Hagen. Die Heizkosten explodieren, doch günstige Tarife gibt es kaum. Neukunden müssen jetzt teilweise sogar richtig draufzahlen.

Der Winter wird teuer. Denn die Kosten für Strom, Gas und Heizöl sind enorm gestiegen: Verbraucher zahlen im Durchschnitt 50 bis teilweise sogar 100 Prozent mehr als im letzten Jahr, so das Ergebnis des Vergleichsportals Verivox.

Und nicht nur das: Zeitgleich wird auch der Markt dünner, erste Anbieter beliefern ihre Kunden nicht mehr mit Strom und Gas. Wer jetzt kurzfristig einen Ersatzversorger braucht, muss dafür oftmals besonders tief in die Tasche greifen. Weil viele Neukundenverträge angepasst wurden. Aber was ist in so einem Fall zu tun? Und lohnt sich ein Anbieter-Wechsel überhaupt noch? Ein Überblick.

Was ist der Grund für die Preissteigerung?

Weltweit ist die Nachfrage etwa nach Öl gestiegen, auch in der Wirtschaft – die Preise steigen schon längerfristig an. Hinzu kommen die Klimapläne des Bundes, die auch für die kommenden Jahre weiter steigende CO2-Preise vorsehen. Das Heizen mit Öl und Gas wird dadurch wohl immer teurer werden und das werde sich wohl auch nicht ändern, sagt Ramona Mittag, Energieexpertin bei der Verbraucherzentrale NRW. „Das Ziel der Klimapolitik ist, sich von fossilen Energien zu entfernen – also werden die auch teuer bleiben“, sagt sie.

Lohnt es sich, jetzt den Tarif zu wechseln?

Wahrscheinlich nicht, sagt Christina Wallraf, Referentin für den Energiemarkt bei der Verbraucherzentrale NRW. Denn anders als in den Vorjahren seien Bestandskunden mit ihren Verträgen derzeit häufig günstiger dabei – sowohl bei Strom als auch bei Gas. Günstigere Tarife könnten andere Anbieter nur selten anbieten.

Wer ist der günstigste Anbieter?

Tatsächlich seien die Grundversorger in den Städten aktuell oft die günstigsten Anbieter, sagt Wallraf. Wer dort bereits einen Vertrag hat, finde nur selten einen günstigeren. Das gelte aber nicht immer für Neukunden: Einige Grundversorger haben ihre Tarife für sie angepasst, sie seien oft deutlich teurer als die der Bestandskunden. Ein Tarifvergleich sei dann auf jeden Fall sinnvoll, das gelte auch für alle Kunden, die eine Preiserhöhung erhalten haben, rät Wallraf.

Warum zahlen Neukunden mehr?

Erst seit Herbst seien der Verbraucherzentrale die ersten Fälle bekannt, sagt Wallraf: Es komme vermehrt vor, dass einige Grundversorger ihren Neukunden andere Tarife geben als ihren Bestandskunden. Das treffe vor allem jene, die in eine Ersatzversorgung müssen, weil ihr Anbieter sie nicht mehr mit Strom oder Gas beliefern kann. Einen Belieferungsstopp gibt es zum Beispiel bei den Anbietern Gas.de, Immergrün und Stromio, letzterer beliefert laut Verbraucherzentrale rund 600.000 Kunden. Die werden dann automatisch von ihren jeweiligen Grundversorgern beliefert.

Haben alle Grundversorger verschiedene Tarife für die Kunden?

Nein, die Grundversorger handhaben das sehr unterschiedlich, sagt Wallraf. Das sei von Stadt zu Stadt anders. „Vielleicht macht das derzeit jeder vierte Grundversorger so, vielleicht werden aber noch mehr hinzukommen. Das können wir noch nicht genau sagen.“

Ist das überhaupt rechtens?

Es handle sich um ein rechtliches Novum, sagt Wallraf von der Verbraucherzentrale NRW. Und sei sehr umstritten. Denn dass Kunden von Grundversorgern unterschiedlich viel für das gleiche Angebot zahlen, habe es zuvor so noch nicht gegeben. Bislang gebe es aber noch keine sicheren Kenntnisse darüber, ob sie das so beibehalten dürfen. Wer davon betroffen ist, sollte auf jeden Fall Widerspruch einlegen, so Wallrafs Rat: „Und verlangen, dass man zu den gleichen Preisen beliefert werden will wie Bestandskunden.“ Ob das klappt, sei nicht sicher. Auf jeden Fall sollte man sich gleichzeitig nach einem anderen Tarif umsehen. Eine Kündigungsfrist gebe es bei einer Ersatzversorgung nicht.

Ist ein Anbieterwechsel schnell möglich?

Ein Anbieterwechsel an sich sei grundsätzlich einfach und je nach Vertragslaufzeit verschieden schnell umsetzbar, sagt Wallraf. Der neue Anbieter kann auch mit der Kündigung des Alttarifs beauftragt werden, bei Preiserhöhungen haben Kunden ein Sonderkündigungsrecht.

Was sollte man bei einem Wechsel beachten?

Nutzen sollte man dafür am besten die Vergleichsportale im Internet, rät die Verbraucherzentrale. Aber Achtung: Viele Anbieter kalkulieren ihre Tarife gerade neu und nehmen keine Neukunden auf, weiß Wallraf. Man sollte unbedingt kontrollieren, ob die Preisangaben in den Portalen auch wirklich aktuell sind und das auf der Internetseite des Anbieters selbst prüfen. Problematisch sei außerdem die Marktsituation: Weil derzeit generell deutlich weniger Tarife angeboten werden als in den vergangenen Jahren. Und diese auch noch sehr viel teurer geworden sind.

Wie können Mieter Heizkosten sparen?

Heizkörper sollten sauber sein und frei stehen, weiß Energieberaterin Ramona Mittag. Täglich mehrere Minuten lang Stoßlüften sei ideal, währenddessen die Thermostate runterdrehen. Die Räume sollte man generell nicht überheizen und lieber einen Pulli anziehen, rät sie. Um Heizkosten zu sparen. Dauerhaft unter 16 Grad sollte die Temperatur aber nicht liegen, sonst drohe Schimmel.

Was können Eigentümer tun?

Langfristig sollten Haus- und Wohnungseigentümer ihre Anlagen überprüfen und nach Möglichkeit investieren, sagt Ramona Mittag. Neue Pumpen seien zum Beispiel deutlich energieeffizienter. Neue Heizsysteme könnten sich auf Dauer ebenfalls lohnen, da Gas und Öl wohl teuer bleiben werden.

Belieferungsstopp: Wer einspringt und was zu tun ist

Warum einige Anbieter von Strom und Gas ihre Belieferung stoppen, haben sie bislang nicht genau begründet, sagt die Verbraucherzentrale NRW, oft handle es sich um Billiganbieter. Kunden bleiben in so einem Fall aber nicht unversorgt: Denn dann springen die jeweiligen Grundversorger ein. Das sind die Unternehmen, die im Netzgebiet die meisten Kunden versorgen. Oft sind das die örtlichen Stadtwerke, aber nicht immer. Im Fall von Gas.de wurden die Kunden erst Tage später über den Belieferungsstopp informiert. Je nach Vertragslage könne Schadenersatz gefordert werden. Handlungsoptionen finden Betroffene auch im Internet unter www.verbraucherzentrale.nrw