Düsseldorf/Gelsenkirchen. Beim Energiekonzern Uniper sprechen Betriebsräte von einem „Kahlschlag“. 1200 Stellen seien bedroht. Hart trifft es den Standort Gelsenkirchen.

Der Düsseldorfer Energiekonzern Uniper steht nach Angaben des Betriebsrats vor drastischen Einschnitten. Der Uniper-Konzernbetriebsrat rechne „mit einem massiven Arbeitsplatzabbau von über 1200 Stellen in den nächsten Jahren“, heißt es in einer am Donnerstag (7. Oktober) verschickten Mitteilung der Arbeitnehmervertreter.

Zur Begründung schrieb der Konzernbetriebsrat, das Management habe den Beschäftigten der Uniper-Einheiten Technologies und Anlagenservice mitgeteilt, die Bereiche sollten „aus strategischen und finanziellen Gründen umorganisieren“ werden. Weitere Arbeitsplätze im Konzern würden durch den Verkauf sowie die Stilllegung von mehreren Kohlekraftwerken in Deutschland verloren gehen. Auch bei ausländischen Firmenbeteiligungen werde es zu Verlusten von Arbeitsplätzen kommen.

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Konzernbetriebsratschef Harald Seegatz forderte die Firmenleitung zu Gesprächen über die geplanten Einschnitte und die künftige Aufstellung des Unternehmens auf. Dabei gehe es auch um einen „sozialen Umgang mit den Kolleginnen und Kollegen“. Seegatz sprach sich für einen Einstellungsstopp aus, um „jetzt interne Lösungen für Besetzungen auf freie Stellen zu suchen“.

Besonders hart trifft es den Uniper-Standort Gelsenkirchen

Besonders hart trifft es nach Angaben der Betriebsräte den Standort Gelsenkirchen. Nach Angaben der Gewerkschaften IGBCE und Verdi beschäftigt Uniper am Standort Gelsenkirchen in der Anlagenservice GmbH rund 420 Beschäftigte und weitere 336 bei der Technologies GmbH. „Von dem Arbeitsplatzabbau sind allein in Gelsenkirchen weit mehr als 600 Arbeitsplätze direkt betroffen“, erklärten die Gewerkschaften. Darüber hinaus seien weitere „zahlreiche Jobs“ in den Auslandsgesellschaften und in den Zulieferbereichen betroffen.

„Die Nachricht, dass die Uniper SE als Arbeitgeber einen Kahlschlag vorbereitet, ohne mit den Betriebsräten und den Gewerkschaften vorher mögliche Zukunftsaufstellungen durchzuspielen, ist nicht nur für die Mitbestimmung, sondern auch für die betroffenen Beschäftigten ein Schlag ins Gesicht. Von einem sozialpartnerschaftlichen Miteinander sind wir derzeit weit entfernt“, kritisierte Nadine Bloemers von der IGBCE. In ihrer gemeinsamen Mitteilung kündigten die Gewerkschaften IGBCE und Verdi massiven Widerstand gegen die Entscheidung des Managements an. Die Arbeitnehmervertreter sprechen von einem geplanten „Kahlschlag bei Uniper“, ein Standort solle „geopfert werden“.

„Eine Kehrtwende, die fassungslos macht“

Die Uniper Technologies GmbH sei erst im Mai 2020 vom Vorstand als „Technologiestandort des Konzerns definiert“ worden, erklärten die Arbeitnehmervertreter. Die aktuellen Pläne seien „eine Kehrtwende, die fassungslos macht und aus Sicht des Betriebsrates nicht nachvollziehbar ist“, kritisierte der Betriebsratsvorsitzende der Uniper-Tochterfirma, Martin Krimphove.

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André Dyba, der Betriebsratsvorsitzende der Uniper-Tochterfirma Anlagenservice, sagte, er rechne mit einer „vollständigen Abwicklung“ seines Bereiches. „Als Betriebsräte dieser Gesellschaft sind wir zutiefst enttäuscht und sprachlos über die Entscheidung, die unser Vertrauen in das derzeit handelnde Management schwer erschüttert“, so Dyba. Mehr als 450 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ihre Familien seien „völlig unvorbereitet“ auf den Einschnitt und es gebe viele unbeantwortete Fragen. „Wir als Betriebsräte der Anlagenservice werden alles dafür tun, möglichst viele Jobs und die damit verbundenen Existenzen zu sichern.“

Konzern Uniper in Händen des finnischen Staatskonzerns Fortum

Als der technische Systemdienstleister im Uniper-Konzern sei der Anlagenservice seit mehr als 20 Jahren „der Garant für den sicheren Betrieb und die schnelle Entstörung der verschiedensten Produktionsanlagen im gesamten Konzern“. Als Dienstleister für Unternehmen aus der Energie-, Chemie-, Papier-, Nuklearindustrie habe das Unternehmen „eine ausgezeichnete Reputation“. Auch mit der Zukunftstechnologie Wasserstoff habe sich die Uniper-Tochterfirma schon frühzeitig befasst.

Der Düsseldorfer Versorger Uniper befindet sich in den Händen des Energiekonzerns Fortum, der wiederum mehrheitlich dem finnischen Staat gehört. Der ehemalige Eon-Manager Klaus-Dieter Maubach ist Ende März überraschend von der Aufsichtsratsspitze in den Uniper-Vorstand gewechselt. In diesem Zusammenhang haben die Konzerne Fortum und Uniper eine engere Kooperation in Aussicht gestellt.

Im Ruhrgebiet gehört neben dem umstrittenen Steinkohlekraftwerk Datteln auch ein großer Kraftwerkskomplex in Gelsenkirchen-Scholven zum Konzern, der weltweit rund 12.000 Beschäftigte in mehr als 40 Ländern hat. Unabhängig vom Standort Datteln plant das Unternehmen derzeit, in der europäischen Stromerzeugung bis zum Jahr 2035 CO2-neutral zu werden.

Uniper-Vorstand spricht von „weitreichenden organisatorischen Veränderungen“

Das Uniper-Management erklärte, das Ziel sei eine „grundlegende Umstrukturierung des Engineering-Geschäfts“. Derzeit erbringe das eigenständige Engineering-Geschäft von Uniper Dienstleistungen sowohl für eigene Anlagen des Konzerns als auch für Kunden – und das für eine große Bandbreite von Erzeugungstechnologien. Es habe aber „bisher keinen unabhängigen finanziellen Beitrag zum Konzernergebnis“ des Geschäftsbereichs mit etwa 1100 Mitarbeitenden vor allem in Deutschland und Großbritannien gegeben. Künftig sollten sich die Aktivitäten auf den Betrieb der eigenen Anlagen und die Wachstumsschwerpunkte Dekarbonisierung sowie grüne Kundenlösungen konzentrieren. Ein Thema sei dabei Wasserstoff.

„Die Umsetzung dieser Pläne ist mit weitreichenden organisatorischen Veränderungen und einem erheblichen Personalabbau einschließlich der Trennung von einzelnen Geschäftsaktivitäten verbunden“, hieß es in einer Mitteilung des Düsseldorfer Konzerns. Die betroffenen Mitarbeitenden seien über diese „Planungsentscheidungen“ informiert worden. Die nächsten Informationen über die Ergebnisse und die weiteren Schritte würden für das erste Quartal 2022 erwartet.

„Wir treffen diese Entscheidungen mit allem gebotenen Respekt vor der Leistung der betroffenen Mitarbeitenden und in dem Bewusstsein, dass sie mit weitreichenden individuellen Konsequenzen und persönlichen Veränderungen einhergehen“, erklärte Uniper-Vorstandsmitglied David Bryson. Er strebe einen „fairen Prozess“ an, „um diese notwendigen Veränderungen umzusetzen und dabei Härten möglichst zu vermeiden“.