Hagen. Strom aus erneuerbaren Energien ist im E-Auto effizienter eingesetzt als zur Produktion von E-Fuels. Dennoch machen synthetische Kraftstoffe Sinn.

Das Ende des Verbrennungsmotors wie man ihn heute kennt, scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Es sei denn, es gelingt, Benzin und Dieseltreibstoffe durch synthetische Kraftstoffe zu ersetzen. Es gibt allerdings Zweifel daran, wie sinnvoll dies ist. Synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, seien aller Voraussicht nach keine Alternative für den Massenmarkt, sagt Maschinenbau-Professor Dr. Andreas Nevoigt von der Fachhochschule Südwestfalen. Wird der gute alte 911er Porsche sich also eines Tages mit trockenem Tank stumm in der Garage die Reifen auf den Fuchsfelgen platt stehen? Nicht unbedingt, auch wenn aktuell die Würfel für batterieelektrisch angetriebene Pkw gefallen zu sein scheinen.

Porsche baut Pilotanlage in Chile

Am Beginn der Produktionskette von synthetischen Kraftstoffen steht die Herstellung von Wasserstoff (H2) mittels Elektrolyse. Dazu wird eine Menge Strom benötigt, der, wenn der Treibstoff am Ende klimaneutral sein soll, aus erneuerbaren Energien stammen muss.

Wenn der Treibstoff klimaneutral sein soll, geht kein Weg an der Herstellung mit Wasserstoff vorbei. Die Strategie der Europäischen Union mit dem „Green Deal“ ist da recht radikal.

Prof. Andreas Nevoigt von der Fachhochschule Südwestfalen beschäftigt sich seit Jahren mit alternativen Antrieben. „Rein von der Logik wird es so bleiben, dass direkt genutzter Strom am Ende des Tages immer der effizientere Weg ist“, sagt der Auto-Professor, der auch Mitglied des wissenschaftlichen Direktoriums im Automotive Center Südwestfalen (acs) in Attendorn ist.
Prof. Andreas Nevoigt von der Fachhochschule Südwestfalen beschäftigt sich seit Jahren mit alternativen Antrieben. „Rein von der Logik wird es so bleiben, dass direkt genutzter Strom am Ende des Tages immer der effizientere Weg ist“, sagt der Auto-Professor, der auch Mitglied des wissenschaftlichen Direktoriums im Automotive Center Südwestfalen (acs) in Attendorn ist. © IKZ | Andreas Drees

Mit H2 allein ist es aber nicht getan. Um E-Benzin oder E-Diesel herzustellen, muss noch Kohlendioxid (CO2) beigemischt werden. Ein komplexer Prozess, bei dem ebenfalls Energie eingesetzt werden muss. Am Ende „steht bei E-Fuels ein Wirkungsgrad von 10 bis 15 Prozent“, sagt Professor Nevoigt.

Zudem kostet ein Liter E-Fuel heute ungefähr 4,50 Euro in der Herstellung. Dennoch haben Autobauer das Thema nicht aufgegeben. Porsche plant gerade eine Pilot-Anlage zur Produktion von E-Fuels in Chile, wo man auf reichlich billigen Sonnenstrom für die Elektrolyse setzt. „Es gibt bei den Kosten natürlich Potenzial, allein durch Skaleneffekte, wenn im industriellen Maßstab E-Fuels hergestellt würden. Der Preis könnte dann zwischen 1 und 1,50 Euro liegen. Rein von der Logik wird es aber so bleiben, dass direkt genutzter Strom am Ende des Tages immer der effizientere Weg ist“, versichert der Auto-Professor, der als Mitglied des wissenschaftlichen Direktoriums im Automotive Center Südwestfalen (acs) in Attendorn nah an der Branche arbeitet.

Dass das Thema E-Fuels trotz der Hürden nicht aufgegeben wird, dürfte damit zu tun haben, dass noch etwa 1,4 Milliarden Autos mit Verbrennungsmotor rund um den Globus unterwegs sind. Selbst wenn ab 2030 bei uns kein einziger Verbrenner mehr neu zugelassen würde, gäbe es also lange darüber hinaus Bedarf an klimaneutralen Treibstoffen für Pkw. „Ich kann mir synthetische Kraftstoffe grundsätzlich auch als Option vorstellen. Es kommt nicht von ungefähr, dass sich Porsche darüber Gedanken macht. Vielleicht muss ein 911er ja auch einen Verbrennungsmotor haben“, so Nevoigt. Allerdings sei dies eben auch ein relativ exklusives Segment auf dem Automarkt.

Ganz konsequent wäre Tempo 100

Für einen Golf mit ganz anderen Stückzahlen sehe es dagegen anders aus. Batterieelektrisch sei hier der richtige, weil effizientere Antrieb. Dies gelte auch im Vergleich zu relativ teueren Brennstoffzellenfahrzeugen. Tatsächlich hätten E-Fuels ihr größtes Potenzial, wo der Einsatz von Batterien aufgrund ihres hohen Gewichts im Vergleich zur Leistung nicht infrage kommt: Lkw, Offroad, vor allem aber Schiffe und Flugzeuge. Technisch ist eine Beimischung von E-Fuels zum Kerosin bereits möglich, um klimafreundlicher zu fliegen.

Beim Pkw dagegen spricht nach Ansicht des Wissenschaftlers fast alles für batterieelektrische Antriebe, weil sie Strom aus Erneuerbaren Energien direkt tanken und „verbrennen“ können. Allerdings: Am effizientesten bei mittelmäßigem Tempo. „Wenn man ganz konsequent wäre, müsste man die Geschwindigkeit auf 100 km/h begrenzen“, sagt Nevoigt. Der Verbrauch eines E-Autos steigt schließlich bei hohen Geschwindigkeiten ungleich schneller als beim Verbrenner und verringert die Reichweite rapide – doch ein Argument für synthetische Kraftstoffe.