuss rechnet der Vorstand um Konzernchefin Martina Merz mit einem Wert von mindestens einer Milliarde Euro – nach einem Verlust in Höhe von 25 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum.
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In der wichtigen Stahlsparte mit großen Standorten in NRW verzeichnete Thyssenkrupp in den vergangenen Monaten Zuwächse. Das Geschäft sei aber von der angespannten Situation in der Automobilindustrie beeinträchtig worden. Die Branche leidet unter Lieferengpässen bei bestimmten Bauteilen. Autobauer hätten Thyssenkrupp daher zum Teil erst verspätet den bestellten Stahl abgenommen. Höhere Stahlpreise wirkten sich indes positiv aus. Mit Blick auf die kommenden Monate zeigte sich Keysberg zuversichtlich: „Wir werden gute Zahlen beim Stahl dieses Jahr sehen.“
Entscheidung zum Stahl „definitiv nicht in diesem Frühjahr“
Offen ist aber, was der Thyssenkrupp-Vorstand insgesamt vorhat mit den traditionsreichen Stahlwerken, zu denen Standorte in Duisburg, Bochum und Dortmund gehören. Vorstandschefin Merz strebt jedenfalls eine Abspaltung der Stahlsparte vom Essener Mutterkonzern an. „Wir sind unverändert überzeugt davon, dass eine eigenständige Aufstellung dem Stahl die bestmöglichen Zukunftsaussichten eröffnet“, betonte sie unlängst. Eine Entscheidung dazu werde es aber „definitiv nicht in diesem Frühjahr“ geben, stellte Finanzchef Keysberg klar. Es sei zuvor noch „eine tiefgreifende Analyse“ notwendig.
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Außerdem benötige Thyssenkrupp noch Klarheit zu etwaigen staatlichen Förderprogrammen zum Aufbau einer klimaneutralen Stahlherstellung, gab Keysberg zu bedenken. Hier sei Thyssenkrupp nicht nur „selbst-, sondern auch fremdbestimmt“. Die Europäische Kommission müsse bestimmten Förderprogrammen noch zustimmen.
Der Chef der NRW-SPD, Thomas Kutschaty, hat eine Landesbeteiligung an der Stahlsparte ins Gespräch gebracht. Er könne sich einen Einstieg bei Thyssenkrupp Steel über eine Landesgesellschaft vorstellen, sagte der Herausforderer von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Thyssenkrupp-Finanzchef Keysberg reagierte darauf zurückhaltend. Das Unternehmen kenne zu dem Vorstoß „keine konkreten Konzepte“, sagte er.
Mittlerweile rund 12.700 Arbeitsplätze auf der Abbauliste
Seit Jahren hat Thyssenkrupp von der Substanz gelebt. Meist floss mehr Geld ab, als in die Kasse kam. Als wichtiges Etappenziel bezeichnet der Thyssenkrupp-Vorstand daher schon seit Monaten, einen ausgeglichenen Cashflow zu erzielen – einen positiven Wert konnte das lange Zeit angeschlagene Unternehmen zuletzt im Geschäftsjahr 2015/16 erreichen. In der Quartalsbilanz präsentierte Keysberg nun erneut negative Werte. Diese seien aber bereits angekündigt gewesen und erwartungsgemäß ausgefallen, betonte er. Es habe sich unter anderem ausgewirkt, dass Kunden aus der Autoindustrie verzögert Stahl abgerufen hätten.
Seit vielen Monaten läuft eine Sanierung bei Thyssenkrupp. Bislang hieß es, mehr als 12.000 Stellen sollen im Konzern bis zum Geschäftsjahr 2023/24 wegfallen. Mittlerweile strebe der Vorstand den Abbau von 12.700 Arbeitsplätzen an, erklärte Keysberg. In verschiedenen Bereichen seien zu streichende Stellen hinzugekommen. 8400 Arbeitsplätze seien im Zuge der Abbauprogramme bereits weggefallen.